"Ich würde mir noch etwas zutrauen"

Von Interview: Christian Bernhard
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© Getty

München - Ruhig und zurückhaltend gab es bei Alberto Tomba nicht. Vollgas war angesagt, sobald der Italiener das Starthäuschen verließ, egal ob es galt, einen Rückstand aufzuholen oder eine Führung zu verteidigen.

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Auch abseits der Piste elektrisierte Tomba la Bomba die Massen und machte aus normalen Skirennen Mega-Events. (Die aktuellen Top-Events im Wintersport im SPOX-LIVE-TICKER)

Neun Jahre nach seinem Rücktritt vom alpinen Skisport steht der 41-Jährige längst nicht mehr im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Es ist ruhig geworden um den Sonnyboy.
Grund genug für SPOX.com, sich mit dem dreifachen Olympiasieger über seine aktive Zeit, sein heutiges Leben, Felix Neureuther und Heidi Klum zu unterhalten.

SPOX: In letzter Zeit sind einige Sportlegenden wie Michael Schumacher oder Pete Sampras wieder zurückgekehrt. Wie wäre es mit einem Comeback von Alberto Tomba?

Alberto Tomba: Ich habe meinen Rücktritt nach langen Überlegungen beschlossen. Die Entscheidung fiel mir damals sehr schwer, doch seither hatte ich nie das Bedürfnis zurückzukommen.

SPOX: Könnten Sie trotzdem noch mithalten?

Tomba: Im Slalom würde ich mir in der Tat trotz meiner 41 Jahre auch heute noch etwas zutrauen.

SPOX: Nach Ihrer aktiven Karriere haben Sie sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Was machen Sie heute?

Tomba: Seit meinem Rücktritt 1998 bin ich der Ski-Welt erhalten geblieben. Ich arbeite immer noch mit meinem langjährigen Sponsor Fila zusammen und über die Jahre habe ich mit anderen großen Unternehmen Projekte gemacht, um dem großen Publikum den Skisport näherzubringen.

SPOX: Mit dem Höhepunkt Olympia 2006 in Turin?

Tomba: Ja. Mein Mitwirken im Organisationskomitee für die Olympischen Winterspiele 2006 in Turin war sicherlich ein Highlight. Seit dieser tollen Erfahrung arbeite ich auch mit dem koreanischen Sportministerium zusammen, um dort die Sportbegeisterung und die olympischen Werte zu verbreiten. Neben all diesen Tätigkeiten habe ich nach meiner aktiven Karriere auch endlich Zeit gefunden, um mich um meine Benefizorganisation "Laureus Sport for good Foundation" zu kümmern. Mit dieser Organisation bringe ich jungen Menschen in den ärmsten Regionen der Welt mit Hilfe des Sports ein Lächeln. Außerdem greife ich auch einigen kleinen Unternehmen unter die Arme, die Unterstützung notwendig haben.

SPOX: Zurück zu Ihrer aktiven Zeit: Welchen Gegner haben Sie am liebsten geschlagen?

Tomba: Bei den Rennen habe ich nie an die Gegner gedacht, meine Gedanken galten einzig dem Sieg. Mit Pirmin Zurbriggen, Marc Girardelli, Hermann Maier oder dem Überraschungsmann Paul Accola habe ich große Duelle bestritten. Aber es war nie ein Rennen zwischen mir und ihnen, sondern zwischen mir, der Piste und der Uhr.

SPOX: Zu Ihrer Zeit gab es noch echte Kerle wie Markus Wasmeier, Much Maier oder Daniel Mahrer. Was fehlt dem Skisport heute?

Tomba: Sicherlich ein paar Zentimeter an Skilänge...Nein, Scherz beiseite. Es fehlt dem ganzen Umfeld ein wenig an Spontaneität und Freude. Der Sport ist in erster Linie Spiel und Spaß, das sollte man nie vergessen.

SPOX: In den 80er und 90er Jahren wimmelte es im Skisport neben Ihnen mit Pirmin Zurbriggen, Marc Girardelli, Lasse Kjus, Hermann Meier, Kjetil-Andre Aamodt und Bode Miller nur so von Superstars. Wer wird der nächste sein?

Tomba: Das ist sehr schwer zu sagen, im Skisport gibt es immer wieder Überraschungen. Es gibt einige, die von einem Moment auf den anderen explodieren können. Ich bin selbst sehr gespannt, besonders darauf, ob es ein Allrounder wird oder ein Spezialist.

SPOX: Was halten Sie von Felix Neureuther?

Tomba: Felix hat sicherlich die Möglichkeit, ganz nach oben zu kommen. Ich sehe ihn besonders in Hinblick auf die WM 2009 in Val d'Isere und die Winterspiele 2010 in Vancouver stark. Er muss allerdings noch konstanter werden, dann wird er auch den Druck bei den Rennen besser in den Griff bekommen.

SPOX: Bis auf Felix Neureuther gibt es in Deutschland keine männlichen Spitzenfahrer. Woran liegt das?

Tomba: Deutschland steht mit diesem Problem nicht alleine da. Nur Österreich und Norwegen produzieren Topleute wie am Fließband. In diesen Ländern ist der Skisport Nationalsport und dementsprechend wird viel Geld investiert. Deutschland sollte viel mehr in die Jugendarbeit stecken, um den Talenten eine gute Ausbildung auf und abseits der Piste zu ermöglichen. Dasselbe gilt auch für Länder wie Italien, Frankreich und die USA.

SPOX: Wie oft stehen Sie selbst noch auf der Piste?

Tomba: Im Winter bin ich sehr viel auf den Skiern. Ich verfolge die italienischen Weltcuprennen vor Ort und bin bei vielen Skiveranstaltungen für Kinder am Start. Manchmal hänge ich dann ein paar Tage Urlaub dran und hau mich auf die Piste. In der vergangenen Saison habe ich so zufällig Franz Klammer in den Schweizer Bergen getroffen und mit ihm die Pisten unsicher gemacht.

SPOX: Das sind die schönen Seiten des Sports, zuletzt gab es allerdings auch negative Schlagzeilen: Der italienische Fußball hat mit den Ausschreitungen im November erneut ein schwarzes Kapitel geschrieben. Was sagen Sie als Italiener und ehemaliger Profisportler dazu?

Tomba: Diese Vorfälle haben nichts mit Sport zu tun. Zwischen sportbegeisterten Menschen und diesen Krawallmachern liegen Welten. Ich kann es nicht mehr hören, dass diese Personen Sportfans genannt werden. Die wahren Fans sind jene, die zu meinen Rennen gekommen sind und dort ohne großes Polizeiaufkommen gefeiert haben. In Madonna di Campiglio waren 40.000 von ihnen da und es ist nie etwas passiert. Das ist wahrer Sportsgeist, der Rest ist nur rohe Gewalt.

SPOX: Heidi Klum gilt als schönste Frau Deutschlands. Sie als Frauenkenner: Wer ist die schönste Italienerin?

Tomba: Ich habe Heidi auf einer Benefizveranstaltung kennegelernt und sie ist nicht nur hübsch, sondern auch sehr sympathisch. Mehr kann man ja wohl nicht verlangen. Da ich ein Gentleman bin, werde ich aber nie eine Schönheits-Rangliste aufstellen.