Rohwein rüttelt Team mit Brandrede wach

SID
Peter Rohwein
© Getty

Frankfurt/Main - Mit einer Brandrede hat Bundestrainer Peter Rohwein (im Bild) die im Mittelmaß abgetauchten deutschen Skispringer aufgerüttelt und auf die Skiflug-Weltmeisterschaften in Oberstdorf eingeschworen.

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Nach der völlig verpatzten Generalprobe beim Weltcup in Willingen platzte dem sonst so ruhigen Coach schon an der Schanze der Kragen, anschließend redete er bei einer kurzen Krisen-Sitzung im Team-Hotel Tacheles.

"Generell ist es meine Aufgabe, mich vor die Mannschaft zu stellen. Aber das darf nicht dazu führen, dass die Athleten die Realität aus den Augen verlieren. Ich gestehe ihnen nicht zu, sich hinter Kleinigkeiten zu verstecken", übte Rohwein heftige Kritik.

Im kapitalen Leistungstief

Ausgerechnet vor den am 21. Februar mit der Qualifikation beginnenden Titelkämpfen auf der Heini-Klopfer-Schanze befinden sich die deutschen Springer in einem kapitalen Leistungstief.

"Die Generalprobe ist voll in die Hose gegangen. Sie sind verkrampft geflogen wie ein Stück Holz. Jetzt hilft keine Kleinkrämerei. Es bringt nichts, wenn man nur auf den Wind schimpft, die anderen Nationen kommen damit klar. Wir müssen nach vorne schauen", so Rohwein.

An die angestrebte WM-Medaille glaubt daher niemand. Platz 23 für Michael Uhrmann und Rang fünf im Team-Springen verdeutlichten in Willingen, wie weit Anspruch und Realität derzeit auseinanderliegen.

"Ich habe meiner Enttäuschung Platz gemacht, um die Jungs wach zu rütteln. In dieser Verfassung ist eine Medaille völlig unrealistisch. Das habe ich ihnen klar gemacht. Ich erwarte, dass wir uns in Oberstdorf anders präsentieren", sagte Rohwein.

"Habe sie selten so verkrampft gesehen" 

Er bemängelt bei seinen Schützlingen die fehlende Lockerheit und vermisst zudem die Freude am Springen. "Die Jungs müssen mit Herz und Emotionen dabei sein. Ich habe sie selten so verkrampft springen sehen wie in Willingen. Sie müssen jetzt den Kopf frei bekommen. Ich hoffe, dass sie sich besinnen und locker an die Sache herangehen, damit sie so springen, wie sie es eigentlich können", meinte Rohwein.

Am 20. Februar trifft er sich mit seinem WM-Team in Oberstdorf, dann ist der Coach vor allem als Psychologe gefordert. "Jetzt noch großartig zu trainieren, macht keinen Sinn", erklärte Rohwein.

Die vier Startplätze hat er fest an Michael Uhrmann, Martin Schmitt, Michael Neumayer und Georg Späth vergeben. Der ebenfalls im Aufgebot stehende Stephan Hocke spielt in den Überlegungen des Coaches keine Rolle, stattdessen nominierte er am Montag den Oberhofer Jörg Ritzerfeld als Ersatzmann nach.

"Ich nehme ihn mit, weil er sich im Continentalcup in Einzelsprüngen gut präsentiert und ordentliche Trainingsleistungen gezeigt hat", sagte Rohwein.

Sorgenkind Schmitt 

Größtes Sorgenkind im verunsicherten Team ist derzeit Schmitt, der in Willingen völlig von der Rolle war. Der 30-Jährige wird daher am Dienstag in Hinterzarten noch einige Trainingseinheiten absolvieren.

"Bei mir stimmt gar nichts. Ich muss den Schlüssel zu meinen Sprüngen finden. Das ist mir bisher nicht gelungen. Realistisch betrachtet wird es in der Kürze der Zeit schwer", sagte Schmitt, dessen Leistungskurve seit dem achten Platz bei der Vierschanzentournee steil bergab führt.

Rohwein hofft daher auf ein kleines Wunder: "Mir ist es ganz recht, dass Martin noch einmal auf der kleinen Schanze übt. Vielleicht holt er sich dort das nötige Gefühl."