UFC

"I'm a legal alien"

Von Pascal Krauss
Pascal Krauss kehrt am 5. Mai ins Octagon zurück
© Getty

Am 5. Mai wird Pascal Krauss nach 18-monatiger Verletzungspause endlich ins Octagon der UFC zurückkehren. Der ungeschlagene Freiburger wird bei UFC on FOX 3 in East Rutherford, New Jersey auf den hochtalentierten Briten John Hathaway treffen. Exklusiv bei SPOX gewährt der "Panzer" einen Einblick in sein Trainingslager, das Leben in Milwaukee und den Balanceakt zwischen dem Dasein als Profikämpfer und Sportstudent.

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Wer mich besser kennt, wird wissen, wie viel mir der Sport bedeutet. Umso schlimmer war es für mich, als ich mich im Dezember 2010, einen Monat nach meinem UFC-Debüt in Oberhausen, schwer an der Schulter verletzt habe (Schultereckgelenksabsprengung, Anm. d. Red.).

Ich bekam eine Titanplatte eingesetzt und habe mich ein halbes Jahr in der Reha gequält. Der Kampf gegen John Hathaway sollte ursprünglich schon im vergangenen November in Birmingham stattfinden.

In einer der ersten Trainingseinheiten in der Vorbereitung auf dem Kampf verletzte ich mich dann an der anderen Schulter - ihr könnt euch nicht vorstellen, wie niedergeschlagen ich war! Gott sei Dank bin ich mittlerweile wieder zu 100% gesund, und nun findet der Kampf endlich statt!

Willkommen im mittleren Westen

Zur Vorbereitung bin ich wieder in die USA gegangen, diesmal zu "Roufusport" nach Milwaukee. Dort trainieren mit Alan Belcher, Anthony Pettis, Erik Koch und Ben Askren eine Vielzahl von Spitzenkämpfern unter der Ägide des ehemaligen Kickbox-Weltmeisters Jeff "Duke" Roufus.

Ich habe mich bewusst für Milwaukee entschieden, weil das Training Weltklasse ist und es - verglichen mit anderen Orten - wenig Ablenkung gibt, so dass ich mich sehr gut auf die Aufgabe, die vor mir liegt, konzentrieren kann.

Die Kämpfer-WG

Ich lebe hier mit ein paar anderen Jungs aus allen Ecken Amerikas im Kämpferhaus zusammen. Mit mir sind wir meist zwischen vier und fünf Leuten. Jetzt, zum Ende des Trainingslagers, bin ich mittlerweile schon der Stubenälteste - ich bin jetzt auch schon acht Wochen hier.

Das Zusammenleben ist lustig, so ein wenig wie im "Ultimate Fighter"-Haus, nur dass wir am Ende nicht gegeneinander anzutreten brauchen. Ab und zu gibt es aber trotzdem kleine Auseinandersetzungen, wenn jemand sein Geschirr nicht abspült oder faul ist und seinen Kram überall rumliegen lässt.

Milwaukee, das Deutsch-Athen

Meine derzeitige Heimat gilt ja als die deutscheste Region der USA, da Mitte des 19. Jahrhunderts viele Deutsche nach Wisconsin geflohen sind. Es gibt sogar ein "Germantown" eine halbe Autostunde vor den Toren Milwaukees.

Ich selbst wohne in West Allis, einer kleinen Vorstadt im Westen der Stadt. Einen anderen Deutschen habe ich hier noch nicht getroffen, dafür aber zum ersten Mal das "typische Amerika" kennengelernt, inklusive übergewichtiger Rednecks!

Milwaukee ist ganz anders als San Diego, wo jeder versucht, möglichst gut auszusehen, oder New York, wo jeder entweder gut im Geschäft ist, oder ums Überleben kämpft.

Essen. Schlafen. Training. Das Ganze nochmal von vorn.

Mein Tagesablauf hier ist eigentlich immer der Gleiche: Morgens um zehn Uhr ist das zweistündige Mannschaftstraining. Jeden zweiten Tag gehe ich davor noch Laufen. Nach der Mittagspause und einem kleinen Mittagsschläfchen ist abends Pratzenarbeit vor dem Teamtraining oder Kettlebell-Workouts angesagt.

Dann folgt das Pendant zum Morgentraining, das heißt wenn morgens gerungen wird, wird abends geboxt oder MMA-Sparring gemacht, wenn morgens Thaiboxen auf dem Programm steht, wird abends Jiu-Jitsu trainiert. Dazu gibt es jeden Tag Trainingskämpfe. In den Sparringseinheiten wird mir richtig der Ringrost abgeschliffen!

Montag bis Donnerstag sind die richtig harten Tage, am Freitag wird die Belastung ein wenig zurückgefahren, und am Wochenende kann jeder individuell entscheiden, ob er trainieren möchte - ich gehe dann meist Laufen oder mache Krafttraining.

Training mit Jiu-Jitsu-Weltmeister

Natürlich gibt es Tage, an denen ich mich besser und andere Tage, an denen ich mich schlechter gefühlt habe. Die Belastung blieb aber die gesamte Zeit über gleich.

