UFC

Zwei Titelkämpfe und der Abschied einer Legende

Von Oliver Copp
Lokalmatador Georges St. Pierre trifft auf den seit sechs Jahren unbesiegten Jake Shields
© ufc

Am Samstag wird die Ultimate Fighting Championship zum ersten Mal im kanadischen Toronto gastieren. Lokalmatador Georges "Rush" St. Pierre verteidigt seine Weltmeisterschaft im Weltergewicht gegen den seit über sechs Jahren ungeschlagenen Jake Shields. Bantamgewichtsmeister Jose Aldo verteidigt gegen den Kanadier Mark Hominick. Und UFC-Legende und -Rekordmeister Randy "The Natural" Couture wird im Kampf gegen den früheren Halbschwergewichtsmeister Lyoto "The Dragon" Machida seinen Abschiedskampf geben.

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Seit 22 Jahren beherbergt das Roger Centre in Toronto die Größen aus Sport und Showgeschäft. Von der World Series bis U2, vom Grey Cup bis Madonna - sie alle haben bereits in der altehrwürdigen, früher als "SkyDome" bekannten Halle gastiert.

Am Samstag begrüßt das Rogers Centre zum ersten Mal die Ultimate Fighting Championship. Ursprünglich war die Idee der Liga, nur an die 40.000 Karten zu verkaufen, damit die Fans in der Halle eine optimale Sicht bekommen. Doch nachdem das Kartenkontingent noch vor dem offiziellen Vorverkaufsstart innerhalb von 90 Minuten vergriffen war, stand die Liga vor einem Problem.

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Auf der einen Seite wollte UFC-Präsident Dana White keinesfalls riskieren, dass die Fans etwas anderes als eine erstklassige Präsentation zu sehen bekommen. Andererseits wuchs der Unmut der Fans innerhalb weniger Stunden so an, dass die UFC am Tag darauf weitere 15.000 Karten in den Verkauf gab.

Auch dieses Kontingent ging in wenigen Minuten raus, was zu einem inzwischen fast absurden Gebotskampf um Karten am Graumarkt geführt hat. Karten für die ersten Reihen gingen in den letzten Tagen für bis zu 20.000 kanadische Dollar pro Stück über den Tresen, und nachdem weitere geschätzte 25.000 Fans auf gut Glück in die Stadt kommen werden, dürfte sich die Situation bis zum Wochenende noch zuspitzen.

Größte Veranstaltung der UFC-Geschichte

UFC 129 hat sich völlig ungeplant zur größten Veranstaltung der UFC-Geschichte gemausert. Mit 55.000 verkauften Karten mit einem Gesamtwert von 11,4 Millionen kanadischen Dollar wurden neue weltweite Bestmarken für den MMA-Sport gesetzt. Die Ticketeinnahmen haben den bisherigen Hallenrekord mehr als verdoppelt, und selbst die Zahl der Zuschauer ist die dritthöchste in der Geschichte der Halle - nur die beiden WrestleMania-Events von World Wrestling Entertainment zogen mehr Zuschauer.

Zwischenzeitlich wurde sogar darüber nachgedacht, das 20.000 Zuschauer fassende Air Canada Centre gleich mit anzumieten für die Fans, die keine Karten mehr bekommen haben, und dort die UFC 129 auf riesigen Leinwänden zu übertragen. Dies scheiterte am Ende nur daran, dass die Halle bereits für einen anderen Sportevent gebucht war.

Geschichte wird am Samstag aber nicht nur in finanzieller Hinsicht geschrieben, denn in den Hauptkämpfen werden gleich zwei Titel verteidigt, und die vielleicht größte Legende der UFC wird ihren Abschiedskampf feiern.

Herausforderer Shields seit sechs Jahren unbesiegt

Lokalmatador Georges St. Pierre aus St. Isidore in der Nähe von Montreal ist der amtierende Weltmeister im Weltergewicht. Er hat in seiner inzwischen neun Jahre umfassenden Karriere bei 21 Siegen nur zweimal verloren - in seiner ersten Titelchance gegen Weltmeister Matt Hughes und in seiner ersten Titelverteidigung gegen Matt Serra.

St. Pierre hat seit dem Kampf gegen Serra im April 2007 acht Kämpfe in Folge gewonnen. Er hat seit fast vier Jahren nicht einmal eine einzige Runde auf einem einzigen Punktrichterzettel abgegeben. St. Pierre ist der Überflieger des Weltergewichts und außer dem Mittelgewichtsmeister Anderson Silva wird niemandem auch nur der Hauch einer Chance eingeräumt, ihm gefährlich zu werden.

Herausforderer Jake Shields ist seit sechseinhalb Jahren unbesiegt und hat sich in den letzten Jahren gegen Kämpfer wie Carlos Condit, Yushin Okami, Robbie Lawler, Jason "Mayhem" Miller und Dan Henderson durchgesetzt.

Shields ist ein großartiger Bodenkämpfer aus dem Team von Cesar Gracie und hat dort das Zeug dazu, St. Pierre in erhebliche Schwierigkeiten zu bringen. Er ist außerdem der Vier-zu-eins-Außenseiter.

Punktsieg für St. Pierre

Ich erwarte hier eine Wiederholung der Titelverteidigung gegen Josh Koscheck. St. Pierre wird versuchen, seinen Herausforderer mit Jabs und Lowkicks auf Distanz zu halten. Er wird seine ringerischen Fähigkeiten dazu benutzen, auf den Beinen zu bleiben.

Und nach fünf Runden wird St. Pierre das Octagon nach einem Punktsieg als Weltmeister verlassen. Shields ist gut genug, eine vorzeitige Entscheidung zu verhindern. Auf den Beinen spielt St. Pierre in einer völlig anderen Liga, und auf den Boden muss Shields den Weltmeister erst einmal bringen. Ich sehe es nicht.

