"Gegen Deutschland sind wir klarer Favorit"

Von Interview: Petra Philippsen
Jo-Wilfried Tsonga scheiterte 2010 im Halbfinale der Australian Open an Roger Federer
© Getty

Das deutsche Davis-Cup-Team spielt am Wochenende in Toulon in der ersten Runde gegen Frankreich. Philipp Kohlschreiber und Gael Monfils bestreiten am Freitag das Auftakteinzel, anschließend trifft Deutschlands Nummer zwei Benjamin Becker auf Jo-Wilfried Tsonga. Im Interview mit SPOX spricht Australian-Open-Halbfinalist Tsonga über seine Ähnlichkeit mit Muhammad Ali, seinen Fitnesszustand und das Duell gegen die Deutschen.

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SPOX: Was würden Sie sagen, wenn ich Sie "Ali" nenne?

Jo-Wilfried Tsonga: (verdreht die Augen) Hören Sie bitte bloß auf!

SPOX: Warum denn?

Tsonga: Mich nervt das wirklich inzwischen. Vor zwei Jahren in Melbourne kam das auf, weil ich dem jungen Muhammad Ali wohl ähnlich sehe. Da war das noch irgendwie lustig und ein Sponsor hat dann auch mal Fotos in einem Boxring mit mir gemacht. Aber jetzt reicht es langsam, immer wieder werde ich danach gefragt, weil alle denken, das sei mein Spitzname. Ist er aber nicht. Ich werde nur Jo genannt. Mehr nicht. Und mit dem echten Ali habe ich auch nicht wirklich etwas am Hut.

SPOX: Aber stimmt denn wenigstens, dass Ihnen Ihr Nachmittagsschläfchen heilig ist?

Tsonga: Lachen Sie jetzt bitte nicht, das ist mir wirklich heilig. Jeden Nachmittag lege ich mich eine Stunde hin. Ich bilde mir ein, dass es mir mehr Kraft gibt.

SPOX: Kraft werden Sie auch ab Freitag benötigen. Es scheint, als würden Sie Ihre Rolle als "Boss" im französischen Team sehr genießen.

Tsonga: Was gibt es auch Schöneres, als in einem Team für sein Land zu spielen? Es ist einfach etwas ganz anderes, wenn man nicht nur für sich selbst antritt. Die Leute erwarten etwas von mir, und das ist schön. Man spielt für sie mit. Und dieser Druck gefällt mir. Ich spiele immer am besten, wenn ich unter Druck stehe, und es um die wirklich wichtigen Matches geht.

SPOX: So haben Sie es auch schon ins Finale von Melbourne geschafft und Ihre bisherigen fünf Partien im Davis Cup gewonnen...

Tsonga: Wirklich? Ach ja, das stimmt ja, es sind fünf. Ich bin ja tatsächlich gut (lacht). Nein, sehen Sie, das zeigt doch, dass ich einfach jedes Match unbedingt gewinnen will. Ich gebe immer 100 Prozent. Doch die Statistik will da nichts heißen, ich habe im Davis Cup bisher nur Matches gewonnen, bei denen ich der Favorit war. Ich habe noch nie gegen einen der großen Champions dort gespielt.

SPOX: Der erwartet Sie am Wochenende bei den Deutschen zwar auch nicht, doch was halten Sie von Ihrem Gegner?

Tsonga: Das deutsche Team ist sicher gut, aber nicht dasselbe ohne Tommy Haas. Für uns ist es ein großer Vorteil, dass er nicht dabei ist. Nun sind wir der klare Favorit in diesem Duell.

SPOX: Fühlen Sie, dass der Davis Cup in Frankreich einen besonderen Stellenwert hat?

Tsonga: Auf jeden Fall. Wir haben eine große Erfolgsgeschichte, und es gab viele emotionale Matches, an die sich jeder erinnert und die auch die nachfolgenden Generationen geprägt haben. Ich weiß noch genau, wie ich 1996 vor dem Fernseher saß und das Finale zwischen Schweden und Frankreich geschaut habe. Das entscheidende Match zwischen Niklas Kulti und Arnaud Boetsch ging in den fünften Satz. Boetsch hat drei Matchbälle abgewehrt, bevor er mit 10:8 gewann. Das war einfach unglaublich. Ein magischer Moment. Da wusste ich, dass ich Tennisprofi werden wollte.

SPOX: Sie schienen zuletzt ein paar körperliche Probleme zu haben. Sind die überstanden?

Tsonga: Ich muss sagen, jetzt fühle ich mich gut. Und mit jetzt meine ich seit ungefähr einer Woche. Ich hatte seit Oktober mit einer Handgelenksverletzung zu kämpfen, ich konnte den Schläger gar nicht richtig festhalten. Mein Timing war weg, mein Service und meine Vorhand katastrophal. Erst in Marseille vor zwei Wochen war es besser, drei Monate hat es gedauert. Jetzt sind die Schmerzen endlich weg.

SPOX: Man sieht Sie hier im Training teilweise eine halbe Stunde nur die Vorhand schlagen. Immer und immer wieder. Kann man damit drei Monate aufholen?

Tsonga: Ja, das geht schon. Ich habe jetzt wieder Kraft in meiner Hand und kann mit mehr Wucht schlagen. Und vor allem sind meine Schläge jetzt wieder präzisier. Das Halbfinale in Marseille war da schon ein guter Beginn. Auch wenn ich dort einen Magen-Darm-Infekt bekam, der in Dubai immer schlimmer wurde.

SPOX: Das klingt nicht nach optimaler Vorbereitung...

Tsonga: Nun ja, das einzig Positive ist, dass ich drei Kilo abgenommen habe (lacht). Das hatte ich auch dringend nötig.

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