Fragezeichen um Pechsteins Karriere-Ende

SID
Wintersport, Eisschnelllauf, Pechstein
© DPA

Berlin - Claudia Pechstein leckte noch die Wunden nach der desaströsen Allround-Weltmeisterschaft in Berlin, da platzte ein neuerlicher Schock in den Katzenjammer des deutschen Teams.

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Aus der Technischen Kommission des Weltverbandes ISU kam die Nachricht, dass der deutsche Antrag auf Änderung des Zeitplans für die Einzelstrecken-WM der Eisschnellläufer in Nagano (6. bis 9. März) abgelehnt worden sei.

Damit wird Olympiasiegerin Anni Friesinger nun aller Voraussicht nach nicht im deutschen Team laufen und sich ganz auf die 1000-Meter-Distanz am Schlusstag konzentrieren. Die Hoffnungen auf einen erneuten Triumph der Golden Girls wie bei Olympia 2006 in Turin sind auf ein Minimum gesunken.

"Die Technische Kommission ist befangen in ihrem Glauben an die Obrigkeit. Die Leidtragenden sind die Sportler, deshalb habe ich dafür kein Verständnis", erklärte DESG-Präsident Gerd Heinze. "Das ist bitter, aber ich muss mit der Niederlage leben. Aber ich sehe nun auch keinen Grund, den Krieg gegen die ISU auszurufen", fügte er hinzu.

"Von heute auf morgen ist nichts zu kitten" 

Kritik kam nach dem schlechtesten WM-Abschneiden der Deutschen seit 28 Jahren aus berufenem Munde. "Es kann nicht sein, dass Claudia Pechstein und Daniela Anschütz-Thoms mit ihren fast 36 und 33 Jahren in Deutschland immer noch konkurrenzlos vorneweg laufen", kritisierte die dreimalige Olympiasiegerin Karin Richter-Enke in einer Zeitungs-Kolumne.

"Dass keine Jüngeren nachkommen, muss sich der Verband ankreiden lassen. Von heute auf morgen ist da nichts zu kitten", beschrieb die Dresdnerin ein düsteres Zukunfts-Szenario.

Als sicher gilt, dass Claudia Pechstein die Schlittschuhe vorerst nicht an den Nagel hängt. "Es gibt keinen Grund, den Rücktritt zu erklären. Das halte ich mir zumindest bis Nagano offen", sagte die fast 36 Jahre alte Berlinerin nach den schwärzesten Stunden ihrer Karriere.

Zwar hatte sich Pechstein vor Saisonbeginn selbst unter Druck gesetzt, als sie erklärte, sie werde aufhören, wenn sie in diesem Winter keine Medaille gewinnt. Doch inzwischen schlägt die fünfmalige Olympiasiegerin trotz der unbefriedigenden Saison moderatere Töne an. "Entscheiden werde ich das allein, da lasse ich mich von niemandem unter Druck setzen."

Pechstein macht sich Mut 

Bundestrainer Markus Eicher ist von ihren Stärken weiter überzeugt. "Für das Team ist sie unersetzlich. Wir werden jetzt in den nächsten Wochen alles dafür tun, damit wir in der Mannschaft die angestrebt WM-Medaille holen", sagte er.

Für den Inzeller gehören dazu auch noch Diskussionen mit Friesinger unter vier Augen, doch Eicher bleibt Realist: "Ich gehe davon aus, dass wir in Nagano mit Pechstein, Anschütz-Thoms und Mattscherodt laufen." Im Stillen gibt es nur noch eine Hoffnung auf die Unterstützung der Top-Läuferin aus Inzell. "Wenn Anni zum Auftakt WM-Gold über 1500 Meter holt, dann steigt sie vielleicht noch ins Team ein", hofft Eicher.

Claudia Pechstein denkt noch nicht an das Team-Rennen. "Jetzt will ich erst einmal den zweiten Platz im Weltcup sichern. Vielleicht rutscht es in Heerenveen schon wieder besser und die Welt sieht dann ganz anders aus", macht sie sich selber Mut. "In Berlin war sie nicht in der Lage, ihr wirkliches Können umzusetzen. Sie ist an ihren hohen Erwartungen gescheitert. Beim Weltcup gibt es nun die Chance zur Rehabilitation", meinte ihr langjähriger Erfolgstrainer Joachim Franke. Und auch ihr aktueller US-Coach Peter Mueller macht ihr Mut: "Claudia ist nicht der Typ, der aufgibt".