"The Rocket" O'Sullivan zündet nicht

SID
O'Sullivan ist gegen Stuart Bingham ausgeschieden
© getty

Die große Show des Ronnie O'Sullivan blieb diesmal aus. Zum ersten Mal seit drei Jahren findet das Weltmeisterschaftsfinale im Crucible Theatre von Sheffield ohne die lebende Snooker-Legende statt. Das frühe Viertelfinal-Aus kam jedoch nicht für jeden überraschend.

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"Ich habe verdient verloren. Ich war völlig neben der Spur, und er hat fantastisch gespielt", gab O'Sullivan nach der 9:13-Niederlage gegen den Weltreanglistenzehnten Stuart Bingham konsterniert zu Protokoll. Im Gegensatz zum fünfmaligen Weltmeister O'Sullivan, der etliche Rekorde hält und schon alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt, ist Bingham allerdings ein Leichtgewicht der Snooker-Szene.

"Er hat mich nur umhergescheucht, und ich habe mich das ganze Match über als zweite Wahl gefühlt", klagte O'Sullivan, der es eigentlich gewohnt ist, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. Am Mittwochabend kam jedoch alles anders: "Ich habe so viele leichte Fehler gemacht, die er eiskalt bestraft hat."

Doch nicht nur die ungewohnt vielen Fehler wurden dem 39-Jährigen zum Verhängnis. Während des gesamten Turniers sorgte O'Sullivan eher mit seinen Mätzchen für Schlagzeilen als mit seinem brillanten Spiel. Zuerst entledigte er sich in der ersten Runde seiner drückenden Schuhe und verstieß damit gegen den strengen Dress-Code. "Ich wollte nicht in Socken spielen, aber die Schuhe waren unerträglich. Ich musste sie ausziehen", lautete seine lapidare Begründung.

Schiedsrichter ahndete Regelverstoß nicht

Eine Partie später zerstörte er fast seinen Queue - Heiligtum der Snooker-Spieler - als er diesen aus Frust einfach gegen die Tischkante rammte. Im Viertelfinale folgte schließlich "Chalkgate". O'Sullivan hatte sein Stück Kreide auf den Tisch gelegt und es als Hilfsmittel benutzt - eigentlich ein Foul, der Schiedsrichter ahndete den Regelverstoß jedoch nicht.

Stuart Bingham ließ sich von alldem nicht beeindrucken und deklassierte den wegen seiner rasanten Spielweise als "The Rocket" bekannten O'Sullivan in beeindruckender Manier. Die Rakete O'Sullivan zündete nicht. Schon die erste Session entschied Bingham mit 5:3 für sich, ehe sich O'Sullivan eine 9:8-Führung erkämpfte. Danach gab Bingham keinen Frame mehr ab und sicherte sich das Match nach zwei Tagen und über fünf Stunden Spielzeit.

Bingham: "Die Zeit nagt an ihm"

"Das ist einfach unglaublich", sagte Bingham mit Tränen in den Augen nach dem größten Sieg seiner Karriere und rief erstmal seine Frau an: "Ronnie ist der beste Spieler der Welt, aber der Zahn der Zeit nagt auch an ihm. Man merkte ihm an, dass er mit sich hadert, dass der Schiedsrichter ihn nervt." 2013 waren die beiden schon einmal im WM-Viertelfinale aufeinandergetroffen, damals verlor Bingham noch mit 4:13. Nun steht er erstmals im Halbfinale, und alles scheint möglich.

"Er ist jetzt einer der Topspieler", gab auch O'Sullivan zu und schlug überraschend leise Töne an: "Ich hatte 20 Jahre an der Spitze, irgendwann muss es zu einer Wachablösung kommen. Ich werde jetzt erstmal laufen gehen. Das Leben muss schließlich weiter gehen."