Stan nach Marathonschlacht raus

Von SPOX
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© getty

Novak Djokovic rasiert Marin Cilic, Roger Federer watscht Gilles Simon ab, auch Andy Murray ist im Halbfinale - so weit, so gut. Doch der Wahnsinn am Tag 9 von Wimbledon fand auf Court No. 1 statt. Richard Gasquet eliminierte Stan Wawrinka nach 300 Minuten.

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Herren - Viertelfinale (alle Matches):

Richard Gasquet (FRA/21) - Stan Wawrinka (SUI/4) 6:4, 4:6, 3:6, 6:4, 11:9

Der Franzose begann aufmerksamer, nutze bei 3:3 die einzige Breakchance und lies sich im ersten Satz nicht mehr von dem Schweizer einfangen. Besonders bemerkenswert: Wawrinkas erster Service kam nur zu 43 Prozent ins Feld - auf diesem Niveau zu wenig. Im zweiten Durchgang schüttelte "Stan the Man" die Nervosität ab und klaute Gasqeuts Service, allerdings blieb der Franzose bei seiner gnadenlosen Breakausbeute und glich zum 3:3 aus. Doch auch der Wimbledon-Halbfinalist von 2007 strauchelte und Stan Wawrinka kam zum Satzausgleich.

Der French-Open-Sieger 2015 kam immer besser ins Rollen, Power-Rückhand und Aufschlag entzauberten Gasquet mehrfach. Der Schweizer schmetterte 13 Winner, Gasquet nur sieben. Verdienter Satzführung für den Olympiasieger. In Satz vier zeigte Franzose Comeback-Qualitäten, Breakball 5:4 für die Nummer 21 der Setzliste, Treffer, drei von drei Breakball genutzt, ab in den Fünften.

Der letzte Durchgang wurde zum Thriller, wie ihn die Wimbledon-Fans lieben. Beide Kontrahenten kämpften zwischenzeitlich mit dem Aufschlag. "Stan" verlor zuerst die Nerven bei 3:4, schaffte aber sofort das Re-Break.

Am Schluss brachte sich die Nummer vier der Setzliste selbst in Bedrängnis. Der Matchball nach 3:28 Stunden war symptomatisch für den Spielerverlauf: Wawrinkas Rückhandwaffe war an Bipolarität nicht zu überbieten. Eine leichte Rückhand ins Aus markierte den 48. Unforced Error (Gasquet: 24). Der "eiskalte" Gasquet darf nun gegen Novak Djokovic ums Finale spielen.

Novak Djokovic (SRB/1) - Marin Cilic (CRO/9) 6:4, 6:4, 6:4

Nach dem Marathon-Match gegen Kevin Anderson scheint sich Novak Djokovic gut erholt zu haben. Ohne große Mühe bezwang der Weltranglistenerste Marin Cilic in einem glatten Dreisatzsieg und steht damit zum sechsten Mal im Halbfinale von Wimbledon.

Der Serbe zeigte nach einer kurzen Eingewöhnungsphase solides Tennis und ließ den Kroaten nie wirklich ins Spiel kommen. Cilic brauchte deutlich zu lange, um zu seinem Aufschlag zu finden und brachte nur 56 Prozent seines ersten Services ins Feld - zu wenig gegen den Wimbledon-Champion von 2014, der selbst zwar nicht brillierte, aber ganz ordentlich aufgespielte und sich verdient Satz Nummer eins schnappte. Auch in der Folge wackelte der Kroate beim Aufschlag. Cilic fabrizierte kaum ein Aufschlagspiel, ohne dass er mindestens zwei Punkte abgab.

Djokovic ließ dagegen nie einen Zweifel daran, wer der bessere Spieler auf dem Centre Court ist. Bei eigenem Aufschlag konnte ihn Cilic nur selten vor Probleme stellen und keinen einzigen Breakball erspielen. Als Return-Spieler ragte Djokovic nicht heraus, tat aber das nötigste und holte sich pro Satz jeweils ein Break. Letztendlich ein absolut verdienter Sieg des Titelverteidigers.

Andy Murray (GBR/4) - Vasek Pospisil (CAN) 6:4, 7:5, 6:4

Der Lokalmatador wurde seiner Favoritenrolle gerecht und ist souverän ins Halbfinale eingezogen. Noch vor der ersten frühen Regenpause gelang Murray im zweiten Aufschlagspiel Pospisils das Break, das den ersten Satz entschied. Der Brite hatte derweil keine Probleme beim eigenen Aufschlag, sein Gegenüber hatte keine einzige Breakchance.

Der Kanadier fand im zweiten Durchgang jedoch besser ins Spiel und zwang Murray in viele Rallys. Nur: Das Aufschlagsspiel vom Briten war nach wie vor nicht in Gefahr. Im Gegenteil, wenn er seinen ersten Aufschlag durchbrachte, holte er auch bei überragenden 95 Prozent der Punkte. Beim Stand von 5:5 war die Nummer drei der Welt dann wieder zur Stelle und nutzte seine einzige Break-Chance bei inzwischen geschlossenem Dach.

Und da diese "Taktik" aufging, bot auch der dritte Satz ein ähnliches Bild. Beide waren im Aufschlag souverän, bis zum Stand von 4:4, als Murray das einzige Break holte und anschließend seinen Aufschlag durchbrachte. Dass sich Pospisil immerhin noch seinen ersten Breakball erspielte, war nicht mehr von Belang. Im Halbfinale trifft Murray auf Roger Federer.

Roger Federer (SUI/2) - Gilles Simon (FRA/12) 6:3, 7:5, 6:2

Als einen der besten Return-Spieler der Tour hatte Roger Federer Gilles Simon im Vorfeld der Partie bezeichnet - und zumindest schaffte der Franzose, was in diesem Jahr bei Wimbledon noch niemandem gelungen war: Simon nahm, als das Match so vor sich hin plätscherte, Federer im zweiten Satz ein Aufschlagspiel ab. Doch der Schweizer antwortete standesgemäß mit einem Rebreak und machte das unspektakuläre Duell so nie nicht wirklich spannend, wenngleich eine zweite Regenpause die Partie erneut unterbrach. "Ich habe gut darauf geantwortet. Wichtig war, wie ich reagieren würde, wenn die Serie endet", erklärte der Favorit anschließend.

Schon im ersten Satz hatte ein gut halbstündiger Regenschauer für die Zwangspause gesorgt, doch Federers Rhythmus tat das keinen Abbruch. Simon auf der anderen Seite fand lange überhaupt nicht in das Match und sein gefürchtetes Return-Spiel blitzte kaum einmal auf. Stattdessen offenbarte er vielmehr Schwächen bei eigenem Aufschlag, es war alles in allem kein guter Auftritt des Franzosen bei seinem ersten Wimbledon-Viertelfinale.

So kam, obwohl sich Federer einen persönlichen Höchstwert an Unforced Errors bei diesem Turnier leistete (22 insgesamt), nie wirklich Spannung auf. Federer trat so souverän auf wie schon in den vergangenen Partien, auch die Pause im zweiten Satz tat seinem Spiel überhaupt keinen Abbruch. Der Weltranglistenzweite startete, wie schon im ersten Durchgang, auch in den dritten Satz per Break und unterstrich den Klassenunterschied in diesem Duell mit einem komplett ungefährdeten dritten Satz.

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