Im zweiten Titelkampf des Abends verteidigt Jose Aldo seine Weltmeisterschaft im Bantamgewicht gegen Mark Hominick. Aldo kam durch die Verschmelzung mit World Extreme Cagefighting zur UFC und wird am Samstag zum ersten Mal vor so vielen Zuschauern kämpfen.

Aldo: Einer der gefährlichsten Striker

Fünf seiner letzten sechs Kämpfe endeten in der ersten oder zweiten Runde - nur der frühere Federgewichtsmeister Urijah Faber konnte mit Aldo über die volle Distanz gehen. Jose Aldo ist einer der gefährlichsten Striker des MMA-Sports und überrennt seine Gegner für gewöhnlich.

Mark Hominick aus London, Ontario, Kanada ist ein vergleichsweise mittelmäßiger Kämpfer. Mit einem Kampfrekord von 20-8 mag er jetzt kein offensichtlicher Anwärter für einen Titelkampf sein, aber nach fünf Siegen in Folge hatte er die UFC-Offiziellen genug beeindruckt, dass sie ihm eine Chance geben werden.

Dass er ein Lokalmatador ist, hat aber sicher auch nicht geschadet. Hominick wird von den Experten keine Chance eingeräumt. Tatsächlich hält er jedoch eine Trumpfkarte, die er gegen Aldo vielleicht ziehen können wird: Er verfügt über ausgezeichnete Aufgabegriffe. Wenn der Weltmeister überhaupt eine Schwachstelle hat, dann ist es seine Verteidigung gegen Submissions - und selbst diese konnte bislang erst ein Gegner ausnutzen.

Abschiedskampf von Couture

Der dritte Kampf im Bunde ist der Abschiedskampf des fünfmaligen UFC-Weltmeisters Randy "The Natural" Couture gegen den früheren Halbschwergewichtsmeister Lyoto "The Dragon" Machida. Wie so oft in seiner Karriere wird der 47-jährige Ringer als Außenseiter gehandelt. Seine Reflexe sollen nicht mehr schnell genug, sein Kinn nicht mehr stabil genug sein, um gegen den schwer ausrechenbaren Karateka Machida zu bestehen.

Couture kommt mit drei Siegen in Folge in diesen Kampf, darunter zuletzt gegen den Profiboxer James "Lights Out" Toney. Er ist seit vierzehn Jahren in der UFC aktiv und hat einen Kampfrekord von 19-10. Er hält den Rekord für die meisten Titelkämpfe (zehn), die meisten gewonnenen Weltmeisterschaften (fünf) und die meisten nach dem vierzigsten Lebensjahr gewonnen Titel (drei).

Es steht völlig außer Zweifel, dass seine Reflexe in den letzten vier Jahren gelitten haben. Andererseits gilt er als der beste Taktiker des MMA-Sports. Er findet die Schwächen seiner Gegner und nutzt diese eiskalt aus.

Machida mit 15 Siegen in Folge

Im Falle von Lyoto Machida könnte dies die Psyche sein. Machida gewann 15 Mal in Folge und holte sich im letzten dieser Kämpfe die UFC Weltmeisterschaft im Halbschwergewicht von Rashad Evans. Seine erste Titelverteidigung gegen Mauricio "Shogun" Rua gewann Machida auf dem Papier, allerdings sahen die meisten Experten den Herausforderer vorn.

Im Rückkampf kassierte Machida die erste Niederlage seiner Karriere - und dann auch gleich durch Knockout in der ersten Runde. Auch im Comebackkampf gegen Quinton "Rampage" Jackson wusste der japanischstämmige Brasilianer nicht zu überzeugen und verlor knapp nach Punkten.

Sein Vater Yoshizo erzählt ihm nun seit einem Jahr, er solle doch die Handschuhe an den Nagel hängen, weil er bereits alles erreicht habe, was er erreichen könne. Ist Machida sich seiner Sache nicht hundertprozentig sicher, wird Randy Couture ihn vorführen wie einen Schuljungen.

Couture wird den Clinch suchen

Doch kommt Machida in Topform, wird ihm der alternde Star nicht viel entgegen zu setzen haben. Machida ist zu schnell, zu beweglich und schlägt zu hart und zu präzise. Obwohl Randy Coutures Kinn nicht so schlecht ist wie sein Ruf, sind drei Runden eine lange Zeit, um den Dinger auf Distanz zu bringen und ein, zwei gezielte Knockout-Schläge ins Ziel zu bringen.

Couture wird den Clinch suchen und sich dabei in Schlagweite begeben. Er wird versuchen, Machida gegen den Käfig zu pressen und ihn am Käfig mit einem Slam auf die Matte zu befördern. Dort könnte der Altmeister dem Brasilianer sowohl mit Ground and Pound als auch mit einer Arm Triangle gefährlich werden. Doch dieses Szenario ist im Vergleich zu einem Kampf auf den Beinen, bei dem Machida auf Distanz bleibt und Couture mit gezielten Schlägen und Kicks zerpflückt, unwahrscheinlich.

Der Kopf sagt "Lyoto Machida", aber wäre es nicht ein perfekter Abschluss für Coutures Karriere, wenn er in seinem Abschiedskampf ein letztes Mal einen hoch favorisierten Youngster in seine Schranken verweist? Das Leben schreibt bekanntlich die besten Geschichten.

UFC 129: St. Pierre vs. Shields wird in der Nacht von Samstag auf Sonntag live ab 3 Uhr auf SPOX.com und UFC.tv übertragen.

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