Jule Görges: Nie mehr der Maulwurf

Von Liane Killmann
Julia Görges stand in Melbourne zum zweiten Mal in ihrer Karriere im Achtelfinale eines Majors
© Getty

Bye, bye Melbourne, salut Paris! Am Montag startet in Paris mit den Open Gaz de France (FOR FREE im SPOX LIVE-STREAM) eines der beliebtesten WTA-Hallenturniere. Die deutschen Hoffnungen ruhen auf Julia Görges, die bei den Australian Open zuletzt zum zweiten Mal in ihrer Karriere in ein Grand-Slam-Achtelfinale vorstieß. Zweite deutsche Starterin ist Mona Barthel. Titelverteidigerin Angelique Kerber ist in Frankreich nicht am Start.

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Sara Errani führt das hochkarätige Teilnehmerfeld an der Seine an. Neben der italienischen Weltranglistensiebten treten mit Ex-Wimbledonsiegerin Petra Kvitova (8), Vorjahresfinalistin Marion Bartoli (11), Dominika Cibulkova (14), Roberta Vinci (16), Lucy Safarova und Görges (18) sechs weitere Top20-Spielerinnen im Stade Coubertin an.

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Topstar Venus Williams sagte ihre Teilnahme kurzfristig wegen einer Rückenverletzung ab. Turnierdirektorin Amelie Mauresmo aber stattete Francesca Schiavone, eine weitere Grand-Slam-Siegerin, mit einer Wild Card für die Quali aus.

Görges die deutsche Nummer eins

In Abwesenheit Kerbers wird Görges in dieser Woche testen dürfen, wie es ist, als deutsche Nummer eins an den Start zu gehen. Eine Rolle, die der 24-Jährigen auch in der Fed-Cup-Begegnung (8. - 10. Februar) in Limoges droht. Deutschland trifft dann auf Marion Bartoli und Co. - und nach der Meniskus-OP von Andrea Petkovic ist auch Kerbers Teilnahme fraglich.

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Für Görges und Barthel muss das Mindestziel in Paris das Viertelfinale sein. Damit würden sie ihre Ergebnisse von 2012 bestätigen, als sie jeweils in drei Sätzen nur knapp das Halbfinale verpassten. Den Start in das Turnier konnte Barthel bereits erfolgreich gestalten. In der ersten Runde setzte sie sich gegen Urszula Radwanska glatt in zwei Sätzen durch. Görges trifft in ihrem Auftaktmatch auf die Französin Kristina Mladenovic.

"I love Paris"

In einer offiziellen Videobotschaft für das Turnier in Paris wandte sich Görges noch aus Australien an die französischen Tennisfans. "Ich liebe Paris und ich freue mich darauf, bei den Open GDF Suez an den Start zu gehen", sagt Görges darin.

Eine Liebe, die die Deutsche in Roland Garros vor acht Monaten überhaupt nicht ausstrahlte. Görges stand in der dritten Runde der French Open gegen die Niederländerin Arantxa Rus auf dem Platz, als die Dämmerung langsam einsetzte. Nach ihrem Satzausgleich begann die Deutsche eine Diskussion mit dem Referee, um einen Abbruch wegen Dunkelheit zu erwirken.

"Ich habe halt sechs Dioptrien in meinen Augen und sehe irgendwann nichts mehr. Letztlich ist es aber die Entscheidung des Schiedsrichters", gab Görges nach der Partie als Erklärung an. Im dritten Satz hatte sie zu allem Überfluss eine fragwürdige Auszeit wegen einer Fußverletzung genommen. In den Augen der Zuschauer reine Zeitschinderei. Und Görges legte sich mit ihnen an.

Pfiffe des Pariser Publikums

Das Publikum reagierte mit zornigen Pfiffen - Rus' Triumph in drei Sätzen (7:6, 2:6, 6:2) löste einen enthusiastischen Jubel auf den Rängen aus. Görges blieb den Parisern nicht gerade als faire Verliererin in Erinnerung. Bleibt zu hoffen, dass die nicht gerade als vergesslich geltenden französischen Fans der Deutschen den Vorfall nicht nachtragen. Ein Vorfall, der letztlich eine weitere verpasste Chance in Görges' Karriere markierte.

