WM: Schwimmer erreichen Tiefpunkt

SID
Franziska Hentke konnte in Budapest die einzige deutsche Medaille gewinnen
© getty

Nur eine Medaille und fünf Finalisten, aber viel Krach: Ein Jahr nach dem Olympia-Debakel von Rio sind die deutschen Schwimmer bei den Weltmeisterschaften in Budapest auf einen neuen historischen Tiefpunkt abgetaucht. Doch der harsch kritisierte Bundestrainer Henning Lambertz sieht sich trotzdem auf dem richtigen Weg. "Die WM macht Mut für die Zukunft", behauptete der 46-Jährige: "Wir sind nach wie vor zu 100 Prozent überzeugt, die richtigen Schritte zu machen."

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Gut elf Monate nach den medaillenlosen Sommerspielen in Brasilien ist der Abstand zur Weltspitze aber noch weiter angewachsen. Die internationalen Stars um die neue Rekordweltmeisterin Katie Ledecky und den Newcomer Calaeb Dressel, der mit seinem historischen Gold-Hattrick am Samstagabend Vergleiche mit Michael Phelps provozierte, begeisterten in der Duna Arena mit neun Weltrekorden an den ersten sieben Wettkampftagen.

Bis auf Vizeweltmeisterin Franziska Hentke und Rekordschwimmerin Aliena Schmidtke, die zwei deutsche Bestmarken an einem Tag aufstellte, waren die Deutschen meist Zuschauer, wenn an den Finalabenden die Weltelite glänzte. Die fünf Endlaufteilnahmen von Budapest - darunter zwei auf nicht-olympischen Strecken - sind nur halb so viele wie bei der bislang schlechtesten WM 2013 in Barcelona, als Marco Koch ebenfalls Silber gewann. Damals stand Lambertz erstmals als Bundestrainer am Beckenrand. In Rio de Janeiro kamen Koch und Co. immerhin auf sieben Starts in Endläufen.

Heintz kritisiert Bundestrainer Lambertz öffentlich

"Die Medaille täuscht nicht darüber hinweg, dass wir als DSV in der Welt seit vielen Jahren keine Rolle mehr spielen", sagte Britta Steffen, Doppel-Olympiasiegerin von 2008, dem SID: "Wir haben einen langen steinigen Weg vor uns."

Die Kritik an Lambertz wächst: Der gescheiterte Gold-Kandidat Philip Heintz attackierte ihn öffentlich. Ein Mitarbeiter des wissenschaftlichen Kooperationspartners IAT warf ihm in einem Brief an die Verbandsspitze, der während der WM publik wurde, fehlende Kompetenz vor. "Das ist der Versuch, mich abzusägen", konterte der Bundestrainer.

Wie weit die Besten mittlerweile entfernt sind, wurde am Schlusstag bei der Lagenstaffel deutlich. Der entthronte Weltmeister Koch verabschiedete sich mit dem deutschen Quartett als Vorlauf-13. - auf einer Strecke, auf der deutsche Schwimmer als Finalstammgäste in der WM-Geschichte neun Medaillen gewannen. "Wir haben alles gegeben", sagte Koch und wiederholte damit, was viele Teamkollegen in den vergangenen Tagen geäußert hatten.

US-Stars Dressel und Ledecky dominieren

Mit bestem Gewissen konnte das der neue Weltstar Dressel behaupten: Der 20-Jährige schrieb mit seinem Dreifach-Triumph an einem Tag WM-Geschichte und übertraf damit sogar Rekord-Olympiasieger Phelps. Gegen die Vergleiche mit dem zurückgetretenen Superstar wehrte er sich aber: "Ich bin nicht Michael, ich habe mir gerade erstmal die Füße nass gemacht im internationalen Schwimmen." Mit seinen sechs WM-Siegen vor dem Schlusstag stahl Dressel sogar der fünfmaligen Olympiasiegerin Ledecky die Show, die ihre WM-Titel zehn bis 14 gewann.

Für die spektakulärsten Bilder in Budapest sorgten Anna Bader und die Klippenspringer. Die 33-Jährige stürzte sich nach ihrer Babypause höchst telegen an der Donau vor dem Parlament aus 20 m in die Tiefe und war vier Jahre nach WM-Bronze auch mit Platz fünf glücklich: "Jede Mutter kennt das, jetzt kommt das Kind an erster Stelle, da verändert sich alles."

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