Im ungleichen Duell mit dem kleinen Schweizer "Bankräuber" Simon Ammann hat die große Skispringer-Nation Österreich vor der zweiten Halbzeit der 57. Vierschanzentournee gerade mal 28 Zentimeter Vorsprung.
"Jetzt kommt der Heimvorteil als Trumpf hinzu", meint der aktuelle Spitzenreiter Wolfgang Loitzl vor dem Bergisel-Springen in Innsbruck. "Die haben den Druck, ich profitiere", kontert Ammann, der als erster Schweizer die Tournee gewinnen will.
Loitzl: Erster Weltcup-Erfolg im 13. Karrierejahr
Mit dem ersten Weltcup-Triumph im bereits 13. Winter seiner Karriere und der Gesamt-Führung mit minimalen 0,5 Punkten (umgerechnet 28 Zentimeter) vor Oberstdorf-Sieger Simon Ammann nährte Wolfgang Loitzl am Neujahrstag in Garmisch-Partenkirchen die Hoffnungen der Österreicher auf ein Ende ihres Tournee-Traumas.
Nur zwei Austria-Adler (Andreas Goldberger 1998 und Andreas Widhölzl 2000) gewannen in den letzten 20 Jahren den Prestige-Wettbewerb.
Nun ärgert Ammann das Starensemble um Loitzl, Skiflug-Weltmeister Gregor Schlierenzauer und Doppel-Olympiasieger Thomas Morgenstern.
"Lustig, dass die Leute immer noch vom Duell Ammann gegen Schlierenzauer reden. Dabei hat doch jeder gesehen, dass Loitzl viel stärker als Schlierenzauer ist", erzählt Ammann seelenruhig mit freundlichem Pokerface.
Schlierenzauer: Tränen der Wut und Enttäuschung
Der Weltmeister bedenkt dabei sehr wohl, dass Teenie-Idol "Schlieri" der große Star bei den anstehenden Österreich-Heimspielen ist. Allerdings ein nervlich angeschlagener.
Zweimal nur Vierter und runde 24 Punkte Rückstand zum Führungsduo trieben Schlierenzauer in Garmisch-Partenkirchen Tränen der Wut und Enttäuschung in die Augen.
Coach Alexander Pointner ("Schlieri ist doch jetzt in der perfekten Jäger-Position") fühlte sich als Motivator in der Pflicht und verwies auf das neue Trumpf-As Wolfgang Loitzl, "der es mit seiner Gelassenheit und Routine noch ganz weit bringen wird".
Schuster sieht Ammann weiter in der Favoritenrolle
Loitzl präsentiert sich bei der Tournee bisher als krasser Gegenentwurf zu den schillernden Typen Schlierenzauer und Morgenstern.
Der fast 29 Jahre alte zweifache Familienvater bezeichnet Ammann nicht wie die einheimischen Medien als "Schweizer Bankräuber" (angeblicher Weltcup-Schummelsieg in Pragelato) sondern brav als "absoluten Top-Favoriten".
Und in kluger Zurückhaltung fügt der Steirer an: "Ich bin schon allein davon überwältigt, was ich bisher geleistet habe. Jetzt kann ich doch gar nichts mehr verlieren."
Werner Schuster, der Österreicher im Amt des deutschen Bundestrainers, erwartet für Innsbruck und Bischofshofen (6. Januar) einen Dreikampf: "An Loitzl mag zwar keiner glauben, aber der ist brandgefährlich. Schlierenzauer ist auf den großen Schanzen in Bestform in der Lage, viele Meter gutzumachen. Aber Ammann bleibt der Favorit. Der weiß mit dem Druck umzugehen."