DSV bei Tournee im Soll

SID
Michael Neumayer
© Getty

Garmisch-Partenkirchen - Bei einer Party im kleinen Kreis feierten Deutschlands Skispringer ausgelassen den Befreiungsschlag durch Michael Neumayers Podestplatz beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen.

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Wie weggeblasen waren der Trübsinn der vergangenen Wochen und die Diskussionen um den Job von Bundestrainer Peter Rohwein. "Jeder hat das Smiley drauf gehabt. Ich habe nur in strahlende Gesichter geschaut. Alle haben mir gratuliert und auf die Schulter geklopft. Ich glaube, ich bin zwei Zentimeter kleiner geworden", berichtete Neumayer am Ruhetag der Vierschanzentournee.

Positiven Zwischenbilanz

Mit dem Erfolg ist der Spaß in das Team zurückgekehrt, das vor Tournee-Beginn noch von Selbstzweifeln geplagt wurde. Entsprechend positiv fiel Rohweins Halbzeit-Bilanz aus.

"Ich bin mit der Situation zufrieden. Vor allem Michael Neumayer hat sein maximales Leistungspotenzial abgerufen", sagte der Bundestrainer. Der zweiten Hälfte mit den Springen in Innsbruck und Bischofshofen kann er nun gelassen entgegen sehen.

"Das Team hat sich bisher gut präsentiert. Mich freut es vor allem für Peter Rohwein. Mit solch einer Leistung im Rücken lassen sich viele Dinge leichter diskutieren", sagte DSV- Sportdirektor Thomas Pfüller.

"Ich ziehe den Hit vor seiner Leistung"

Dass sich ausgerechnet Spätstarter Neumayer zum neuen Hoffnungsträger des deutschen Skisprungs aufgeschwungen hat, kommt für viele überraschend. "Das war nicht zu erwarten. Ich ziehe den Hut vor seiner Leistung", erklärte Pfüller.

Wie wichtig Neumayer für die Mannschaft geworden ist, brachte Routinier Martin Schmitt zum Ausdruck. "Er ist momentan das Schutzschild für das Team, fängt einiges ab", sagte der viermalige Weltmeister von 1999 und 2001.

Schmitt selbst kann diese Rolle nicht übernehmen. "Ich bin noch am arbeiten, es läuft nicht von selbst", resümierte er die ersten zwei Wettbewerbe mit den Plätzen 11 und 19.

In der Form seines Lebens  

Neumayer schwebt dagegen auf Wolke sieben und nimmt seine Führungsrolle an. "Es hat sich schon im Herbst abgezeichnet, dass ich der Frontmann im Team bin", sagte der Berchtesgadener.

Dabei hatte der 28-Jährige nach seinem vor 13 Monaten erlittenen Kreuzbandriss kurzzeitig sogar ans Aufhören gedacht. "Die Trainer und Kollegen haben mich aber gleich angerufen und gesagt, ich soll weitermachen", erzählte der BWL-Student.

Nun befindet er sich trotz Schmerzen im Knie in der Form seines Lebens. Der fünfte Rang zur Halbzeit der Tournee-Gesamtwertung bedeutet die beste deutsche Platzierung seit den Glanzzeiten von Sven Hannawald.

"Das ist sensationell gut. Ich mache mir aber keinen Druck, das Ergebnis halten zu müssen. Von verbessern kann ohnehin keine Rede sein. Ich will einfach weiter Spaß haben", erklärte Neumayer.

Spätstarter Neumayer 

Erst mit 13 Jahren kam er zum Skispringen, Leistungssport betreibt der Bayer sogar erst seit seinem 19. Lebensjahr. "Solch einen Weg ist keiner in Deutschland gegangen", stellte er stolz fest.

Mit 21 Jahren wurde Neumayer erstmals in einen DSV-Kader aufgenommen, aus dem er zwischenzeitlich wieder rausflog. Bei den Olympischen Winterspielen 2006 sprang er zum ersten Mal ins Rampenlicht, als er auf der Normalschanze mit den weitesten Sprüngen Achter wurde. Nur die schlechten Haltungsnoten verhinderten eine Medaille.

Weil die sportliche Karriere nicht so geradlinig verlief, hat Neumayer großen Wert auf die berufliche Ausbildung gelegt. Im Steuerbüro seines Vaters machte er eine Lehre, danach nahm er an der Fachhochschule Kempten ein Fernstudium auf.

"Der Plan ist, dass ich Steuerberater werde. Meine Steuererklärungen mache ich selbst, sie sind auch noch nie vom Finanzamt beanstandet worden", berichtete Neumayer. Nur die Teamkollegen seien noch nicht auf ihn zugekommen. "Die haben, glaube ich, noch nicht das Vertrauen", sagte Neumayer lachend.