Boasson Hagen gewinnt vor Nikias Arndt

SID
Nikias Arndt konnte sich bei der 19. Etappe den Sieg nicht sichern
© getty

Nikias Arndt stützte sich entkräftet auf sein Rad und verlangte keuchend nach einer Erfrischung. Auf der großen Bühne der Tour de France war der deutsche Radprofi für einen Tag aus der zweiten Reihe ins Rampenlicht gefahren - doch die Hauptrolle stahl ihm in der Gluthitze von Salon-de-Provence der abgebrühte Norweger Edvald Boasson Hagen.

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"Ich bin jetzt gerade ziemlich enttäuscht. Wenn ich in eine Gruppe gehe, dann nicht, um Zweiter zu werden", sagte Arndt schweißgebadet über die undankbare Platzierung auf der 19. Tour-Etappe: "Ich hatte den Sieg vor Augen, das war mein Ziel."

Der Erfüllung seines großen Traums, einen Etappensieg bei der Frankreich-Rundfahrt zu feiern, war er zuvor nie so nah gekommen. Fünf Sekunden und die schlechteren Beine trennten den 25-Jährigen nach 222,5 km von Tagessieger Boasson Hagen. Der Norweger, wie Arndt Teil einer Fluchtgruppe, hatte den Deutschen auf den drei Schlusskilometern der längsten Tour-Etappe als letzten verbliebenen Rivalen abgehängt.

"Ich war nicht stark genug, um die Lücke wieder zu schließen. Edvald hatte einen guten Punch, das war beeindruckend. Er hat verdient gewonnen", sagte Arndt.

Nikias Arndt ist der Edelhelfer von Sprinter Matthews

Der gebürtige Niedersachse hatte alles versucht, sich letztlich aber eine seltene Möglichkeit entgehen lassen. Beim deutschen Team Sunweb stellt er seine Widerstandsfähigkeit und Sprintstärke für gewöhnlich in den Dienst des Australiers Michael Matthews. Zu zwei Tagessiegen verhalf Arndt seinem Kapitän bisher, sofern Matthews gesund bleibt, wird er am Sonntag beim Tour-Finale in Paris zudem das Grüne Trikot tragen - auch dank Arndt.

Die ihm gebotene Möglichkeit, den Sprung in die Fluchtgruppe zu wagen und selbst um den Sieg zu kämpfen, war die Belohnung für die wertvolle und unermüdliche Arbeit. Das überragende Abschneiden seiner Mannschaft, die bei der Tour 2017 auch den Gewinner des Bergtrikots stellen wird (Warren Barguil/Frankreich), diente als Trost.

"Wir haben vier Etappensiege und zwei Trikots. Die Stimmung ist super. Es war schön, dass ich meine Chance bekommen habe. Ich kann stolz auf meine Leistung sein", sagte Arndt.

Christopher Froome bleibt weiter in Gelb

Stolz auf einen weiteren, wenn auch unspektakulären Tag im Gelben Trikot war Titelverteidiger Christopher Froome. Der Brite, der das Ziel mit über zwölf Minuten Rückstand mit dem Hauptfeld erreichte, muss nur noch das Einzelzeitfahren mit Start und Ankunft im Fußballstadion von Marseille am Samstag überstehen und am Sonntag das Ziel in Paris erreichen, um zum vierten Mal die Frankreich-Rundfahrt zu gewinnen.

Die Etappe nahm zunächst ihren erwarteten Verlauf. Bereits kurz nach dem Start setzte sich die Ausreißergruppe um Arndt vom Peloton ab. Der Vorsprung wuchs und blieb stabil, letztlich auch, weil das Team Sky um Titelverteidiger Froome an der Spitze das Tempo bestimmte und am Scheitern der Flucht kein Interesse zeigte.

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Während Froome-Helfer Christian Knees (Bonn) im Feld viel Zeit im Wind verbrachte, machten die Ausreißer die Entscheidung unter sich aus. Am Col du Pointu (3. Kategorie), der letzten Bergwertung dieser Frankreich-Rundfahrt, verpufften noch sämtliche Attacken.

Arndt bis kurz vor Schluss aufmerksam

Bei einer vorentscheidenden Tempoverschärfung 15 km vor dem Ziel teilte sich die Gruppe, Arndt agierte dabei aufmerksam und blieb an der Spitze. Es folgte ein Ausscheidungsfahren, Angriffe fast im Sekundentakt zermürbten jeden der nur noch neun verbliebenen Fahrer. Der entscheidende Nadelstich gelang Boasson Hagen, auf der 7. Etappe noch um sechs Millimeter von Marcel Kittel geschlagen, nach einem Kreisverkehr. Arndt rollte letztlich kopfschüttelnd über den Zielstrich.

Am Samstag fällt auf der 20. und vorletzten Etappe die Entscheidung im Gesamtklassement. Während sich Froome und seine Verfolger über 22,5 km ein Fernduell um das Gelbe Trikot liefern, will sich Weltmeister Tony Martin mit einem guten Ergebnis für seine Tour der Leiden entschädigen. "Ich bin kampfesbereit", sagte der Katjuscha-Profi.

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