Wolf entreißt Friesinger WM-Krone

SID

Heerenveen - Erst schlug sie fassungslos die Hände vors Gesicht, dann verdrückte sie unter dem Jubel der Fans ein paar Tränen: Jenny Wolf hat mit ihrem Triumph über Rivalin Anni Friesinger für eine der größten Überraschungen in der Geschichte der Sprint-Weltmeisterschaften gesorgt.

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Im Eisschnelllauf-Mekka Heerenveen blieb der großartig kämpfenden Titelverteidigerin aus Inzell "nur" der zweite Platz, mit dem sie den ersten Doppelerfolg deutscher Sprinterinnen seit 20 Jahren perfekt machte. 1988 hatten die beiden Dresdnerinnen Christa Rothenburger und Karin Kania die Konkurrenz dominiert.

"Das ist ein Traum. Ich kann nicht begreifen, was hier passiert ist. Nie hatte ich an den Titel geglaubt, eine Medaille erschien mir das höchste der Gefühle", jubelte Jenny Wolf nach dem "Eis-Wunder" über ihren von niemand erwarteten Premieren-Titel, für den sie auch noch 12.500 Dollar Preisgeld einstreichen durfte.

Mit zwei fantastischen 500-m-Läufen legte sie die Grundlage für ihre erste Vierkampf-Medaille, nachdem sie zuvor die Titelkämpfe noch als "besseres Training" herabgestuft hatte. "Wenn ich den Mund zu voll genommen hätte, wäre das vielleicht nach hinten losgegangen", versuchte sie ihr Understatement zu begründen.

Starker Beginn der Grundstein zum Erfolg 

Vor 12 000 Fans in der ausverkauften Thialf-Arena hatte sie gleich zum Auftakt mit dem "Flachland-Weltrekord" von 37,64 die Konkurrenz geschockt. Mit ihren 37,60 im zweiten Rennen am Sonntag unterbot sie die inoffizielle Bestzeit für Bahnen außerhalb der schnellen Gebirgs-Ovals von Calgary und Salt Lake City noch einmal und schuf sich ein Polster von 2,96 Sekunden für das große Finale gegen Friesinger. Doch auch über 1000 Meter präsentierte sich die Berlinerin stark verbessert und kam nach Rang sechs am Vortag diesmal in 1:17,09 Minuten auf Platz 7.

Bereits zum neunten Mal war die Weltrekordlerin, die vor einem Jahr in Salt Lake City erstmals auch das Siegertreppchen über 500 Meter bestiegen hatte, bei einer Sprint-WM am Start. Bislang war ein 13. Platz vor zwei Jahren die beste Ausbeute für die 28 Jahre alte "Spätstarterin".

Friesinger trägt's mit Fassung 

Anni Friesinger trug ihre Niederlage mit Fassung und freute sich auch über Silber. "Ich habe alles gegeben. Jenny war einfach nur Wahnsinn", konstatierte sie nach ihrem verpassten 14. WM-Titel. Über die Kurzstrecke verlor die beste 1000-m-Läuferin der Saison zu viel Zeit auf die neue Weltmeisterin. "Ich gebe mir eine schöne B-Note, aber die Explosivität fehlte. Die Vorbereitung war eben nicht ideal", meinte die Inzellerin.

Somit reichten die auch von den Oranje-Fans gefeierten Top-Leistungen auf ihrer Paradestrecke mit den Rängen 1 und 2 (1:15,58 und 1:15,82) nicht, um sich die Krone erneut aufzusetzen. Platz zwei verteidigte sie aber sicher vor der Niederländerin Annette Gerritsen.

Beixing Wang gibt auf

Tragisch endete die WM für die eigentlich härteste Konkurrentin der Deutschen, Beixing Wang. Nachdem sie sieben Tage vergeblich auf ihre beim Flug verloren gegangenen Schlittschuhe warten musste, war die Chinesin gezwungen, mit Ersatzschuhen anzutreten. Damit büßte sie als Zwölfte nach zwei Strecken alle Chancen ein. Kurioserweise kamen die Schuhe im Hotel an, als alles verloren war. Entnervt gab sie auf.

Wotherspoon geschlagen 

In der Herren-Konkurrenz verlor Topfavorit Jeremy Wotherspoon im Schlussrennen seinen schon sicher geglaubten fünften Vierkampf-Titel an Vorjahressieger Lee Kyou-Hyuk aus Südkorea.

Samuel Schwarz (Berlin) erkämpfte mit Platz 14 einen dritten Startplatz für den deutschen Verband im kommenden Jahr.