Neuner: "Frauen an die Macht"

Von Interview: Daniel Börlein
Hat eine WM-Goldmedaille im Visier: Biathletin Magdalena Neuner
© Imago

Beim ersten Rennen der Saison in Östersund verpasste Magdalena Neuner einen Platz auf dem Siegertreppchen nur knapp.

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Im SPOX-Interview spricht die Biathletin über ihre Popularität, gefärbte Haare und die Frauen-Fußball-WM 2011.

SPOX: Frau Neuner, Sie betonen gerne wie wichtig Ihnen Familie, Freunde und Ihre bayerische Heimat sind. Gibt es etwas, das Sie an Bayern überhaupt nicht mögen?

Neuner: (überlegt) Gar nicht so einfach. Vielleicht die Wiesn.

SPOX: Wie bitte? Millionen Menschen kommen extra nach München, um einmal dabei zu sein und Sie als quasi Vorzeige-Bayerin mögen das Oktoberfest nicht?

Neuner: Naja, nicht mögen ist vielleicht zu viel gesagt. Aber es hat für mich gar keinen Reiz. Deshalb war ich auch noch nie auf der Wiesn. In den letzten Jahren hatte ich keine Zeit. Hinzu kommt, dass es mitten in die Vorbereitung fällt. Und überhaupt ist es mir da zu stressig. Es ist einfach zu viel los.

SPOX: Viel los ist auch immer, wenn Sie irgendwo auftauchen. Nervt der Rummel bisweilen auch mal?

Neuner: Grundsätzlich habe ich kein Problem damit.

SPOX: Aber?

Neuner: Ich musste leider auch schon zur Genüge erfundene Dinge über mich lesen. Da krieg ich schon einen Hals. Ich habe kein Problem damit, in der Öffentlichkeit zu stehen und auch nicht, dass über mich geschrieben oder berichtet wird. Allerdings soll das, was da dann steht auch wahr und ordentlich recherchiert sein.

SPOX: Falsche Berichterstattung ist also die negative Seite, wenn man eine öffentliche Person ist. Ist die positive Seite, dass Sie viele Menschen kennen lernen und mittlerweile zur Promi-Welt zählen?

Neuner: Ich muss ehrlich sagen: ich sehe mich nicht als Promi, und in dieser Welt fühle ich mich auch nicht wohl. Ich empfinde diese sogenannten Promi-Veranstaltungen häufig als oberflächlich.

SPOX: Sie haben also auch keine Promi-Freunde?

Neuner: Natürlich gibt es sehr viele bekannte Menschen, die ich in den letzten ein, zwei Jahren kennen gelernt habe. Da sind durchaus interessante und nette Leute dabei gewesen, aber eine richtige Freundschaft hat sich daraus nicht entwickelt. Ich habe genügend Freunde, die nicht prominent sind. Und die sind für mich wahre Freunde, die stehen immer hinter mir, weil ich sie auch schon sehr lange kenne.

SPOX: Sie sprechen von wahren Freunden. Wer warnt Sie vor falschen Freunden?

Neuner: Mein Bauch und mein Herz. Bei mir ist das sehr oft reine Gefühlssache. Wenngleich man natürlich nie sicher sein kann, wie ernst es jemand wirklich meint. Aber bisher bin ich immer gut damit gefahren, mich auf Bauch und Herz zu verlassen.

SPOX: Sie haben sich im letzten Jahr ihre blonden Haare gefärbt. Auch eine Bauchentscheidung oder doch eher Marketing-Gag?

Neuner: Das war völlig spontan, einfach zur Gaudi. Ich saß beim Friseur und habe mir überlegt, etwas ganz anderes zu machen und die Haare dunkel zu färben. Der Friseur hat kurz gezögert und nachgefragt, ob ich mir sicher bin. Ich habe gesagt: "Mach einfach! Wenn es blöd ausschaut, dann setze ich mir eben den ganzen Winter eine Mütze auf." Ich wollte einfach mal etwas Neues ausprobieren.

SPOX: Hat es Ihnen denn gefallen?

