Marathonmann John Isner ausgeschieden

SID
Zum Lächeln reichte die Kraft gerade noch: John Isner (l.) gratuliert Thiemo De Bakker
© Getty

John Isner ist ausgeschieden. Nur 20 Stunden nach dem 11:05 Stunden Marathon über drei Tage, musste der US-Amerikaner schon wieder ran. Den Eintrag in die Geschichtsbücher nimmt ihm keiner mehr. Nun wird über eine Regeländerung diskutiert.

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Aus im kürzesten Herrenmatch des Turniers, ausgerechnet. Aber so musste es wohl kommen.

Marathonmann John Isner ist einen Tag nach seinem epischen Rekordsieg in Wimbledon ausgeschieden. Schon um Punkt 12.00 Uhr musste er am Freitag wieder Tennis spielen. Zweite Runde gegen einen Niederländer namens Thiemo De Bakker. Er konnte nicht gewinnen.

Normalerweise wäre dieses Match nicht der Rede wert, aber nichts in Wimbledon ist mehr normal um Isner, seit der Amerikaner dem Franzosen Nicolas Mahut im längsten Tennismatch der Geschichte gegenübergestanden hat. Dem 11:05 Stunden Marathon über drei Tage, der erst am Donnerstag beim Stand von 70:68 im fünften Satz zu Ende gegangen war.

Nur 20 Stunden Pause

Keine 20 Stunden später also musste Isner wieder auf den Platz, dessen Ränge bereits eine Stunde vorher brechend voll waren. Aber statt einer weiteren Show gab es das erwartete schnelle Aus für den Amerikaner, der bei seiner 0:6, 3:6, 2:6-Niederlage vollkommen chancenlos war. Er bewegte sich schwerfällig, der Arm tat offenbar weh, nichts ging. Nur 74 Minuten dauerte das Spiel. Dann war Isner erlöst: "Ich hatte kein Gas mehr in mir."

Mit einem Bodyguard wurde der 25-Jährige vor der Partie durch die Menschenmassen auf den Außenplatz geführt. Riesen-Applaus brandete auf, als er den Rasen betrat. Er ist eine Attraktion geworden. Sportlich hatte er keine Chance mehr nach den Anstrenungen der letzten Tage. "Ich war körperlich und mental ausgelaugt", sagte Isner, "ich hatte keine Chance."

Noch krasser erging es Mahut, der noch am Donnerstagabend auf "seinem" Platz 18 mit Partner Arnaud Clement zum Doppel antreten musste. Das Spiel wurde - unglaublich - wegen Dunkelheit abgebrochen. Fortsetzung Freitag. "Später bin ich vielleicht mal stolz darauf, Geschichte geschrieben zu haben", sagte Mahut, "im Augenblick tut nur die Niederlage unglaublich weh."

"Kostet sechs Monate seines Lebens"

Die Diskussion über die Regel, die entscheidenden Sätze in Wimbledon sowie den Grand-Slam-Turnieren in Paris und Melbourne nicht im Tiebreak zu spielen, ist nach dem Mega-Match aber eröffnet. "Dieses Match war Werbung für´s Tennis", sagte Altmeister John McEnroe, der vor 30 Jahren bei seiner Finalniederlage gegen Björn Borg selbst einen legendären Tiebreak spielte, "aber irgendwann wird es gefährlich. Das Match kostet Isner sechs Monate seines Lebens".

McEnroe plädiert deshalb für einen Tiebreak im fünften bei 30:30.

Doch erstaunlicherweise wollen ausgerechnet die Spieler das gar nicht. Allen voran Isner: "Man sollte die Regeln nicht ändern. So etwas wird nie wieder passieren, nicht einmal annähernd. Lasst es wie es ist."

Auch Branchenprimus Roger Federer, der einen sehr ausgeprägten Sinn für die Traditionen des Spiels hat, lehnt jede Änderung ab: "Es ist perfekt so wie es ist", sagte der Schweizer, "es ist nur unglücklich für die beiden Spieler, dass sie morgen müde sein werden und die nächste Woche und den nächsten Monat."

Einmaliges Ereignis

Alle sind sich aber einig, dass es so etwas eben nie mehr geben wird. "Es ist das erste Mal in einhundert Jahren, dass so etwas vorgekommen ist, sagte Serena Williams, "wahrscheinlich dauert es weitere 100 Jahre, bis es wieder passiert."

Die Statistik-Werke sind voll mit längsten Matches im Sinne von Spielzeit und Anzahl der Spiele. Und wenn eine Partie im fünften Satz Richtung 20:20 ging, dann schaute man mal nach, ein Rekord deutete sich an. Das wird nie mehr nötig sein, ebensowenig bei der Anzahl der geschlagenen Asee in einem Match: 112 servierte Isner, 102 Mahut - Werte für die Ewigkeit.

"Eine unglaubliche Leistung, man muss beiden gratulieren", sagte Rafael Nadal: "Es ist unfassbar, dass beide in der Lage waren, sich zehn Stunden lang so zu konzentrieren, dass sie nicht einmal ihren Aufschlag verloren haben."