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Dos Santos zerstört Carwins Titeltraum

Von Oliver Copp
Junior Dos Santos hat Shane Carwin (l.) beim UFC 131 in Vancouver besiegt
© UFC.com

Am Samstag fand UFC 131: Dos Santos vs Carwin im kanadischen Vancouver statt und bot die volle Bandbreite des MMA-Sports - spektakuläre Knockouts, hochklassiges Grappling und etliche Kämpfe, die so eng waren, dass man eine Münze hätte werfen können

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Bereits nach seinem Sieg gegen Roy Nelson im letzten August war der Brasilianer Junior Dos Santos als Herausforderer Nummer eins für den verletzten UFC Weltmeister im Schwergewicht, Cain Velasquez, gesetzt. Doch statt auf Velasquez' Genesung zu warten, setzte Dos Santos seine Position aufs Spiel.

Er fungierte als Coach bei der UFC Realityshow "The Ultimate Fighter" und traf am Samstag auf das einzige Schwergewicht der Liga, das ähnlich schlagkräftig ist, wie er selbst: Shane Carwin.

Junior Dos Santos ließ bei UFC 131 keinen Zweifel daran, dass er der einzige und wahrhafte Herausforderer ist. Er dominierte Carwin von der ersten Sekunde bis zur letzten.

Fast ein Sieg in der ersten Runde

Dos Santos hätte den Kampf um ein Haar bereits in der ersten Runde beenden können, doch Ringrichter Herb Dean war nach einem Knockdown und gefühlten dreißig Schlägen der Meinung, Carwin verteidige sich noch intelligent. Schon am Ende der Runde hatte der Amerikaner eine gebrochene Nase und zwei Platzwunden im Gesicht, doch er wollte keinesfalls aufgeben.

Auch die zweite Runde dominierte Dos Santos. Carwin war bis auf einen kurzen Spurt zu passiv und ließ seinen Gegner einfach machen. Das Problem an dieser Taktik: Carwin schlägt härter, Dos Santos aber technischer und präziser, was bedeutet, dass die Zeit für den Brasilianer spielte.

Je länger es ihm gelang, Carwin im Rückwärtsgang zu halten, desto besser waren seine Chancen, mit gezielten Treffern Schaden anzurichten.

Viel Kämpferherz bei Carwin

Dos Santos' Karten waren sowieso gut, denn dank der gebrochenen Nase musste Carwin durch den Mund atmen, was aufgrund des Mundschutzes einerseits sehr viel schwieriger ist und andererseits der offene Mund Knockouts begünstigt.

Carwin bewies viel Kämpferherz, doch mit jeder Minute kristallisierte sich mehr und mehr heraus, dass Dos Santos an diesem Abend in einer ganz anderen Liga spielte.

Carwins Cheftrainer, Trevor Wittman, erklärte gegenüber SPOX.com, ihre Strategie sei gewesen, Dos Santos gegen den Käfig zu drücken und dort mit Dirty Boxing zuzusetzen. Man rechnete bei Takedownversuchen mit Gegenwehr von Dos Santos, aber Carwins größere Erfahrung im Ringen würde sich nach ein paar Versuchen auszahlen.

Keine vernünftige Beinarbeit bei Carwin

Als der Brasilianer sich ringerisch als deutlich stärker als erwartet erwies, scheiterte die Taktik bereits im Ansatz. Dos Santos' Jab besorgte nach Wittmans Worten den Rest und hinderte seinen Schützling daran, eine vernünftige Beinarbeit aufzubauen.

Der Sieg von Junior Dos Santos war so beeindruckend, dass er nun für den Kampf gegen Weltmeister Cain Velasquez von den Buchmachern in Las Vegas als Favorit gesetzt wurde.

Es ist zwar damit zu rechnen, dass sich die Wettquoten in den nächsten Wochen erheblich verändern werden, aber dies unterstreicht, dass zumindest einige Experten Zweifel daran haben, ob der Weltmeister nach seiner Schulteroperation und der langen Verletzungspause in Bestform zurückkehren wird.

Florian siegt nach Punkten

Auch über den spannenden Hauptkampf hinaus hatte UFC 131 einiges zu bieten. Der frühere Leichtgewichtsherausforderer Kenny Florian setzte sich in seinem Debüt im Federgewicht nach Punkten gegen Diego Nunes durch.

Die Befürchtungen, dass Florian mit dem Abkochen auf 145 amerikanische Pfund nicht zurechtkommen würde, wurden damit nicht bestätigt. Seine Kondition war ausgezeichnet wie eh und je, sein Striking präzise und seine Beinarbeit gewohnt gut.

Diego Nunes verkaufte sich trotz allem gut und brachte Florian sowohl in der ersten Runde als auch in der dritten mit Knockdowns in Schwierigkeiten, doch es reichte nicht zum Sieg.

Maia die Überraschung des Abends

Würde man eine Auszeichnung für die Überraschung des Abends vergeben, hätte Demian Maia sie für sein stark verbessertes Striking verdient gehabt.

