Der nächste Andre Agassi

Von Florian Regelmann
Filip Krajinovic erinnert Nick Bollettieri an keinen Geringeren als Andre Agassi
© Imago

Die größten Tennis-Talente der Welt trainieren fast alle bei Nick Bollettieri. Bei SPOX stellt der Tennis-Guru seine Schützlinge vor. Mit dabei: Der Agassi-Klon, die neue Ana und ein indischer Streber.

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Nicholas James Bollettieri ist zwar inzwischen schon 78 Jahre alt, aber noch immer kein bisschen tennismüde.

Von morgens bis abends steht der Tennis-Guru in seiner riesigen Tennis Academy in Bradenton an der Westküste Floridas auf dem Court - und formt zukünftige Superstars.

Früher förderte er Andre Agassi, Tommy Haas oder Maria Scharapowa, heute trainieren wieder die besten Junioren der Welt bei ihm. Was ist sein Erfolgsgeheimnis?

"Mein Erfolg erklärt sich folgendermaßen: Ich schaue mir einen Spieler an und habe die Fähigkeit, diesem Spieler zu helfen. Und das tue ich mittels einer sehr einfachen Sprache. Ich sage gar nicht viel, es geht meistens um Kleinigkeiten, die aber eine große Wirkung haben", sagt Bollettieri im Gespräch mit SPOX.

Nick Bollettieris Motivationsschule

Außerdem versteht es der Amerikaner wie kaum ein anderer, seine Schützlinge zu motivieren. Auch mal mit Hilfe von ungewöhnlichen Methoden.

"Ich versuche, den Spielern klarzumachen, wie glücklich sie mit ihrem Leben sein können. Manchmal nehme ich sie in ein Kinderkrankenhaus mit und bringe sie mit Kindern in Kontakt, die im Sterben liegen. Damit sie lernen, ein bisschen mehr wertzuschätzen, was sie tun", erklärt Bollettieri.

Seine Kommunikationsfähigkeit ist ohne Zweifel seine größte Stärke. Während des Interviews kümmert er sich nebenher um die richtige Schuhgröße von Schülerin Heather Watson ("Darling, da müssen wir aufpassen") und gibt klare Anweisungen ("So einen Ball spielst du lieber nicht, mein Sohn), wenn ihm etwas nicht passt.

Bei SPOX stellt Bollettieri sechs Tennis-Studenten vor, die eine große Zukunft vor sich haben.

Nicks Supertalente

Filip Krajinovic (Serbien)

Geboren: 27. Februar 1992

Spielhand: Rechts.

Weltrangliste: 297

Erfolge: Erreichte 2008 bei den Junioren das Halbfinale der US Open und stand schon in vielen Endspielen auf Future-Ebene. Hat schon gute Namen geschlagen, die entweder in den Top 100 stehen (Kendrick) oder dort standen (Kim). Hat schon mit Roger Federer und Pete Sampras trainiert.

Das sagt Nick Bollettieri: "Er erinnert mich an Andre Agassi. Man weiß nie, was passiert. Er hat großartige Hände, eine großartige beidhändige Rückhand, eine Kracher-Vorhand und er weiß, wie man sich am Netz bewegt. Er wird ein sagenhafter Spieler. Wichtig ist, dass er viel ruhiger auf dem Platz wird. Außerdem müssen wir aufpassen, dass er auf Tennis fokussiert bleibt. Der Junge sieht gut aus, wir müssen aufpassen, dass er nicht auf Abwege gerät."

Bernard Tomic (Australien)

Geboren: 21. Oktober 1992 in Stuttgart (seine kroatischen Eltern zogen nach Australien, als er drei Jahre alt war)

Spielhand: Rechts.

Weltrangliste: 306

Erfolge: Machte Schlagzeilen, als er 2009 bei den Australian Open mit 16 Jahren eine Runde bei den Herren gewann (Sieg gegen Potito Starace). 2008 wurde er im Alter von 15 Jahren der jüngste Sieger der Junioren-Konkurrenz bei den Australian Open. 2009 gewann er bei den Junioren die US Open, außerdem erreichte er das Halbfinale von Wimbledon.

Das sagt Nick Bollettieri: "Bernard ist ein großer Junge. Er verfügt über exzellente Grundschläge und einen starken Aufschlag. Es sieht alles sehr leicht bei ihm aus. Manchmal hat man das Gefühl, dass er gar nichts machen würde, aber das täuscht. Er ist sehr gefährlich. Was wir von ihm brauchen, ist ein bisschen mehr Feuer. Außerdem müssen wir an seiner Agilität und seiner Beinarbeit arbeiten. Er wird noch größer werden und deshalb ist es wichtig, dass seine Beinarbeit da mitkommt. Er könnte ein Spieler wie Juan Martin del Potro werden. Bernards Vorhand ist nicht so explosiv wie die Vorhand von del Potro, aber er hat wie der Argentinier einen krachenden Aufschlag und eine starke beidhändige Rückhand. Er müsste noch ein wenig öfter ans Netz kommen."

