"Es ist eine Medaille des Glaubens"

Vital Heynen (l.) führte das DVV-Team in Polen zu WM-Bronze
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SPOX: Gab es während der WM ein Spiel, das Sie als Knackpunkt bezeichnen würden?

Heynen: Für mich war der Knackpunkt unsere Niederlage im EM-Viertelfinale gegen Bulgarien im vergangenen Jahr. Bei diesem Turnier haben wir zwei Dinge festgestellt. Erstens: Wir können mit den besten Mannschaften der Welt mithalten. Zweitens: In den entscheidenden Momenten sind wir nicht in der Lage, unsere Leistung zu bringen und zu gewinnen. Vielleicht haben wir bei der EM sogar besser gespielt als bei der WM, doch die Überzeugung fehlte.

SPOX: Sie haben vor der WM die Marschroute Medaille ganz klar formuliert. Ist es prinzipiell der richtige Weg, sich ein klares Ziel zu setzen?

Heynen: Das gilt nicht immer, es führen viele Wege zum Ziel. Aber für diese Mannschaft war es der einzig richtige Weg. Wir wussten sehr früh, was wir wollen. Und es ist wichtig, das dann auch öffentlich zu sagen, damit sich die Mannschaft damit auseinandersetzen kann und muss. Es gab übrigens einen weiteren wichtigen Punkt auf unserem Weg.

SPOX: Erzählen Sie.

Heynen: Direkt nach der geschafften WM-Quali am 5. Januar in Ludwigsburg wurde in der Kabine nicht über das eben beendete Spiel gesprochen. Der Blick ging sofort voraus, ich redete nur noch von einer Medaille bei der WM. Ich sagte es so oft wie möglich und versuchte die Spieler zu überzeugen. Klar: So etwas kann auch schief gehen, ging es aber nicht.

SPOX: Das DVV-Team glänzt - und im öffentlichen Fernsehen ist davon nichts zu sehen. Sie sprachen deshalb von einer Schande. Sind Sie immer noch wütend?

Heynen: (lacht) Das war alles ganz anders. Ich gab ein Interview am Telefon und hatte eine schlechte Verbindung. Ich sagte, es ist schade, dass die Spiele nicht gezeigt werden. Später las ich aber von Schande und dachte nur: Wow!

SPOX: Auch wenn es nicht Ihr Plan war, wurde durch dieses Wort "Schande" immerhin darüber diskutiert.

Heynen: Genau so sehe ich es mittlerweile auch. So wird wenigstens darüber gesprochen, was die "ARD" und das "ZDF" zeigen müssten. Ich finde, öffentliche Sender müssen auch für kleinere Sportarten da sein, um sie nach vorne zu bringen. Nehmen Sie mein Heimatland Belgien. Da wurde am Sonntag das Endspiel - obwohl Belgien nicht dabei war - öffentlich übertragen.

SPOX: WM-Bronze könnte dem deutschen Volleyball einen Schub geben, oder?

Heynen: Es wird natürlich nicht alles ändern, aber es hilft. Hier und da wird über unseren Erfolg schließlich gesprochen.

SPOX: Generell wird das Turnier in Polen als die beste WM aller Zeiten gelobt, was die Organisation und die Atmosphäre betrifft. Teilen Sie diese Einschätzung?

Heynen: Es war die erste WM meines Lebens, deshalb tue ich mir mit einer Einschätzung schwer. Sicher ist: Es war super. Die Organisation war top, es waren sehr viele Zuschauer da. Wenn ich nur an unsere Partie gegen Finnland denke. Da waren so ungefähr 4000 Finnen in der Halle.

SPOX: Werfen wir einen Blick voraus. Es wird bereits von einer Medaille bei Olympia 2016 in Rio geträumt. Ein realistisches Ziel?

Heynen: Zwei Jahre - das ist noch zu weit weg. Im kommenden Jahr steht erst einmal die Europameisterschaft in Italien und Bulgarien an, das ist das nächste Ziel.

SPOX: Welche Medaille erwarten Sie?

Heynen: Mein Problem ist: Wenn ich einmal Bronze gewonnen habe, dann darf die nächste Medaille nicht wieder Bronze sein. Das erwarte ich von mir selbst.

SPOX: Also geben Sie das Ziel EM-Silber oder gar Gold aus?

Heynen: Das ist natürlich schwer zu sagen, das müssen wir erst einmal mit den Spielern besprechen. Bei der WM waren wir aber die zweitbeste europäische Mannschaft - nur mal so (lacht). Aber: Es gibt viele Mannschaften, die uns schlagen können. Wissen Sie was? Vergessen wir das! Das ist alles noch zu weit weg. Wir werden unser Ziel für die EM zu einem passenden Zeitpunkt öffentlich machen.

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Seite 2: Heynen über den Knackpunkt und ein Missverständnis

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