Neuner und Angerer fürchten Generalverdacht

Von Carolin Blüchel / Daniel Börlein
Langläufer Tobias Angerer und Biathletin Magdalena Neuner unterstützen den Anti-Doping-Kampf
© Imago

Die Doping-Skandale im Radsport werfen ihre Schatten auch auf den Wintersport. Biathletin Magdalena Neuner und Langläufer Tobias Angerer unterstützen den verschärften Anti-Doping-Kampf und wehren sich gegen den Generalverdacht. Dennoch bleibt die Angst vor schwarzen Schafen.

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Spätestens nach den jüngsten Dopingskandalen um Stefan Schumacher und Bernhard Kohl behauptet der Radsport den unrühmlichen Titel der dopingverseuchtesten Sportart des Jahres für sich - und zieht andere zwangsläufig mit in den Dunstkreis der Verdächtigungen.

So dürften vor allem die Wintersportler das Doping-Treiben im Radsport mit Grauen registriert haben. Denn mit Biathlon, Langlauf und der Nordischen Kombination sind gleich drei ausdauerlastige Disziplinen prädestiniert für Doping und stehen damit noch vor dem Startschuss für den ersten Wettkampf unter Generalverdacht.

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Generalverdacht ist allgegenwärtig

Die Folge: Für überdurchschnittlich gute Leistungen wird schon fast eine Entschuldigung verlangt. Längst sind nicht mehr persönliche Bestleistungen und Rekorde die größte Herausforderung der Athleten. Mindestens genauso wichtig ist es, sich eben jenem Generalverdacht glaubhaft zu entziehen.

Ein beinahe unmögliches Unterfangen, geben doch immer wieder ein paar schwarze Schafe den Vorurteilen neuen Nährboden. Wie zum Beispiel die beiden Rad-Profis Schumacher und Kohl, die des Dopings mit CERA überführt wurden - einem Mittel, das vor kurzem noch überhaupt nicht nachgewiesen werden konnte.

Neuner hat Angst vor Vorverurteilungen

"Die Geschehnisse im Radsport machen es für uns natürlich schwieriger. Wir werden uns nun wieder vermehrt rechtfertigen müssen. Das Schlimmste ist aber, dass man gegenüber den Spekulationen machtlos ist", sagte die Biathlon-Gesamtweltcupsiegerin Magdalena Neuner gegenüber SPOX und beschreibt den nicht zu gewinnenden Kampf gegen haltlose Vorverurteilungen.

"Wir können natürlich ständig betonen, dass wir sauber sind, aber das haben die Radsportler auch immer wieder gesagt. Und dennoch gab es immer wieder einen, der gedopt hat."

Deutsche Biathleten weiter uneins

DSV kreiert gläsernen Athleten

Dabei ist das Kontrollsystem des Deutschen Ski-Verbandes mittlerweile so engmaschig, dass man durchaus von gläsernen Athleten sprechen kann. 250.000 Euro pro Jahr investiert der DSV in den Anti-Doping-Kampf.

"Es ist wichtig, dass genügend kontrolliert wird. Im letzten Jahr gab es noch nicht so viele Kontrollen, aber in diesem Jahr gab es schon Zeiten, da bin ich in vier Tagen dreimal kontrolliert worden. Das ist auch gut so", so Neuner.

Die 21-Jährige würde sich am liebsten täglich testen lassen, nur um eine Situation wie im Frühjahr zu vermeiden. Damals brachten Medien die deutschen Biathleten mit einem Wiener Labor, das systematisches Blut-Doping betrieb, in Verbindung. Zu Unrecht, wie sich im Nachhinein herausstellte.

Angerer fordert noch mehr Kontrollen

Aber negative Tests und zurückgenommene Verdächtigungen überzeugen die Öffentlichkeit schon lange nicht mehr von der Ehrlichkeit der Athleten. Zu oft folgte die Enttäuschung auf dem Fuß. Gemäß dem Sprichwort "Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht" wird lieber die Glaubwürdigkeit aller Athleten aufgrund dreister Betrügereien einzelner angezweifelt. Die Sportler selbst sind hilflos.

"Wir können ja nicht mehr machen als für die Kontrollen zur Verfügung zu stehen. Wir melden uns täglich an und ab, und wir fordern sogar noch mehr Tests", beklagt sich der Langlauf-Gesamtweltcupsieger von 2007, Tobias Angerer.

Der 31-Jährige schlägt zudem vor, wie auch im Radsport Proben einzufrieren bis noch bessere Messverfahren entwickelt werden. "Nachdem, was in den vergangenen Jahren passiert ist, sollte doch mal ein Ende der Fahnenstange erreicht sein. Aber scheinbar haben es einige immer noch nicht kapiert. Deshalb ist es einfach wichtig, nicht locker zu lassen, damit man in Zukunft einen sauberen Sport hat."

Angerers Forderung könnte schon in diesem Winter entsprochen werden. Denn der Ski-Weltverband FIS schließt nicht aus, konservierte Proben der Wintersportler im Nachhinein auf das neu entdeckte Epo-Mittel CERA zu testen.

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Neuner fürchtet schwarze Schafe

Die verbesserten Kontrollmethoden könnten auch den Zweifel der Athleten untereinander ausräumen. Denn auch wenn Angerer und Co. betonen, dass man sich ausschließlich auf sich selbst konzentriere und niemandem etwas unterstellen möchte, so wäre ihnen ein leiser Zweifel an der Sauberkeit eines manchen Konkurrenten nicht zu verübeln.

"Natürlich haben wir Angst, dass es schwarze Schafe gibt, und dass wir uns dagegen nicht wehren können. Ich kann versichern, dass das deutsche Team sauber ist. Aber was andere Nationen machen, weiß natürlich keiner. Ich hoffe einfach, dass auch dort nichts ist", gibt Neuner zu.

Wie man auch auf sauberem Weg sportliche Höchstleistungen erzielen kann, weiß Angerer aus eigener Erfahrung. "Wenn man nicht alle Wettkämpfe bestreitet, sondern auch mal das ein oder andere Rennen auslässt, dann ist das möglich. Ich weiß es, ich war zweimal Gesamtweltcupsieger auf absolut sauberem Weg. Das macht mich nach wie vor sehr stolz."

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