Britta Steffen erklärt ihre Flucht

SID
Britta Steffen war nach enttäuschenden Ergebnis fluchtartig von der Schwimm-WM abgereist
© Getty

Britta Steffen hat nach ihrer überstürzten Abreise aus Shanghai erstmals ihre Gründe genannt. Der DSV sieht Gesprächsbedarf mit ihrem Management und schließt Sanktionen nicht aus.

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Aus der Heimat brachte Britta Steffen ein wenig Licht in ihre nebulöse Flucht, in Shanghai stieß sie damit aber auf wenig Begeisterung. Leistungssportdirektor Lutz Buschkow vom Deutschen Schwimm-Verband sieht großen Gesprächsbedarf mit der Doppel-Olympiasiegerin und ihrem Management und schließt sogar Sanktionen nicht aus.

"Es war nicht so, wie man es sich als Verband vorstellt", urteilte der DSV-Funktionär über die überstürzte Abreise der entthronten Doppel-Weltmeisterin und das mediale Echo.

"Ich habe sportlich den klaren Blick, dass man zu der Mannschaft stehen sollte, auch bis zum Schluss", kritisierte Buschkow die Entscheidung der 27-jährigen Steffen, die Shanghai am Donnerstagabend Hals über Kopf verlassen hatte.

Buschkow: "Hätte bestimmte Sachen anders gemacht"

"Bestimmte Sachen hätte ich anders gemacht als das Management", sagte er, ohne ins Detail zu gehen. Das musste er auch gar nicht, denn längst war allen klar: Steffen hatte die sportliche Führung nach ihrem Verzicht auf alle weiteren WM-Starts mit dem Rückflug noch am selben Abend mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen gestellt. "Mein Umfeld hielt es für die beste Lösung", sagte sie der "Bild am Sonntag".

Ihr Trainer Norbert Warnatzsch habe ihr nach Platz 16 nach den Vorläufen über 100 m Freistil vorgeschlagen, "an dieser Stelle" den Wettkampf abzubrechen. "Die beste Lösung ist, dich in den Flieger zu setzen und nach Hause zu fahren", habe er gesagt. Das Vorgehen sei mit Buschkow und Bundestrainer Dirk Lange abgestimmt gewesen, erklärte sie.

Die Mannschaft, die noch am Donnerstagabend vom Abflug erfuhr, fiel aus allen Wolken. "Es war sicherlich auch für uns überraschend, dass sie abgereist ist", sagte Aktivensprecherin Dorothea Brandt, die ebenfalls das Gespräch mit Steffen suchen will.

Der DSV entschloss sich, die Abreise möglichst lange geheimzuhalten, um seinen Star zu schützen. Dabei spielten sich skurrile Szenen ab, als Buschkow und Lange sich öffentlich widersprachen. Während der Leistungssportdirektor längst die Flucht bestätigt hatte, spielte der Bundestrainer noch den Ahnungslosen.

Sanktionen für Steffen möglich

"Alle Aussagen, die ich getroffen habe, waren richtig", sagte Buschkow am Sonntagmorgen, Lange stand schweigend wenige Meter daneben.

Im Gespräch mit Steffen nach der WM könnte es auch um Sanktionen für die Vorzeigeschwimmerin gehen. Buschkow schloss sie explizit nicht aus. "Es gibt Athletenvereinbarungen, die wir haben", sagte er, als er auf mögliche Sanktionen angesprochen wurde, "an der Stelle gebe ich mir und dem Verband Zeit, das eine oder andere einzuordnen."

Steffen selbst begründete ihren plötzlichen Heimflug zum einen damit, dass sie "niemandem zur Last fallen" wollte. Andererseits sagte sie aber auch: "Sich die 100 und 50 Meter Freistil von der Tribüne aus anzusehen, wäre unerträglich gewesen."

Steffen: "Lagenstaffel war für mich kein Thema"

Vehement wehrte sich die Berlinerin gegen den Vorwurf, sie habe die Staffel im Stich gelassen. "Die Lagen-Staffel war für mich kein Thema. Ich bin laut DSV-Richtlinien auf Grund meiner Leistungen in Shanghai nur als dritte Freistil-Schwimmerin vorgemerkt gewesen", sagte sie: "Daniela Schreiber und Lisa Vitting waren in der Bronzestaffel vom Sonntag besser. Somit habe ich nur auf meine Einzelstarts verzichtet."

Schreiber hatte gesagt, sie könne Steffens Absage zwar verstehen, nannte sie in Bezug auf die Staffel jedoch "egoistisch". Dieser Vorwurf entbehre jeder Grundlage, entgegnete die Doppel-Olympiasiegerin.

Neuer Anlauf für London 2012

Nach dem rätselhaften WM-Untergang in Shanghai, für den sie immer noch keine Erklärung hat, will Steffen für die Olympischen Spiele in London einen neuen Anlauf nehmen.

"Wenn man gefallen ist, steht man auf, wenn man dann wieder fällt, auch. Ich sehe keinen Grund, vorzeitig liegen zu bleiben", sagte sie: "Meine Überzeugung bleibt, dass Niederlagen stärken. Ich habe viel erlebt, es geht immer weiter. Ich brenne noch für diesen Sport und die damit verbundenen Ziele."

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