Nach ihrem Debütsieg in Bad Gastein (2010) und einem Überraschungserfolg in der Halle von Stuttgart ein Jahr später beendete sie ihre stärkste Saison 2011 auf Rang 21. Der erhoffte nächste Schritt jedoch blieb aus. 2012 etablierte sich Görges zwar unter den besten 25 WTA-Profis, ein weiterer Turniersieg aber gelang trotz zweier Finalteilnahmen (Dubai und Linz) nicht. Sechs Erstrundenniederlagen, darunter bei den US Open, bremsten Görges' Entwicklung.

Zu selten brachte sie ihr Potenzial auf den Platz. Denn eigentlich verfügt Görges über harte Grundschläge und das Spiel, die Rallyes von hinten zu diktieren. Gleichzeitig ist sie eine begehrte Doppel- und Mixedpartnerin und durchaus fähig erfolgreich zu volleyieren. Doch Görges scheiterte regelmäßig daran, ihr Spiel zwischen Risiko und Sicherheit auszubalancieren. Zeit, etwas zu ändern.

Augen-OP und neuer Physio

Görges nutzte das frühe Ende der Saison 2012 nach ihrem Zweitrundenaus in Luxemburg, um sich Ende Oktober einer Laseroperation gegen ihre starke Kurzsichtigkeit zu unterziehen. "Ich bin jetzt nicht mehr so ein Maulwurf. Ich kann nun wirklich alles ohne Brille und Linsen klar sehen", twitterte Görges, und sagt heute: "Das Lasern war das Beste, was ich bisher gemacht habe. Ich habe jetzt ein Sehvermögen von 120 Prozent."

Ebenfalls neu: Görges hat sich entschieden, in diesem Jahr mit einem Physio zu reisen. Seit Januar ist Damian Prasad Teil ihres Teams um Trainer Sascha Nensel. "Ich kann noch so fit sein, aber nach anstrengenden Matches oder sehr intensivem Training hilft mir Damian durch seine perfekten Behandlungen, am nächsten Tag wieder 100% auf dem Court geben zu können."

In der Hitze von Melbourne zahlte sich das nach durchwachsenem Saisonstart aus. Görges überstand auf ihrem Weg ins Achtelfinale der Australian Open zwei Dreisatz-Matches. Darunter den 2:12-Stunden-Thriller gegen Zheng Jie. Görges lag im entscheidenden Satz bereits mit 3:5 hinten, ehe sie das Match mit vier Spielen in Folge drehte.

Sie brachte ihre wuchtigen Grundschläge auf den Platz (42 Winner) und vor allem: Görges kämpfte! 56 (!) Unforced Errors brachten sie diesmal nicht aus dem Konzept.

Lehren aus dem Lustlos-Auftritt

Die Deutsche bewies in diesem Match, dass sie aus der Achtelfinal-Niederlage des Vorjahres Lehren gezogen hat. Damals hatte sich Görges von Agnieszka Radwanska erschreckend lustlos abschießen lassen (1:6, 1:6) und für diesen Auftritt viel Kritik geerntet. Auch Trainer Nensel hatte ihr kräftig den Kopf gewaschen.

"Jetzt habe ich gezeigt, dass ich mich nicht mehr so von den Emotionen leiten lasse und mein Level während eines Spiels hochschrauben kann", sieht sich Görges gereift. "Mein Ziel ist, 2013 konstanter zu sein. Ich muss mehr Matches auf meinem höchsten Niveau spielen."

Satzball gegen Li verballert

Gegen die diesjährige Melbourne-Finalistin Na Li gelang Görges das in ihrem zweiten Grand-Slam-Achtelfinale der Karriere in Ansätzen. Sie spielte nach 1:4-Rückstand einen herausragenden ersten Satz, hielt spielerisch mit der neuen Weltranglistenfünften mit und erarbeitete sich einen Matchball. Den vergab sie allerdings kläglich mit einer "Harakiri"-Rückhand aus zwei Metern ins Netz.

"Dieser Punkt hat mir das Genick gebrochen. Es hätte einen großen Unterschied gemacht, wenn ich den ersten Satz gewonnen hätte." Im zweiten Durchgang war sie nach einem Doppelbreak dann chancenlos.

Die Suche nach der Konstanz bleibt Görges' Herausforderung Nummer eins. Gelingt ihr die Vermeidung der einfachen Fehler, kann es auch in Paris weit gehen.

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