UFC

Ein überraschend offener Titelkampf

Von Oliver Copp
Mauricio Rua (l.) und Jon Jones (r.) kämpfen bei UFC 128 um den Halbschwergewichts-Gürtel
© Getty

Für die meisten Experten ist Herausforderer Jon Jones der klare Favorit im Halbschwergewichts-Fight gegen Mauricio Rua. Nicht für Olli Copp. Der SPOX-Redakteur hat den Shogun auf der Rechnung. Ein Fragezeichen gibt es aber. Weniger enge Kämpfe muss man erwarten, wenn Nate Marquardt, Urijah Faber und Jim Miller ins Octagon steigen. Zudem muss man mit dem Untergang einer kroatischen Legende rechnen.

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Jon "Bones" Jones hat die Fans der Ultimate Fighting Championship in den letzten zweieinhalb Jahren verzaubert. Schon in seinem zweiten Kampf im Januar 2009 gegen Stephan Bonnar wurden die Rufe laut, dass der Jungspund eines Tages Weltmeister im Halbschwergewicht werden würde.

Doch niemand hätte mit dem Pfad der Zerstörung gerechnet, den er mit fünf weiteren Siegen auf dem Weg nach Newark, New Jersey, hinterließ.

Jake O'Brien, Matt Hamill, Brandon Vera, Vladimir Matyushenko und zuletzt Ryan Bader - sie alle hatten kein Rezept, um dem aufstrebenden Kämpfer aus der Nähe von Rochester, New York, beizukommen.

Genauer: Sie wurden von der ersten bis zur letzten Sekunde von Jones dominiert, durch das Octagon geworfen und mit spektakulären Aktionen traktiert, die man sonst in einem Videospiel erwarten würde und nicht im realen Kampfsport.

Jones: Bei Fans und Experten klarer Favorit

Am Samstag trifft dieser Jon Jones bei UFC 128 in Newark, vor den Toren von New York City, auf den amtierenden Weltmeister im Halbschwergewicht, Mauricio "Shogun" Rua.

Der Champion, der im Mai 2010 den bis dahin für fast unschlagbar gehaltenen Brasilianer Lyoto "The Dragon" Machida entzauberte und entthronte, wird dabei als Außenseiter ins Rennen gehen.

UFC 128: Die Fightcard-Analyse von mySPOX-User DerDugen

Jeder rechnet damit, dass Jones auch Rua problemlos besiegen wird und vergessen dabei, dass der Herausforderer noch nie gegen einen Kämpfer von Ruas Kaliber antreten musste.

Alle Welt hält Jon Jones für zu schnell, zu explosiv, zu unvorhersehbar für den Weltmeister. Jones ist größer, hat die längste Reichweite seiner Gewichtsklasse und wird den von seiner vierten Knieoperation zurückkehrenden Brasilianer überrennen, so die einhellige Meinung.

Fragezeichen hinter Ruas Fitness

Doch kann man es sich so einfach machen? Ist es legitim, einen Newcomer so über den grünen Klee zu loben, dass er als Favorit gegen jemanden ins Rennen geht, der in neun Jahren und dreiundzwanzig Kämpfen nur viermal verloren hat und rekordverdächtige sechzehn Kämpfe durch vorzeitigen K.o. oder T.k.o. für sich entschieden hat?

Rua kann Siege gegen Machida, Chuck Liddell, Mark Coleman, Alistair Overeem, Antonio Rogerio Nogueira, Quinton "Rampage" Jackson und viele andere vorweisen.

Gleichzeitig hat Rua ein ernstes Problem mit seinen Knien. Wie es scheint, verletzt er sich im Jahrestakt und muss operiert werden.

Hinter seiner Fitness steht ein gewichtiges Fragezeichen, denn gegen Mark Coleman sah Rua - kurz nach seiner letzten Verletzungspause - alles andere als gut aus, während er gegen Machida in beiden Kämpfen eine sehr gute Figur abgab.

Ruas Waffe: One-Punch-Knockout-Power

Ist Rua am Samstag nicht in Bestform, wird Jon Jones ihn überrennen. Doch je länger der Kampf dauert, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass Rua einen Weg findet, Jones auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.

Der Weltmeister verfügt über etwas, mit dem sich Jones noch nie konfrontiert gesehen hat: "One-Punch-Knockout-Power", also die Fähigkeit, einen Gegner jederzeit mit einem Blitz-K.o. auf die Matte zu schicken.

Anders als die meisten Fans und Experten halte ich den Kampf für völlig offen. Ein Shogun Rua in Topform kann jedes Halbschwergewicht schlagen - auch das Wunderkind.

Zweiter Frühling für Faber?

