Biedermann: "Genieße jeden Tag"

SID
Biedermann ist der deutsche Topschwimmer und hofft auf Medaillen
© getty

Das Ende rückt näher, das Ziel kommt in Sicht: Paul Biedermann schwimmt nur noch gut zwölf Monate gegen die Besten der Welt, doch an den Abschluss seiner Karriere in Rio de Janeiro denkt der Weltrekordler noch nicht. "Eigentlich versuche ich mich noch gar nicht damit zu beschäftigen", sagt der 28-Jährige im Gespräch mit dem SID.

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Der 8. August 2016 ist deshalb in seinem Kalender auch nicht rot angestrichen. Der Tag des Finales über 200 m Freistil soll den letzten Höhepunkt in Biedermanns Laufbahn markieren, möglichst die erste olympische Medaille für den Doppel-Weltmeister von 2009.

Aber derzeit ist der deutsche Schwimmstar mit seinen Gedanken ganz woanders: "Ich denke überhaupt noch nicht an Rio, nur an Kasan."

Bei den Weltmeisterschaften in Russland (24. Juli bis 9. August) geht der sechsmalige WM-Medaillengewinner quasi auf die letzte Bahn eines Rennens, das mit dem EM-Sieg 2008 in Eindhoven begonnen hatte. Die verbleibende Zeit als Leistungssportler ist "sehr beschränkt", sagt Biedermann, "momentan genieße ich jeden Tag, den der Sport mir noch bietet".

WM-Edelmetall Nummer sieben nach zweimal Gold und einmal Silber 2009 in Rom sowie dreimal Bronze 2011 in Shanghai hat der letzte noch aktive deutsche Schwimmer, der schon einmal Weltmeister war, im Hinterkopf - darüber reden will er aber nicht.

"Besonders schade"

"Das bestmögliche Ergebnis abzuliefern und damit zufrieden zu sein. Das ist mein ganz persönliches Ziel", sagt der Hallenser, der 2013 bei der WM in Barcelona wegen langer Krankheitspause fehlte und bei der Heim-EM in Berlin im vergangenen Jahr auf seiner Paradestrecke um zwei Hundertstel Gold verpasste.

Dabei sind die Aussichten in Kasan "gar nicht schlecht", wie auch seine Freundin Britta Steffen findet. Biedermann ist mit seinen 1:45,60 Minuten von der DM im April noch immer Weltranglistenerster über 200 m Freistil.

Der französische Titelverteidiger und Olympiasieger Yannick Agnel fehlt aus gesundheitlichen Gründen, was der Weltrekordler "besonders schade" findet. Rekord-Olympiasieger Michael Phelps ist nach seiner Alkoholfahrt suspendiert und der südkoreanische Olympiazweite Park Tae Hwan nach positivem Dopingtest gesperrt.

Als Goldfavorit sieht sich Biedermann dennoch nicht. "Es wäre einfach zu vermessen, so etwas zu sagen. Wir werden ganz starke Australier sehen, außerdem Sun Yang, der jetzt auch auf die 200 Kraul drängt", sagt er mit Blick auf den chinesischen Doppel-Olympiasieger: "Dieser Jahresweltbestzeit messe ich überhaupt nichts bei. Es kommt drauf an, was jetzt geschwommen wird."

B-Lauf nicht als Ziel

Auf seine zweite Weltrekordstrecke 400 m Freistil verzichtet Biedermann zum Ende seiner Karriere. Stattdessen hat er seine Liebe zu den Staffeln entdeckt. Der spektakuläre Berliner EM-Triumph über 4x200 m Freistil hat vor einem Jahr Lust auf mehr geweckt:

"Die Stimmung in der Halle, das Drumherum - das ruft bei mir immer noch Gänsehaut hervor." In Kasan will Biedermann auch in der kurzen Freistilstaffel an den Start gehen - und zum Abschluss über 4x100 m Lagen.

"Man kann noch mal zusätzliche Kräfte mobilisieren, mit dem Team zu schwimmen, ist immer ein bisschen leichter", erklärt er: "Man steht zusammen auf der Startbrücke, vollbringt gemeinsam eine Leistung, und im Erfolgsfall ist das Jubeln noch ein bisschen schöner."

Bronze über 4x200 m hält sein Trainer Frank Embacher für möglich, doch auch er will eigentlich nicht mehr über Medaillen reden. Aber: "Wenn Paul zum internationalen Höhepunkt geht, hat er nicht als Ziel den B-Lauf." Und schon gar nicht auf der letzten Bahn der Karriere.

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