Lanzinger aus künstlichem Koma geholt

Von SPOX
Lanzinger, Matthias
© Imago

München - Für Matthias Lanzinger hat am Dienstagabend ein neues Leben begonnen.

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Nachdem dem Österreicher nach seinem schweren Sturz beim Super-G in Kvitfjell am Sonntag der linke Unterschenkel amputiert werden musste, wurde er in der Ulleval-Universitätsklinik in Oslo aus dem künstlichen Koma geholt.

Nun muss der 27-Jährige sich mit der neuen Situation auseinandersetzen und sein Leben mit der Behinderung in den Griff bekommen.

Dabei erfährt der Salzburger eine breite Unterstützung aus der österreichischen Öffentlichkeit. Auf seiner Homepage gingen rund 3.500 Gästebuch-Einträge mit Genesungswünschen und Aufheiterungen ein. Hannes Ametsreiter, der Marketingvorstand der Telekom Austria, hat ÖSV-Präsident Peter mitgeteilt, dass für Lanzinger "bei der Telekom alle Türen für eine zukünftige berufliche Karriere offen stehen".

Auch zahlreiche ÖSV-Behindertensportler haben sich bereits angeboten, Lanzinger bei seiner Rückkehr ins Alltagsleben zu unterstützen.

Erinnerungen ans Rennen

Nach dem schweren Sturz hatten Lanzingers Freundin Eva und ÖSV-Pressesprecher Robert Brunner abwechselnd Nachtwache am Krankenbett gehalten.

Auch ÖSV-Herrenchef Toni Giger hat seinen Schützling im Krankenhaus besucht und mit ihm über den Unfall gesprochen. Lanzinger konnte sich daran erinnern, frontal ins Tor gefahren zu sein.

Außerdem wollte er wissen, wer beim Rennen hinter seinem Freund und Zimmerkollegen Georg Streitberger auf den Plätzen zwei und drei gelandet sei.

Reha kann in sechs Wochen beginnen

Der ÖSV will sich bezüglich rechtlicher Schritte noch Zeit lassen. Im Vordergrund stehe, dass es Lanzinger besser gehe und er bald in seine Heimat komme. Der Salzburger soll in den kommenden Tagen in seine Heimat überstellt werden.

Laut dem Salzburger Gefäß-Chirurgen Prof. Thomas Hölzenbein, der dem Ärzte-Team bei der einstündigen Not-Operation angehört hatte, wurde das Bein unterhalb des Knies amputiert. Wenn keine Komplikationen aufträten, könne Lanzinger in einem Monat bis sechs Wochen mit der Rehabilitation beginnen.

Mutter schaltet Anwalt ein

Unterdessen soll seine Mutter einen Anwalt eingeschaltet haben. Dieser soll die Hintergründe der Behandlung überprüfen. "Man wird sich anschauen müssen, ob es bei der Organisation des Rennens nicht zu schweren Versäumnissen gekommen ist. Vor allem ist zu klären, ob ausreichende Sicherheitsvorkehrungen gegeben waren", sagte der Wiener Anwalt Manfred Ainedter.

Hölzenbein, der extra von Salzburg nach Oslo geflogen worden war, erklärte am Dienstag jedoch, dass auch bei rascherem Transport eine Amputation im Bereich nicht ausgeschlossen gewesen wäre: "Es haben Teile des Knochens gefehlt, es hätte dennoch das Bein amputiert werden müssen." Man sollte mit Schuldzuweisungen vorsichtig sein. Die Wahrheit liege wie immer in der Mitte.

Wasmeier empört

Kritk wird vor allem an der FIS, den Sicherheitsbedingungen sowie den Umständen beim Abtransport des Verletzten geübt.

"Ich habe das mit eigenen Augen gesehen: Wir sind zum Parkplatz, wo unsere Autos standen - und der Hubschrauber wurde auf dem Parkplatz umgebaut. Ein Skandal. Es gibt so viele Auflagen bei der FIS, aber keinen vernünftigen Bergungshubschrauber. Da wird zu viel geschlampt. Die denken: Das geht schon. Aber es geht eben nicht. Die Versorgung auf dem Hang ist nach wie vor katastrophal", echauffierte sich Markus Wasmeier in der "AZ".

FIS wehrt sich vehement 

Unterdessen hat der Internationale Skiverband FIS im Fall Lanzinger Fehler beim Abtransport des verunglückten österreichischen Skifahrers bestritten und sich gegen Vorwürfe aus Österreich zur Wehr gesetzt.

"Der Einsatzhelikopter - es war entgegen der Kritik kein VIP-Helikopter - stand die ganze Woche zur Verfügung und nach dem Unfall sofort bereit. Ob ein Verletzter per Seilwinde in den Helikopter verladen oder mit dem Schlitten abtransportiert wird, entscheidet der Arzt", sagte FIS-Präsident Gian-Franco Kasper in einem Interview mit der "Berner Zeitung" über die Bergung von Lanzinger.

Polemik hoch zehn 

"Genauso wie die Ärzte anhand der Erstbeurteilung entschieden, dass Matthias Lanzinger nach Lillehammer und nicht direkt nach Oslo geflogen wurde. Der Fall Lanzinger lag außerhalb unseres Einflussbereichs", sagte Kasper. FIS-Renndirektor Günter Hujara sprach im Zusammenhang mit der Kritik aus Lanzingers Heimat in einem Interview mit dem "Münchner Merkur" von "Polemik hoch zehn" und "Hetzkampagnen".

"Ich stelle mir nur eine hypothetische Frage: Wenn der Hubschrauber durchfliegt und der Läufer hätte eine noch schlimmere Bedrohung als das Bein, dann hätte jeder gefragt, warum haben die den nicht erst nach Lillehammer geflogen?", meinte Hujara. "Hier entscheiden nur die Mediziner."