Der frühere WEC-Weltmeister im Federgewicht, Urijah Faber, wird bei UFC 128 zum ersten Mal ins Octagon der Ultimate Fighting Championship steigen.

Er hat keine einfache, aber eine machbare Aufgabe gestellt bekommen: Eddie Wineland, seines Zeichens früherer Weltmeister im Bantamgewicht.

Es ist schade, dass die weltweiten Zuschauer den Publikumsliebling Faber nicht zu seiner sportlich besten Zeit sehen konnten, aber nach dem Wechsel ins Bantamgewicht will er noch einmal zu alten Qualitäten zurückfinden. Wineland ist dafür ein guter Prüfstein, wird dem California Kid aber nicht gefährlich werden können.

Erster Brüderauftritt bei einem UFC-Event

Mit Dan und Jim Miller wird zum ersten Mal in der UFC-Geschichte ein Brüderpaar auf der Hauptkarte einer Veranstaltung stehen. Die Lokalmatadoren bekommen mit Nate Marquardt und Kamal Shalorus zwei Gegner extrem unterschiedlichen Kalibers vorgesetzt.

Nate Marquardt ist der mit Abstand bulligste Kämpfer im Mittelgewicht und als siebenmaliger Weltmeister der japanischen Grappling-Liga Pancrase auf der Matte sehr versiert. Er verfügt über gutes, oft unorthodoxes Striking und einen Kampfstil, der Gegner wie Fans zu gleichen Teilen frustriert.

Dan Miller springt kurzfristig für den in Japan lebenden Südkoreaner Yoshihiro Akiyama ein, der wegen der Naturkatastrophen in Japan und ihren Folgen seine Teilnahme am Event absagen musste.

Dan Miller wohl chancenlos gegen Marquardt

Auf dem Papier würde man erwarten, dass Marquardt keine Schwierigkeiten mit Miller haben wird. Denn dieser Miller verlor bereits nach Punkten gegen Michael Bisping, Demian Maia und Chael Sonnen, konnte auf der anderen Seite bislang dagegen nur gegen zweitklassige Gegner brillieren.

Er ist ein Bodenkampfspezialist und setzt darauf, den Gegner auf der Matte zur Aufgabe zu zwingen - ein Vorhaben, das gegen Marquardt irgendwo zwischen schwierig und unmöglich einzuordnen ist.

Der kurzfristige Gegnerwechsel spielt allerdings Dan Miller in die Karten, denn Marquardt hatte sich wochenlang auf einen Gegner vorbereitet, der seine Kämpfe fast um jeden Preis auf den Beinen halten will und auch mal einen Sieg dem Unterhaltungswert opfert.

Dan Miller ist das komplette Gegenteil davon. Umgekehrt ist Nate Marquardt stilistisch Millers ursprünglichem Gegner, Nick Catone, sehr ähnlich und unterscheidet sich hauptsächlich in der Auslage von ihm. Trotz allem wird Marquardt als hoher Favorit ins Rennen gehen. Der Kampf hat somit das Potential zur Überraschung des Abends.

Jim Miller kurz vor Titelkampf

Jim Miller bekommt mit Shalorus, dem "Prince of Persia", einen Gegner vorgesetzt, der hauptsächlich deswegen schwierig ist, weil er noch nicht lang dabei ist und mangels Niederlage wenig über seine Schwächen bekannt ist.

Der Jüngere der beiden Brüder blickt auf sechs beeindruckende Siege in Folge zurück und ist - ähnlich wie Dennis Siver - nur noch ein, zwei Siege von einem Titelkampf entfernt.

Shalorus hat somit die Chance, über Nacht zu einem ernsthaften Anwärter zu werden, aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist eher gering.

"Cro Cop" Filipovic vor Karriereende

Im Eröffnungskampf der regulären Übertragung wird die kroatische Legende Mirko "Cro Cop" Filipovic auf Brendan Schaub treffen.

Schaub hat versprochen, Filipovic mit einer Niederlage durch Knockout in den Ruhestand zu schicken, der Kroate hält dagegen, dass Schaub nur ein junger, unerfahrener Kämpfer sei und dass er mit dem Amerikaner kurzen Prozess machen wird. Im Jahr 2011 ist leider die Version von Brendan Schaub wahrscheinlicher - ich rechne fest mit einer Niederlage des Kroaten.

UFC 128: Shogun vs Jones wird in der Nacht von Samstag auf Sonntag live ab 3 Uhr auf SPOX.com und UFC.tv übertragen. Die Vorkämpfe beginnen um 2 Uhr auf SPOX.com und UFC.tv, während die Facebook-Vorkämpfe bereits ab 1 Uhr auf facebook.com/UFC ausgestrahlt werden.

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