UFC

Erster Damenkampf der UFC-Geschichte

Von Oliver Copp
Ronda Rousey (l.) trifft auf Liz Carmouche
© ufc

Am Samstag wird in Anaheim, Kalifornien Geschichte geschrieben, denn die von Strikeforce übernommene UFC-Weltmeisterin im Bantamgewicht, "Rowdy" Ronda Rousey, verteidigt im Hauptkampf von UFC 157 ihren Titel gegen Liz Carmouche.

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In Veranstalterkreisen wirft man gern mit Superlativen um sich, die im Einzelfall auch mal nicht gerechtfertigt sind. "Der wichtigste Kampf aller Zeiten", "Die beiden besten Kämpfer der Welt" usw. - als Fan hat man alles schon gesehen und gehört.

Doch bei UFC 157 erwartet uns tatsächlich eine Premiere. Zum ersten Mal wird es unter dem Banner der UFC zu einem Kampf zwischen zwei Damen kommen. Die eine, Ronda Rousey, ist eine ehemalige Olympionikin. Im zarten Alter von 17 Jahren qualifizierte sie sich für die Olympischen Spiele 2004 in Athen und trat dort für die USA im Judo an.

25 Sekunden, 49 Sekunden, 25 Sekunden...

Zwar gelang es ihr erst vier Jahre später in Peking sich als erste Amerikanerin der Geschichte eine Medaille im Judo zu sichern, aber mit ihrem Bronzeerfolg setzte sie ihren Erfolgen der vier Jahre zuvor die Krone auf und trat vom Amateursport zurück.

Zwischen den Olympischen Spielen von Athen und Peking gewann Rousey Gold bei den Judoweltmeisterschaften der Juniorinnen 2004, Gold beim Birmingham World Cup 2006 und ein Jahr später die Silbermedaille bei den Judoweltmeisterschaften, sowie Bronze bei den Pan-American Games.

Drei Jahre nach dem Olympiaerfolg bestritt sie ihren ersten MMA-Profikampf und zwang ihre Gegnerin, Ediane Gomes, nach nur 25 Sekunden mit einer Armbar zur Aufgabe. Drei Monate später musste sich Charmaine Tweet ihr nach 49 Sekunden geschlagen geben - mit einer Armbar. Sarah D'Alielo... 25 Sekunden... Armbar, Julia Budd... 39 Sekunden... Armbar.

Rousey stellte alles auf den Kopf

Wenig überraschend bekam sie nach dieser Serie einen Weltmeisterschaftskampf bei Strikeforce gegen Miesha Tate, die der jungen Aufsteigerin eine Lektion verpassen wollte. Aus der ersten Armbar kam Tate noch heraus, doch nach 4:27 Minuten hieß es auch für sie: Tapout durch Armbar. Sarah Kaufman konnte noch weniger gegen Rousey ausrichten. 54 Sekunden. Armbar.

UFC-Präsident Dana White hatte sich jahrelang gegen eine Damendivision in der UFC ausgesprochen - aus gutem Grund. Es war keine Frage von Sexismus oder Benachteiligung von Frauen, sondern davon, dass es zu wenige Sportlerinnen auf Weltklasseniveau in den Mixed Martial Arts gab, um eine eigene Division zu rechtfertigen.

Ronda Rousey stellte alles auf den Kopf. Sie ist nicht nur sportlich ein Ausnahmetalent, sondern auch talentiert am Mikrofon und wird als sehr attraktiv wahrgenommen. Whites Sinneswandel war zwar überraschend, aber einer Sportlerin wie Rousey muss man eine entsprechende Plattform bieten. Sie ist einfach zu gut.

So überrascht es auch wenig, dass die UFC ernsthafte Schwierigkeiten hatte, eine Gegnerin für ihren Debütkampf in der Liga zu finden. Miesha Tate wollte sich noch länger auf einen Rückkampf vorbereiten.

Frühere Marinesoldatin und bekennende Homosexuelle

Cyborg Santos gab während ihrer Steroidsperre vor, unmöglich das geforderte Gewicht von 61kg erreichen zu können, obgleich sie wenige Jahre zuvor als Handballerin auf Weltniveau aktiv war und 59kg auf die Waage brachte.

Sarah Kaufman hatte gerade erst in weniger als einer Minute gegen Rousey verloren. Gina Carano, das frühere Aushängeschild der Damendivision, drehte lieber für viel Geld Filme, als sich wieder der Trainingstortur zu unterwerfen.

Am Ende blieb fast nur Liz Carmouche übrig, die frühere Marinesoldatin und bekennende Homosexuelle. Sieben Jahre bei der Marine, drei Touren im Irak und ein Leben, das seit ihrer Kindheit nur aus Arbeit, Arbeit, Arbeit bestand, zeichnen das Bild eines Menschen, der niemals seine Ziele aus den Augen verliert und hart daran arbeitet, jeden Tag besser zu sein als den Tag zuvor.