Das Muster für den Kampf gegen Mark Munoz war klar: Maia würde im Stehen den Kürzeren ziehen, Munoz am Boden... doch weit gefehlt! Der frühere Herausforderer um die Weltmeisterschaft jagte Munoz in der ersten Runde durch das Octagon und traf immer wieder mit präzisen Schlag- und Trittkombinationen.

An Munoz' Gesicht konnte man ablesen, wie überrascht er war, und er bekam in der Folge in der ganzen Runde kein Bein auf den Boden.

Erst nach Rücksprache mit seinem Trainerstab zwischen der ersten und zweiten Runde schien Munoz die Überraschung zu verdauen und startete stark in die zweite Runde.

Nachdem der Amerikaner im Striking deutlich aufdrehte und seinerseits mit den Fäusten die Akzente der Runde setzte, verlagerte Demian Maia den Kampf auf den Boden.

Dort versuchte sich Munoz an einem d'Arce Choke gegen den Jiu-Jitsu-Spezialisten, doch war dort eher der Wunsch Vater des Gedanken. Trotzdem gehörte diese Runde Mark Munoz.

Ganz knappe dritte Runde

Die dritte und letzte Runde war so knapp, dass man wirklich die sprichwörtliche Münze hätte werfen können, um den Sieger zu küren. Das Highlight der Runde war ein Aufgabegriff, bei dem Maia mit seinen Beinen den linken Arm von Mark Munoz blockierte und mit den Armen Munoz Kopf in

einem Crossface-Griff hielt - allein diese Szene ist es schon wert, sich den Event noch einmal anzusehen. An diesem Punkt war mit dem Kampfende zu rechnen, doch Munoz gelang es im letzten Moment, sich aus dem Griff zu befreien.

Am Ende gaben alle drei Punktrichter den Kampf an Mark Munoz - 29-28, 29-28 und 30-27. Wie Punktrichter Nelson Hamilton die erste Runde für den Amerikaner werten konnte, wird wohl für immer sein Geheimnis bleiben.

Comeback von Einemo

Den Kampf des Abends lieferten sich John-Olav Einemo aus Norwegen und Dave Herman aus den USA im Schwergewicht.

Einemo hatte die letzten fünf Jahre wegen einer schweren bakteriellen Infektion pausieren müssen, galt davor aber als einer der besten Grappler seiner Gewichtsklasse, während Herman als unterhaltsamer, teils talentarmer Nachwuchs gesehen wird. Schon die erste Szene des Kampfes war sehr unterhaltsam.

Einemo rannte wie ein Stier mit gesenktem Kopf auf Herman zu, um sich einen Takedown zu sichern, kassierte einen offensichtlichen Kniestoß zum Kopf, ging einige Schritte zurück und setze einen Gesichtsausdruck à la "oh... stimmt... das ist ja kein reines Grappling hier" auf - Bildkomik pur.

Herman hielt seinen Gegner zunächst mit Legkicks auf Distanz, doch dann traf Einemo ihn mit einem Haken und brachte ihn mit einem Bodylock zu Boden. Der Weltklassegrappler hatte keine Schwierigkeiten, aus Hermans Guard heraus in die Side Mount zu wechseln, doch völlig überraschend wand sich der Amerikaner ohne Probleme unter Einemo heraus und kam wieder auf die Beine. Im Stand gab es für den Rest der Runde keinen klaren Sieger.

Beide Kämpfer nach einer Runde ausgepowert

Beide Kämpfer waren zu Beginn von Runde zwei ausgepowert und legten ein deutlich langsameres Tempo an den Tag. Einemo erwischte Herman mit einem Knie zum Kopf und klingelte den Amerikaner so an, doch der revanchierte sich bald danach mit ähnlichem Ausgang.

Wenig später bekam Herman den Norweger in einem Muay Thai-Clinch zu fassen, traf mit weiteren Knien zum Kopf und brachte Einemo so zu Boden, wo er wenige Sekunden später den Kampf beendete. Offizielle Kampfzeit: 3:19 Minuten der zweiten Runde.

Donald Cerrone setzte sich nach Punkten gegen einen völlig überforderten Vagner Rocha durch. Sam Stout schlug den Veteranen Yves Edwards nach 3:52 Minuten mit einem Haken k.o. - Edwards sollte sich ernsthaft überlegen, die Handschuhe an den Nagel zu hängen.

Ring zwingt Head zur Aufgabe

Jesse Bongfeldt gelang ein Aufgabesieg per Standing Guillotine Choke nach 4:54 Minuten gegen Chris Weidman. Krzysztof Soszynski gewann nach Punkten gegen Mike Massenzio.

Nick Ring zwang James Head nach 3:33 Minuten der dritten Runde mit einem Rear Naked Choke zur Aufgabe. Dustin Poirier besiegte Newcomer Jason Young überraschend knapp nach Punkten.

Joey Beltran sicherte seinen Verbleib in der UFC durch einen TKO-Sieg gegen Aaron Rosa nach 1:26 Minuten der dritten Runde, und im Eröffnungskampf des Abends gewann Darren Elkins nach Expertenmeinung unverdient nach Punkten gegen Michihiro Omigawa.

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