Überlebenskampf und kleines Wunder

SID
Andrea Petkovic will 2014 wieder voll angreifen
© getty

Weihnachten unter der Sommersonne Australiens: Was für viele wie ein Traum klingt, ist für Tennisprofi Andrea Petkovic mit Vorsicht zu genießen. Denn fast immer, wenn die Hessin in Down Under war, ging irgendwas mächtig schief: Kreuzband gerissen, Iliosakralgelenk gebrochen, Meniskus gerissen.

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"Deswegen ist mein Ziel: Überleben - und heil wieder zurückkommen", sagte Petkovic im Interview mit dem "SID".

Vor knapp einer Woche trat die 26-Jährige die lange Reise ans andere Ende der Welt an, um sich optimal auf den Saisonstart in Brisbane (ab 29. Januar) vorzubereiten. Das Weihnachtsessen hatte "Petko" in ihrem neuen Häuschen in Darmstadt-Eberstadt deshalb mit ihrer Familie vorgezogen.

Sie war damit diesmal besonders früh dran. Was auch ein bisschen ihre immer größer werdende Ungeduld dokumentiert. Nach drei schweren Verletzungen in den vergangenen beiden Jahren, vielen Tränen und durchwachsenen Comebacks spielt die Weltranglisten-43. Petkovic mittlerweile auch gegen die Zeit, "die für mich ja immer knapper wird".

Fokus auf großen Turnieren

Grund genug für die Einser-Abiturientin, Prioritäten zu setzen und ihr Hauptaugenmerk auf die Grand-Slam-Turniere zu legen. "Als ich pausieren musste, waren die Momente, an die ich mich am liebsten zurückerinnert habe, meine drei Major-Viertelfinals 2011", sagte Petkovic.

Das erste davon erreichte sie übrigens bei den Australian Open, die als erster Höhepunkt der Saison 2014 am 13. Januar in Melbourne beginnen.

Vielleicht ein gutes Omen für das angestrebte "kleine Wunder", wie es die ehemalige Nummer neun der Welt nennt: "Darunter verstehe ich einen Viertelfinal- oder Halbfinal-Einzug bei einem Grand Slam."

Um die Chancen dafür zu verbessern, setzte Petkovic in der Vorbereitung auf ungewohnte Methoden. Ihr neuer Konditionstrainer ließ sie erst mal den sogenannten "functional movement test" machen, bei dem die Mobilität der Gelenke getestet wird."Ich hatte katastrophale Werte, weil all meine Verletzungen auf der rechten Seite waren und sich Schutzhaltungen eingeschlichen hatten", erzählte sie. Zwei Wochen arbeitete die Darmstädterin an der Körper-Balance.

Ziel Olympia 2016

Zusammen mit dem früheren Davis-Cup-Spieler Alexander Waske ("Andrea ist in bestechender Form") feilte die Modellathletin danach in der Schüttler-Waske-University in Offenbach an ihrer Taktik. Petkovic will künftig den Platz mit mehr Winkelspiel öffnen - und ihre Körpergröße (1,80 m) beim Aufschlag besser nutzen.

"Das ist der nächste Schritt, um mein Tennis nochmal auf ein neues Niveau zu heben", sagte sie, deren Ziel die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro sind.

Und danach? Ein ruhiges Familienleben mit Mann, Kindern und Hund in Südhessen? "Eher nicht. Ich möchte nach meiner Tennis-Karriere noch eine andere Karriere starten." Die rastlose Literatur-Studentin Petkovic zieht es in die Ferne: "Vielleicht gehe ich nach Berlin oder ins Ausland. Oder nach Tokio oder in die USA - möglicherweise nach New York."

Locker in den Überlebenskampf

Wie sehr sie allerdings an ihrer Heimat hängt, merkte Petkovic in den vergangenen Wochen. Seitdem die 26-Jährige mit ihrer Schwester im eigenen Häuschen wohnt, "fällt mir der Abschied von zu Hause noch schwerer".

In ihrem Zimmer stehen "ein Bett, eine Kommode und auf dem Boden 750 Millionen Bücher", berichtete Petkovic, die nur in der Küche noch ihre Probleme hat: "Da mache ich Reis für 750 Personen, obwohl ich alleine esse."

Dafür genießt sie nach dem Ende einer langjährigen Beziehung die Vorteile, als Single auf die Tour gehen zu können: "Männer tun sich im Allgemeinen etwas schwerer, auf die Frauen zu warten", meinte die Hessin. Ein Grund mehr also, den Überlebenskampf in Australien locker anzugehen.

Andrea Petkovic im Steckbrief

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