Mit Agassis Fitness-Guru in Las Vegas

Von Florian Regelmann
Andre Agassi und sein Fitness-Coach Gil Reyes
© Getty

Geht Tommy Haas' Karriere langsam zu Ende oder kommt der Deutsche noch einmal richtig in Fahrt? Dass man auch nach dem dreißigsten Geburtstag noch viel erreichen kann, hat ein Mann vorgemacht: Andre Agassi. Dessen Fitness-Guru Gil Reyes hat Haas nun für die Australian Open fit gemacht. Haas scheint bereit für einen Neustart. Trainer-Legende Nick Bollettieri gibt ihm bei SPOX einen Rat. 

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Es war eine Szenerie, die sich in Las Vegas Jahr für Jahr im Dezember wiederholte. Weihnachten stand vor der Tür und wohin man auch blickte, sah man Familien, die in ihre Autos einstiegen.

Die Kinder hatten Geschenke unter dem Arm. Alle freuten sich auf ein wundervolles Weihnachtsfest im Kreise ihrer Liebsten.

Nur einer passte irgendwie nicht ins Bild. Da gab es doch tatsächlich jemanden, dem Weihnachten nicht wichtig zu sein schien. Während sich der Rest der Welt auf den heiligen Abend vorbereitete, rannte sich einer die Lunge aus dem Hals. Einen Hügel nach dem anderen ging es am Magic Mountain hinauf.

Agassi als Vorbild

Sein Name: Andre Agassi. Immer an seiner Seite: Fitnesstrainer Gil Reyes. Der ehemalige Footballspieler, der stets dunkle Anzüge trägt, war über zwei Jahrzehnte Agassis engster Vertrauter.

Nicht umsonst nannte Agassi seinen Sohn Jaden Gil - zu Ehren von Reyes. Dieser machte aus einem dürren Teenager mit langen Haaren ein echtes Power-Paket.

Die Basis für Agassis Erfolg wurde jedes Jahr im Dezember in Las Vegas gelegt. "Die meisten Spieler sagen, 'jetzt war ich elf Monate unterwegs auf Reisen, da möchte ich im Dezember mal entspannen', aber Andre wollte immer arbeiten", erklärte Reyes.

So war es dann auch kein Wunder, dass Agassi bei den Australian Open im Januar den Veranstalter häufig bat, mittags spielen zu dürfen. Mitten in der australischen Hitze. So fit fühlte er sich nach dem Training mit Reyes.

Haas fehlt der große Wurf

Agassis harte Arbeit sollte sich auszahlen. Vier seiner acht Grand-Slam-Titel gewann er in Melbourne. Fünf Grand-Slam-Titel holte er sich erst nach seinem 29. Geburtstag.

"Andre ist ein positives Beispiel für jeden in der Welt. Es ist wichtig, dass man versteht, warum er im hohen Tennisalter so viel erreicht hat. Er hat mehr gearbeitet als seine Gegner und genau gewusst, was man investieren muss, um ein ganz Großer zu sein", meint Nick Bollettieri zu SPOX.

Ein ganz Großer - das wollte auch Tommy Haas immer werden. Bis jetzt hat er es nicht geschafft.

Trotz dessen, dass der Deutsche mal die Nummer zwei der Welt war. Trotz elf Turniersiegen. Trotz fast neun Millionen an Preisgeld. Es fehlt einfach der große Wurf bei einem Grand Slam.

Kein Turnier seit den US Open

Sein Hauptproblem ist bekannt: Haas hat gefühlte 30  - tatsächlich sind es drei - Schulteroperationen hinter sich. Wer an Haas denkt, denkt an einen Spieler mit unglaublich viel Potenzial. An einen, der, wenn er heiß ist, jeden vom Platz fegen kann. Aber auch vor allem an einen, der ständig verletzt ist.

Das Letzte, was man von Hass auf der Tour sah, war seine enttäuschende Fünfsatzpleite in der zweiten Runde bei den US Open gegen den davor nur Experten bekannten Luxemburger Gilles Muller.

In der Folge wurde er abermals von seinem Körper gestoppt. Diesmal machte der Ellenbogen Ärger. Haas musste wieder pausieren und ist in der Weltrangliste mittlerweile auf Platz 79 zurückgefallen.

Und mit 30 Jahren ist Haas nicht mehr der Jüngste. Da kann man schon mal in ein Loch fallen und sich fragen, ob eine Karriere ganz still und leise zu Ende geht.

Anruf von Agassi  

Doch dann sorgte ein Anruf von Agassi dafür, dass Haas neuen Mut fasste.

"Andre hatte mich nach Las Vegas eingeladen und dort habe ich mit seinem früheren Fitness-Coach Gil Reyes gearbeitet. Es war eine super Zeit und hat einen Höllenspaß gemacht. Gil kann sehr gut motivieren und hat super Geräte in seinem Fitness-Tempel - speziell für Tennisspieler ausgerichtet", sagte Haas in der "Bild am Sonntag".

Acht Wochen arbeitete Haas intensiv mit Reyes.

"Gil ist einer der uneigennützigsten und qualifiziertesten Leute, die es im Tennis gibt. Er hat die Gabe, einen Spieler dafür zu begeistern, hart zu arbeiten. Ich weiß, dass Tommy und er eine tolle Zeit hatten", berichtet Bollettieri.

Rat von Bollettieri

Ab und an kam auch die Legende Agassi vorbei, um mit Haas ein paar Bälle zu schlagen. Klar, dass es nichts Besseres geben kann in einer Phase, in der man dringend Inspiration braucht.

Agassi gab Haas Tipps und munterte ihn mit seinem eigenen Beispiel auf. Er habe ja schließlich nach seinem dreißigsten Geburtstag auch noch viel erreicht. Dann könnte Haas das auch schaffen.

Wirklich? "Wenn ich Tommy einen Rat geben würde, dann würde ich ihm sagen, dass er intelligenter spielen muss. Er darf sich nicht selbst besiegen, sondern muss die Gegner zwingen, ihn zu schlagen", meint Bollettieri.

Wer hat Angst vor Haas?

Wie Haas auch spielt und in Form ist, ein Grand-Slam-Titel ist kaum realistisch. Dennoch bleibt er ein gefährlicher Gegner.

Roger Federer, Rafael Nadal, Andy Murray oder Novak Djokovic werden sich auf keinen Fall freuen, falls sie Haas zugelost bekommen würden.

Der Deutsche hat ein Ziel und das heißt, die anderen Jungs noch ein bisschen zu ärgern. Gerade in Melbourne, wo er schon dreimal im Halbfinale stand, könnte Haas für eine Überraschung sorgen.

Das Training mit dem Agassi-Fitness-Guru macht's möglich.

Der Stand in der ATP-Weltrangliste