Neuner: Anfangs schon, nach einer gewissen Zeit allerdings nicht mehr. Da hab ich mir schon meine blonden Haare zurückgewünscht.

SPOX: Wird die blonde Magdalena Neuner denn in diesem Jahr ähnlich erfolgreich sein wie im letzten Jahr, oder muss man befürchten, dass irgendwann ein Loch kommt?

Neuner: Man muss sicherlich darauf gefasst sein und auf jeden Fall im Hinterkopf haben, dass es nicht immer nur bergauf gehen kann. Ich habe auch schwere Zeiten hinter mir, von denen allerdings nur die Wenigsten wissen, weil ich bislang immer zum richtigen Zeitpunkt wieder fit wurde. Ich bin Realist und weiß, dass auch mal ein Jahr dabei sein kann, indem gar nichts geht.

SPOX: Wenn es in der Vergangenheit sportlich nicht geklappt hat, lag es meist am Schießen. Wie sieht es denn aus am Schießstand?

Neuner: Ich hoffe, dass dieses leidige Thema jetzt beendet ist. Ich habe sehr viel mit unserem Schießtrainer gearbeitet, speziell im Stehend-Anschlag, habe an meiner Technik und einigen Kleinigkeiten gefeilt. Ich habe auch an meiner Waffe etwas ändern lassen. Die Ergebnisse im Training haben diese Veränderungen auch bestätigt. Deshalb bin ich sehr optimistisch.

SPOX: Sie haben den Fokus also aufs Schießen gelegt. Besteht die Gefahr, dass darunter Ihr überragendes Laufvermögen leidet?

Neuner: Ich habe keinesfalls weniger im Laufen trainiert, eher im Gegenteil. Alles was ich im Schießen gemacht habe, war zusätzliche Arbeit.

SPOX: Wie lauten die Ziele für die Saison - Gesamtweltcup, WM?

Neuner: Den Gesamtweltcup setze ich mir nicht als Ziel. Der entscheidet sich ohnehin erst in den letzten Wettkämpfen. Wenn ich während der Saison mal ein Wochenende krank bin, dann kann schon alles vorbei sein. Schön wäre es natürlich, die Kugel wieder zu bekommen. Aber darüber denke ich jetzt noch nicht nach. Anders ist es mit der WM. Dort ist sicher eine Goldmedaille ein ernsthaftes Ziel.

SPOX: Zum Schluss noch mal weg von Biathlon und Schnee. Sie haben die Bewerbung für die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen 2011 in Deutschland unterstützt. Was haben Sie denn mit Fußball am Hut?

Neuner: Ich habe die Anfrage bekommen und mich dann genauer erkundigt, was das Ziel ist, worum es geht, was meine Aufgabe ist - und finde, dass das ganz gut passt. Ich denke mir, dass man den Frauen-Fußball sicherlich noch weiter nach vorne bringen kann. Zum anderen erhoffe ich mir, dass man vielleicht wieder eine ähnliche Euphorie wie bei der WM 2006 entfachen kann.

SPOX: Sie sind also ein Fußball-Fan?

Neuner: Ein Fan nicht unbedingt. Aber mit sechs Jahren wollte ich unbedingt Fußball-Star werden (lacht).

SPOX: Das müssen Sie erklären.

Neuner: Naja, ich war vom Fußball damals total begeistert, habe mir sogar die komplette Ausstattung zugelegt, von Schuhen über Schienbeinschoner bis hin zum Trikot.

SPOX: Und warum ist aus der geplanten Karriere nichts geworden?

Neuner: Ich bin in kompletter Montur mit meinem Vater zum Training gefahren, um mich anzumelden. Doch die haben mich gleich wieder heim geschickt und gesagt, dass sie Mädels nicht brauchen können. Sie haben mich nicht mal mitspielen lassen. Damals war ich so enttäuscht, dass das Thema Fußball für mich erledigt war. Bis nun die Anfrage zur Unterstützung der Frauen-WM kam. Da habe ich mir gedacht: das passt, Frauen an die Macht! (lacht)

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