Yuki Bhambri (Indien)

Geboren: 4. Juli 1992

Spielhand: Rechts.

Weltrangliste: 410

Erfolge: Steht in der Junioren-Weltrangliste auf Rang eins und hat 2009 schon vier Future-Turniere gewonnen. 2009 siegte er in Melbourne bei den Junioren, 2008 gewann er den Orange Bowl. Wurde schon im Davis Cup für Indien eingesetzt und feierte gleich seinen ersten Sieg.

Das sagt Nick Bollettieri: "Boy oh boy. Wenn der Junge noch ein paar Kilos zulegt, wird er ein Riesenspieler. Er hat eine Wahnsinns-Vorhand, eine starke Rückhand, einen starken Aufschlag mit einer ungewöhnlichen Aufschlagbewegung - und er ist ein verdammt starker Volleyspieler. Er weiß sich außerdem zu benehmen und ist sehr diszipliniert. Er hat alles, was einen Profi ausmacht. Indien wird viel Freude an ihm haben."

Ryan Harrison (USA)

Geboren: 7. Mai 1992

Spielhand: Rechts.

Weltrangliste: 574

Erfolge: Gewann im Juni sein erstes Profi-Turnier auf Future-Ebene. 2008 war Harrison im Alter von 15 Jahren der drittjüngste Spieler seit 1990, der ein Match auf der ATP-Tour gewinnen konnte. In Houston besiegte er Pablo Cuevas. 2008 erreichte er bei den Aussie Open in der Junioren-Konkurrenz das Halbfinale.

Das sagt Nick Bollettieri: "Wir haben hart an seiner Vorhand gearbeitet. Früher hat er die mit zu viel Spin geschlagen und er konnte zu wenig Schlägerkopfgeschwindigkeit generieren. Jetzt ist seine Vorhand hervorragend geworden. Sein Aufschlag ist stark, er macht am Netz eine gute Figur - jetzt geht es darum, dass er seine Rückhand noch verbessert. Sein Vater und ich versuchen, ihn dahin zu bringen, dass er auf der Rückhand-Seite etwas ruhiger wird und dass er mehr ins Feld geht. Er tendiert dazu, manchmal hinter der Grundlinie stehen zu bleiben. Er ist ein junger Bursche, der noch reifen wird."

Jordan Cox (USA)

Geboren: 7. Januar 1992

Spielhand: Rechts.

Weltrangliste: 981

Erfolge: Erreichte 2009 das Junioren-Finale von Wimbledon und gewann 2008 die USTA Boys National Championship in der Konkurrenz der 16-Jährigen. Ist regelmäßiger Trainingspartner von Tommy Haas und Radek Stepanek.

Das sagt Nick Bollettieri: "Jordan ist ein großer Bulldog. Er ist der neue Jim Courier. Bei ihm kommt es vor allem darauf an, dass er selbst mehr an sich glaubt. Er muss daran glauben, dass er Profi werden kann und er darf sich nicht so viel Druck machen. Teilweise lässt er sich zu leicht entmutigen und er versucht, die Punkte zu früh zu beenden. Er muss aber versuchen, seine Gegner niederzukämpfen. Er ist Jim Courier wirklich sehr sehr ähnlich."

Heather Watson (Großbritannien)

Geboren: 19. Mai 1992 in Guernsey

Spielhand: Rechts.

Weltrangliste: 678.

Erfolge: Gewann vor Kurzem als erste Britin den Juniorinnen-Bewerb bei den US Open. 2008 holte sie die Goldmedaille bei den Commonwealth Youth Games. Die aktuelle Nummer drei der Welt bei den Mädels. Neben der 15-jährigen Laura Robson das zweite Ausnahmetalent von der Insel.

Das sagt Nick Bollettieri: "Heather ist jetzt seit fünf Jahren hier. Sie ist eine sehr intelligente Spielerin, ihr Aufschlag ist exzellent, ihre Grundschläge sind herausragend, sie volliert gut und hat keine Angst, ans Netz zu kommen. Sie spielt ein sehr aggressives Tennis und das Besondere an Heather ist, dass sie keine Schwächen hat. Sie macht alles gut. Vor allem bewegt sie sich außergewöhnlich gut auf dem Court. Ich bin mir sicher, dass sie bald eine Wildcard für ein Grand-Slam-Turnier bekommen wird. In den nächsten 18 Monaten wird sie den Sprung zu den Profis schaffen. Sie muss sich jetzt daran gewöhnen, wie es ist, gegen Profis zu spielen und nicht gegen Juniorinnen. Ihre Mutter reist viel mit ihr und ist eine wichtige Stütze für sie. Wenn ich sie zu vergleichen versuche, würde ich sagen, dass sie Ana Ivanovic ähnelt. Sie trifft den Ball im Steigen und ist eine gute Allround-Spielerin. Genau das muss man heutzutage auch sein."

Die ATP-Weltrangliste