"Für alle frustrierend"

SID
Speziell bei Angelique Kerber war der Frust groß nach dem Ausscheiden in Wimbledon
© getty

Am "schwarzen Samstag" in Wimbledon verabschiedeten sich alle Deutschen aus dem Turnier. Zum ersten Mal seit neun Jahren findet die zweite Woche in Boris Beckers Wohnzimmer ohne deutsche Beteiligung statt. Vor allem bei Angelique Kerber und Sabine Lisicki herrscht Ratlosigkeit.

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Weltmeister Toni Kroos war nach London gekommen, Jürgen Klopp auch. In Wimbledon, so dachten sich wohl die beiden Fußball-Helden auf Urlaub, gibt es immer etwas zu feiern, vor allem für deutsche Tennis-Fans. An einem "schwarzen Samstag" im All England Club erlebten Kroos und Klopp jedoch vier Pleiten und einige der bittersten Stunden der deutschen Wimbledon-Geschichte.

Mitfavoritin Angelique Kerber vergab Chancen auf das Achtelfinale im Dutzend, Ex-Finalistin Sabine Lisicki hatte erst gar keine. Der Stern des weltweit gefeierten Nadal-Bezwingers Dustin Brown erlosch so schnell, wie er aufgegangen war, auch Außenseiterin Tatjana Maria konnte die Bilanz nicht schönen. Erstmals seit 2006 und 30 Jahre nach Boris Beckers erstem Triumph im Rasenmekka steht kein deutscher Tennisprofi in der zweite Woche von Wimbledon.

Kerber enttäuscht

"Das ist frustrierend für alle, klar", stellte Bundestrainerin Barbara Rittner unumwunden fest. Von einer herben Enttäuschung wollte sie trotz des erneut schwachen Abschneidens ihrer Fed-Cup-Frauen nicht sprechen: "Ich weiß ja, wie eng alles beisammenliegt, aber ich war mir sicher, dass ich in der zweiten Woche noch etwas zu gucken habe."

Vor allem bei Kerber hatte Rittner "so ein gutes Gefühl", dass sie mit dem Selbstvertrauen des Erfolgs beim Vorbereitungsturnier in Birmingham in Wimbledon weit kommt. Nach dem 6:7 (12:14), 6:1, 2:6 gegen die Spanierin Garbine Muguruza, ihrer vierten Grand-Slam-Enttäuschung in Serie, trat die Kielerin genknickt und mit geröteten Augen vor die Presse.

"Dafür gibt es keine Erklärung", meinte die Weltranglistenzehnte, die im ersten Satz neun Satz- und zahlreiche Breakbälle vergeben hatte. Auch Lisicki war nach dem 3:6, 2:6 gegen Timea Bacsinszky aus der Schweiz ratlos. Fünfmal in Folge stand sie mindestens im Viertelfinale, nun verlor sie gegen eine Gegnerin, die auch Rittner auf Rasen nicht zur absoluten Weltspitze zählt.

Rittner kritisiert

Wie so oft suchte sie die Gründe für die Niederlage nicht bei sich selbst. "Sie spielt halt die Saison ihres Lebens", sagte Lisicki trotzig. Kritik kam allerdings von der Fed-Cup-Chefin, die sich wunderte, warum Lisicki die vorgegebene Taktik, Bacsinszky in die schwächere Vorhand zu spielen, so sträflich vernachlässigte.

Alle drei, Andrea Petkovic eingeschlossen, die nach privaten Problemen, bereits am Freitag ausgeschieden war, spielen zu verkrampft, wenn es wichtig wird, meinte Rittner: "Sie müssen eine bessere Art finden, mit dem Druck umzugehen, die Matches mehr genießen und freier spielen." Alle drei nehmen sich nun eine Auszeit und "werden in sich gehen".

Lichtblick Dustin Brown

Der Gegenentwurf zum Tennis-Establishment, nicht nur der deutschen Damen, ist Dustin Brown. Der 30 Jahre alte Deutsch-Jamaikaner gönnte sich keinen Moment Pause und reiste nach seinen bewegten Wimbledontagen direkt weiter zur Bundesliga nach Köln. Nur wenige Stunden nach dem 4:6, 7:6 (7:3), 4:6, 3:6 gegen den Serben Viktor Troicki schlug er für seinen Klub gegen Blau-Weiß Krefeld auf. Er müsse eben seinen Verpflichtungen nachkommen, meinte Brown, daran ändere auch sein sensationeller Sieg gegen Rafael Nadal nichts.

Die Sternstunde auf dem Centre Court ist Vergangenheit, ebenso wie der Medienrummel. Was bleibt, sind 77.000 Pfund Preisgeld (ca. 108.000 Euro), die höchste Börse seiner Karriere, die Erinnerung an den "besten Tag" seines Lebens und zehntausende neue Follower bei Twitter.

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