Carmouche geht als krasse Außenseiterin ins Rennen, und kaum jemand rechnet ihr nur den Hauch einer Chance aus. Das ist die Realität. Gleichzeitig muss man feststellen, dass sie völlig entspannt aufkämpfen können wird, da aller Druck der Welt auf ihrer Gegnerin lastet.

Carmouche kein Wunderkind wie Rousey

Carmouche Striking ist sehr gut - vermutlich besser als das von Ronda Rousey. Jede Runde startet auf den Beinen, und obwohl niemand denkt, dass die Weltmeisterin große Schwierigkeiten damit haben wird, den Kampf auf den Boden zu verlagern, bevorzugt jeder Rundenbeginn erst einmal den Standkämpfer.

Im Vorfeld des Events verfolgten die Kameras der UFC Rousey und Carmouche drei Wochen lang im Training und fingen viele Bilder und Momentaufnahmen ein, die ein differenzierteres Bild zeichnen, als man es auf dem Papier erwarten würde. Rousey wirkt sehr sympathisch und trainiert offenkundig hart für ihre Gegnerin - sie nimmt sie ernst.

Doch war es Carmouche, die mit ihrem Dauergrinsen viel mehr Eindruck beim Gelegenheitszuschauer hinterließ. Anders als das Wunderkind Ronda Rousey ist sie ein Mensch aus Fleisch und Blut. Sie arbeitet tagsüber in einem Fitnessstudio, um sich abends ihr Training leisten zu können.

Heraus kommen dabei Tage, die zwischen 16 und 18 Stunden haben - doch Carmouche tut es gern und mit einem Lächeln im Gesicht. Sie findet sogar noch Zeit für ihre Freundin, die extrem stolz auf Carmouches Leistungen im MMA-Sport ist.

Rousey die haushohe Favoritin

Der Gewinn der Weltmeisterschaft würde ihr Leben verändern. Sie könnte endlich ihre Mutter aus Mexiko in die USA holen. Sie könnte sich endlich ihre Wohnung einrichten - "spartanische Ausstattung" ist sogar noch untertrieben. Ein Bett, ein Fernseher, eine Glühbirne. Liz Carmouche ist hungrig, und das macht sie gefährlich.

Ronda Rousey hat diese harte Phase bereits hinter sich. Sie muss sich keine Gedanken mehr darüber machen, wie sie ihr Training finanziert. Dafür ist sie bei den Medien eine gefragte Interviewpartnerin. Ihre Tage sind vermutlich ähnlich lang wie die von Carmouche, gleichzeitig aber komplett anders.

Während Carmouche bei der Arbeit Abwechslung genießt und den MMA-Sport auch einmal vergessen kann, gibt es in Ronda Rouseys Leben nur ein Thema: MMA, MMA, MMA. Dieselben Fragen kommen immer wieder, in jedem Interview, Tag für Tag. Sie sagt selbst, dass das extrem anstrengt.

Und täglich grüßt das Murmeltier. Wie weit wird es ihr gelingen, Presse Presse sein zu lassen und sich auf das Training zu konzentrieren? Werden sich die 20 Interviews am Tag negativ auf ihre Psyche auswirken? Diese Fragen wird es am Samstag zu beantworten gelten. Doch eines ist klar: Sie ist verdient haushohe Favoritin - zu Recht.

Außerdem bei UFC 157:

  • Dan Henderson kehrt nach seiner langen Verletzungspause gegen Lyoto Machida zurück. Beide wollen unbedingt einen Sieg, denn nur so winkt ein Titelkampf gegen Weltmeister Jon Jones. Henderson hatte ihn schon sicher, muss ihn aber nun noch einmal aufs Spiel setzen.
  • Der "California Kid" Urijah Faber hat es sich in den Kopf gesetzt, Ivan Menjivar nicht nur zu besiegen, sondern zu zerstören. Nach vier Niederlagen in Folge in Titelkämpfen wird er ein Wunder brauchen, um noch einmal ernsthaft in Betracht gezogen zu werden.
  • Josh Koscheck heißt Robbie Lawler wieder in der UFC willkommen. Lawler ist ein wilder Striker mit Dynamit in den Fäusten, Koscheck bewies aber zuletzt gegen Johny Hendricks, dass er damit durchaus umgehen kann.
  • Anton Kuivanen aus Finnland bekommt es mit dem Ultimate Fighter-Sieger Michael Chiesa zu tun, der sich ebenfalls aus der Verletzungspause zurückmeldet.

UFC 157: Rousey vs. Carmouche wird in der Nacht von Samstag auf Sonntag ab 4 Uhr auf SPOX.com und UFC.tv übertragen. Die Vorkämpfe starten um 1:00 Uhr auf facebook.com/UFC und um 2 Uhr dann parallel auf SPOX.com und UFC.tv.

 

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