"Man muss sogar von 20 Slams reden"

Novak Djokovic ist der neue Dominator des Tennis-Sports. Doch was haben Nadal und Federer noch im Tank?
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Die Zeiten der Dominanz von Serena Williams sind vorbei

Stefan Petri: Da bin ich wirklich gespalten. Einerseits waren es fünf Grand Slams in Folge und dann Halbfinale - Finale - Finale. Insofern ist das immer noch überragend. Andererseits wird sie im September 35, und Gevatter Zeit ist bekanntlich unbesiegt. Kerber und Muguruza hätte sie vor zwei Jahren noch locker weggemacht. Das spricht alles gegen sie. Und dann wiederum: Hey, sie ist auch früher öfter mal im Achtel- oder Viertelfinale raus geflogen. Nur um dann noch stärker zurückzukommen. Und die Konkurrenz derzeit haut auch niemanden um. Ich glaube, dass sie die 22 Grand Slams von Steffi Graf noch knackt, es fehlt ja auch nur noch einer. Aber die 24 von Margaret Court? Vor einem halben Jahr hätte ich auf keinen Fall dagegen gewettet. Jetzt würde ich es tun. Es scheint irgendwie immer eine Spielerin zu geben, die gut genug spielt, um sie zu schlagen. Vielleicht ist es eine mentale Angelegenheit. Vielleicht "wirkt" sie einfach nicht mehr unschlagbar.

Jens Huiber: Die Zeiten der Dominanz möglicherweise, aber nicht die Zeit von Serena. Abschreiben würde ich sie nicht, sie wird Graf überholen. Wenn man ihr zusieht, dann kann sie in den entscheidenden Phasen immer noch wahnsinnig druckvoll spielen. Gegen Muguruza hat sie ja auch Matchbälle abgewehrt. Sie war nicht gut drauf in Paris. Irgendetwas hat nicht gestimmt, sie hat auf den Pressekonferenzen einen noch müderen Eindruck gemacht als sonst. Klar, die anderen sind näher heran gekommen. Und da gebe ich dir Recht, Stefan: Manche, wie etwa Muguruza, haben einfach keine Angst mehr vor ihr, oder zumindest nicht so viel Angst wie früher. Aber ich bin mir ganz sicher, dass sie in Wimbledon gewinnt, und dass danach noch etwas kommt. Die Frage ist immer, wie viele Turniere sie noch spielt. Ist sie fit genug? Wenn man die Bilder von ihr sieht, etwa aus dem Jahr 2000: Das ist ein ganz anderer Mensch. Klar, sie ist auch älter geworden. Aber sie schleppt sich mittlerweile leider immer mehr über den Platz. Das ist manchmal nicht schön anzuschauen.

Alex Antonitsch: Vorbei? Das entscheidet nur sie. Es kann sein, dass es ähnlich wie bei Djokovic vor den French Open derzeit ein wenig zu viel Druck ist. Vielleicht war sie nicht fit genug, es waren auch keine optimalen Bedingungen für sie. Aber wenn sie fit und gut drauf ist, ist sie immer noch sehr dominant. Vom Tennis passt alles. Was mich stört ist dieses Drama jedes Mal, das ist schlechtes Schauspiel. Aber um Serena zu schlagen, muss Serena schlecht spielen. Und: Da hat sich auch noch niemand herauskristallisiert. Das Damentennis ist sehr weit offen - was auch eine Riesenchance für Kerber ist. Muguruza hat weniger gut gespielt, ist jetzt wieder gut dabei. Bei Simona Halep dachte man, sie wird sich oben festsetzen, Vika Azarenka ist zurückgekommen und jetzt wieder verletzt, bei Maria Sharapova weiß niemand, ob sie noch einmal zurückkommt. Das Feld ist unheimlich weit offen.

Finale der Damen: Muguruza triumphiert gegen Williams

Florian Regelmann: Auch wenn Serena jetzt zum dritten Mal beim Versuch, Nummer 22 einzutüten, gescheitert ist, sind acht Titel bei den letzten 16 Grand Slams immer noch extrem dominant. Nur zum Vergleich: Vor der Zusammenarbeit mit Patrick Mouratoglou waren es 13 Titel bei 47 Grand Slams. Serenas Zeit ist auf keinen Fall vorbei, sie wird unter Garantie noch mit Graf gleichziehen. Allerdings haben sich die Dinge schon verändert. Vor dem Finale wäre es für mich eine Überraschung gewesen, wenn Serena das Ding gewinnt. Spielt Garbine Muguruza so, wie sie es kann, muss sie es gewinnen. So ist es ja dann auch gekommen. Und spielt Angie Kerber wie in Melbourne auf ihrem besten Level, dann reicht es für Serena auch nicht mehr zwingend. Wie du sagst, Alex: Bei den Damen ist der Kandidatenkreis für mögliche Grand-Slam-Triumphe inzwischen wirklich eklatant größer als bei den Herren. Da würde mich so gut wie nichts überraschen.