Im zweiten Monat des Trainingscamps habe ich in den Sparringskämpfen versucht, noch aktiver zu sein, mehr Druck zu machen und die Kämpfe zu dominieren, um mich genauso auszupowern wie am Anfang, als ich auf Grund der Umgewöhnung noch nicht in Topform war.

Das Beste ist, dass sich die halbe Mannschaft auf Kämpfe vorbereitet hat. Das war wirklich optimal. Die Namhaftesten sind natürlich Ben Askren, der Anfang April seinen Bellator-Titel gegen den Brasilianer Douglas Lima verteidigt hat und Alan Belcher, der wie ich kommenden Samstag bei UFC Live 3 kämpft.

Alan wird gegen den brandgefährlichen Submission-Experten Rousimar Palhares antreten. Deshalb haben wir auch viele Spezialisten wie den fünffachen Weltmeister im brasilianischen Jiu-Jitsu Daniel Moraes hier, die uns gezielt auf die Stärken und Schwächen unserer Gegner vorbereiten.

Kurztrip nach Toronto

Anfang April musste ich mein Trainingslager kurz unterbrechen und für ein paar Tage über die kanadische Grenze nach Toronto reisen, um mein Sportlervisum zu beantragen. Das war ein ziemliches Abenteuer!

Ich wollte meine Wertsachen wie Handy und Laptop nicht im Hostel lassen, deshalb habe ich alles eingepackt und mit zur amerikanischen Botschaft genommen.

Ich stand in der Schlange und wollte gerade durch die Tür gehen, da wurde ich von einer kleinen, dicken, sehr unfreundlichen Botschaftsmitarbeiterin schon vor der Sicherheitskontrolle rausgewunken und mit den Worten "mit dem Zeug kommst du hier nicht rein" weggeschickt.

"Zeig mir dein P17-Formular, nicht das C43-Formular"

Nachdem ich alles zurück ins Hostel gebracht habe und schon eine gute halbe Stunde Verspätung hatte, musste ich noch durch zehn weitere Kontrollen. "Zeig mir dein P17-Formular, nicht das C43-Formular", hieß es.

Am Ende habe ich mich mit einer Sachbearbeiterin fünf Minuten unterhalten, ihr Schwager war ebenfalls MMA-Kämpfer. "Komm' Donnerstag wieder", meinte sie kurz und knapp. Jetzt darf ich anderthalb Jahre in den US of A bleiben!

Die Tage in Toronto habe ich mich bei Revolution MMA fit gehalten, wo sich Cheftrainer Joel Gerson, der ehemalige UFC-Weltmeister im Weltergewicht Carlos Newton und Kanadas erfolgreichster Amateurboxer Everton McEwan super um mich gekümmert haben.

Im Anschluss bin ich nach Windsor zu Ben Askrens Titelverteidigung gefahren und habe ihm bei der Vorbereitung geholfen. Wir haben gegrappelt und gerungen und schließlich war ich auch in seiner Ecke. Er hat seinen Titel nach fünf Runden einstimmig nach Punkten behalten. Bei Roufusport wurde ich toll im Team aufgenommen.

Geburtstag in der Fremde

In der Woche darauf habe ich meinen 25. Geburtstag gefeiert. Eine große Party gab es nicht, denn es war ein Wochentag - also wurde wie üblich trainiert. Am Wochenende gab es dann aber eine Einladung von Trainer Duke Roufus zum UFC-Schauen.

Duke hat ein richtig schönes Barbecue mit gutem Rindfleisch, Lachs, Hühnchen und Gemüse aufgetischt. Das war nicht nur richtig lecker, sondern auch noch richtig gesund. Alan Belcher hatte fünf Tage nach mir Geburtstag, da haben wir einfach meinen Geburtstag nachgefeiert und seinen schon ein wenig vorgefeiert. Duke hatte sogar alkoholfreies deutsches Bier für mich da!

Aus dem Octagon auf die Schulbank

Seit letzter Woche läuft bereits das Sommersemester 2012 an der Universität Freiburg, wo ich Sportwissenschaften studiere. Meine Professoren sind schon verständnisvoller geworden, dadurch, dass ich aber wieder die ersten zwei Wochen verpasse, bekomme ich bei der Themenverteilung immer die Scheißthemen ab.

Mein Studiengang ist nicht so groß, meist sind es 20-25 Leute im Seminar, so dass ich leider niemanden hinschicken kann, der sich als Pascal Krauss ausgibt.

Für mich ist das Studium aber sehr wichtig, damit ich nach meiner aktiven Karriere das nötige Rüstzeug habe, mich z.B. als Personal Trainer selbständig zu machen.

Wer sich für ein Trainingsprogramm interessiert, wie es die Profisportler und UFC-Stars in den USA durchlaufen, der sollte nach "Panzer-Fitness" Ausschau halten. Das wird ein Fitnessprogramm mit den gleichen Übungen, die ich auch mache, nur für den Ottonormalverbraucher angepasst.

Folgt Pascal auf Twitter oder liked ihn bei Facebook. UFC Live 3: Diaz vs. Miller wird in der Nacht von Samstag auf Sonntag ab 2 Uhr live und kostenlos bei SPOX.com und UFC.tv übertragen. Die Vorkämpfe starten bereits um 22 Uhr auf facebook.com/UFC, ab 23 Uhr geht es dann weiter auf SPOX.com und UFC.tv.

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