König Federer krönt sich selbst

Von SPOX
Roger Federer ist wieder die Nummer Eins der Welt
© Getty

Roger Federer holt sich in einem tollen Wimbledon-Finale gegen Andy Murray seinen siebten Titel auf dem heiligen Rasen und kehrt an die Spitze der Weltrangliste zurück. Mit der Heimkulisse im Rücken bot Murray dem Schweizer lange die Stirn, entschied sogar den ersten Satz für sich. Letztlich war er aber chancenlos gegen einen Roger Federer, der teilweise Tennis wie von einem anderen Stern spielte und dann drei Sätze am Stück gewann.

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Als den Schotten Andy Murray bei der Siegerehrung die Emotionen übermannten, feierten ihn die 15.000 Zuschauer im Centre Court von Wimbledon als Champion der Herzen. Den Bann zu brechen nach 76 langen Jahren, in denen kein Brite mehr in Wimbledon gewann, ist dem 25-Jährigen aber nicht gelungen.

Unterm geschlossenen Dach musste er sich Roger Federer geschlagen geben, der selbst Geschichte schrieb mit seinem siebten Titel bei den All England Championships. "Das ist ein großer Moment für mich", sagte der Schweizer nach seinem 17. Grand-Slam-Erfolg. Als Zugabe wird er neue Nummer eins.

Zweieinhalb Jahre nach seinem bis Sonntag letzten Grand-Slam-Sieg schlug Federer Murray 4:6, 7:5, 6:3, 6:4. Es war das dritte Mal, dass Federer den 25-jährigen Briten in einem Major-Endspiel besiegte. Murray stand viermal im Finale, gewonnen hat er noch nie.

"Ich könnte nicht glücklicher sein. Ich hatte eine harte Zeit in den vergangenen Jahren. Dieser Sieg kommt zur richtigen Zeit", sagte Federer.

Federer erreicht Sampras

Murray versagte die Stimme, nachdem er die Auszeichnung für den Finalisten erhalten hatte. Nachdem er tief durchgeatmet hatte, sagte er zur Begeisterung seiner Landsleute: "Ich bin näher gekommen." Um dann Federer zu gratulieren: "Nicht schlecht für einen 30-Jährigen."

Als erster Mann in den Dreißigern seit Arthur Ashe 1975 gewann er in Wimbledon. Für seinen Sieg erhält der beste Spieler der Geschichte rund 1,4 Millionen Euro, Murray die Hälfte. Der Wimbledonsieg hätte dem Briten nach einer Schätzung der "Sunday Times" bis zu 120 Millionen Euro gebracht.

Mit seinem siebten Triumph in Wimbledon zog Federer mit Rasen-Rekordgewinner Pete Sampras gleich, dessen Allzeithöchstwert als Nummer eins er zudem egalisierte. Federer löste den von ihm im Halbfinale besiegten serbischen Titelverteidiger Novak Djokovic an der Spitze der Weltrangliste ab, die ihn nun wie zuvor Sampras insgesamt 286 Wochen an erster Stelle führt.

Prominenz will sich Ereignis nicht entgehen lassen

Es war angerichtet im ganzen Königreich. Mit Pathos hatten selbst die seriösen britischen Sonntagszeitungen den Patriotismus befeuert. "Geh' weiter!", titelte der linksliberale "Observer". Der "Independent" war nicht weniger euphorisch: "Jetzt ist der Tag, jetzt ist die Stunde." In Dutzenden von Kinosälen wurde das Match übertragen, bis zu 20 Millionen Zuschauer sollen sich vor dem Fernseher versammelt haben, auf dem Gelände des All England Clubs drängten sich die Fans vor den Videowänden.

In der Royal Box des Centre Courts wollte sich die Prominenz aus dem Königshaus, aus Sportadel und Politik das von Kommentatoren als "Murrays Begegnung mit dem Schicksal" bezeichnete Ereignis nicht entgehen lassen. Die Herzogin von Cambridge, besser bekannt als Kate, Ehefrau von Prinz William, war mit ihrer Schwester Pippa Middleton da, ebenso Regierungschef David Cameron, die Tennislegenden Rod Laver und Roy Emerson und auch die Beckhams.

Verpasste Chancen

Sie sahen einen nervösen Auftakt - von dem Routinier auf Rasen und nicht von dem Mann mit den großen Erwartungen von 62 Millionen Landsleuten auf seinen Schultern. Federer gab gleich seinen ersten Aufschlag ab. Dem Eidgenossen gelang zwar das Rebreak, aber Murray hielt weiterhin dagegen. Nachdem er zwei Breakbälle tapfer abgewehrt hatte, nutzte er ein weiteres schwaches Servicespiel des Maestros zum 5:4. Nach 57 Minuten sicherte sich Murray Satz eins mit 6:4.

Die 15.000 Zuschauer wussten, dass Federer ein sogenannter Frontrunner ist. Gewinnt er den ersten Satz, ist er schwer zu stoppen. Verliert er ihn, hat der Gegner gute Chancen. Der Herausforderer, der seit seiner Zusammenarbeit mit Ivan Lendl auf dem Platz fokussierter auftritt, agierte immer selbstbewusster.

Er setzte den Schweizer unter Druck, verpasste aber die Führung. Das sollte sich rächen. Eine sich plötzlich ergebende Breakchance bei Satzball ließ sich Federer nicht entgehen. Mit einem grandiosen Volleystopp beendete er den zweiten Durchgang zum 7:5.

Tennis-Genius Federer präsentiert ganzes Repertoire

"Das Dach ändert alles", hatte Roger Federer vor einigen Tagen erklärt. Und er trat selbst den Beweis für seine Aussage an. Der fahrbare Schirm, der beim Stand von 1:1 im dritten Satz wegen des unvermeidlichen Regens zum Einsatz kam, änderte alles zu seinem Vorteil. Der Routinier ist Rasen- und auch Hallenmeister.

Im 20 Minuten lang umkämpften sechsten Spiel brachte er sich mit dem sechsten Breakball 4:2 in Front. Nach Federers Ass zum 6:3 ging es in den vierten Satz, in dem der Tennis-Genius dann sein ganzes Repertoire präsentierte.

Am Samstag hatte Fast-Namensvetter Jonathan Marray Geschichte geschrieben. An der Seite des Dänen Fredrik Nielsen gewann der 31-Jährige als erster Brite seit 76 Jahren sensationell den Titel im Doppel. Das mit einer Wildcard ins Turnier gestartet Duo besiegte die schwedisch-rumänische Kombination Robert Lindstedt/Horia Tecau 4:6, 6:4, 7:6 (7:5), 6:7 (5:7), 6:3.

Federer vs. Murray im Re-Live