Weltmeister-Coup ohne Konsequenz im Trainerstreit

SID

Göteborg - Die große Versöhnung mit Ingo Steuer blieb auch nach dem heiß ersehnten und nur kurz gefeierten Weltmeister-Titel für Aljona Savchenko und Robin Szolkowy aus.

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Zwar gingen die überglücklichen Paarläufer am Tag nach dem Triumph zum Tagesgeschäft über, aber die verbalen Ausfälle ihres exzentrischen Trainers wirkten immer noch nach.

"Es dauert noch ein paar Tage, bis wir wieder entspannt miteinander reden können", gab Steuer zu, der das Duo für die Fehler in der Kurzkür mit Missachtung gestraft hatte.

Die ihm auch privat nahestehende Aljona wich allerdings überhaupt nicht von seiner Seite. "Man kann Menschen nicht ändern. Das ist halt Ingo Steuer - fertig", sagte die 24-Jährige.

"Ich war noch nie der Sanfte", gab der Jung-Coach zu, "mein großes Vorbild ist Jutta Müller, die mit ihrer Körpersprache viel ausgedrückt hat." Alles, was er bisher als Trainer gemacht habe, sei richtig gewesen.

Lösung des Dauerstreits weit entfernt

Eine Annäherung oder gar Lösung im Dauerstreit mit der Deutschen Eislauf-Union (DEU) um die Bezahlung des Stasi-belasteten Chemnitzers ist dagegen ganz und gar nicht in Sicht.

"Ich bin stolz, Trainer von Aljona und Robin zu sein und hoffe, dass sie das zu würdigen wissen und sich die Probleme im Umfeld irgendwann lösen lassen."

Der Titel als Coach elf Jahre nach seinem eigenen mit Mandy Wötzel sei aber keine Genugtuung: "Das ist totaler Quatsch. Daran denke ich gar nicht."

Dass er demnächst auf den Verband zugehen wird, ist nicht angedacht. So erschien zum nächtlichen Sektempfang im Göteborger Hotel Gothia Towers auch seine Anwältin Karla Vogt-Röller, die nicht müde wurde, die Fehler der DEU in der Vergangenheit aufzuzählen.

Verfahren vor Landgericht wahrscheinlich

Ohne Einlenken wird es zu einem Verfahren in den nächsten Wochen vor dem Münchner Landgericht kommen. Dass der Streit die öffentliche Wahrnehmung der Weltmeister überlagert und die Vermarktung lähmt, will Steuers Entourage nicht sehen.

Eine große Chance zum Schulterschluss verpasste aber auch die DEU, die es nicht für wichtig befand, einen Präsidiumsvertreter nach Schweden zu entsenden.

"Der Titel bedeutet viel für uns, für Deutschland und den Eiskunstlauf", sagte der 28 Jahre alte Robin Szolkowy, der als einziger in dem sächsischen Trio kritische Töne anklingen lässt, wenn sich Steuer zu sehr in den Vordergrund drängt.

"Aber wir haben uns einmal entschieden, die Sache durchzuziehen, mit allen Schwächen, die jeder von uns hat", betonte der Sohn eines tansanischen Arztes und einer deutschen Krankenschwester.

Durchziehen bis zum Olympiasieg 2010 in Vancouver, für den die Doppel-Europameister noch viel an ihren Nerven arbeiten müssen.

Es ist nicht davon auszugehen, dass die Chinesen Zhang Dan/Zhang Hao es ihnen noch einmal so leicht wie in Schweden machen werden.

"Freue mich riesig"

"Ich freue mich riesig. Die Kür war unheimlich schwer", zollte Katarina Witts Meistertrainerin Jutta Müller aus Chemnitz Respekt, wo der Erfolg zum Straßenfeger wurde, weil alle vor dem Fernseher oder beim Public Viewing mitfieberten.

Besonders emotional schilderte Aljona Savchenko den Triumph: "Für mich geht ein Traum in Erfüllung, ich wollte nach Deutschland kommen und Weltmeister werden", sagte die gebürtige Ukrainerin, die die deutsche Hymne einfach nur "cool" fand.

"Mit Robin passt es einfach optimal. Er hat so dunkle Haut und ist ein ruhiger Typ, ich bin blond und explosiv", erklärte sie die Beziehung der beiden auf dem Eis.

An ihren Nerven und ihrer äußeren Erscheinung hat auch Annette Dytrt gearbeitet: Die Wahl-Oberstdorferin wirkte erstmals stabil im Wettkampf und sorgte mit Rang zwölf für das beste deutsche Abschneiden seit zehn Jahren.

Trainerwechsel zahlte sich aus

Seit ihrem Wechsel zu Coach Karel Fajfr ist die gebürtige Tschechin athletisch besser geworden und hat ein ideales Läufer-Gewicht von 43 Kilogramm.

"Das ist ein schöner Erfolg, der jetzt stabilisiert werden soll", sagte DEU-Sportdirektor Udo Dönsdorf, der der 24-Jährigen für die nächste Saison eine Psychologin zur Seite stellen will.

Bis zur Weltspitze, die Mao Asada aus Japan vor Carolina Kostner (Italien) und der Südkoreanerin Yu-Na Kim anführt, ist es allerdings ein kaum zu schaffender Weg.