Froome und die Ritter der Tafelrunde

Von Oliver Mehring
Auch dank seiner Teamkollegen konnte sich Froome zum zweiten Mal mit dem Gelb krönen
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Flops

Die Fans an der Strecke: Chris Froome ist sicherlich nicht der beliebteste Sieger der großen Schleife. Dennoch ist das Verhalten, das viele Zuschauer an den Tag legten, absolut respektlos und schadet dem ohnehin angeschlagenen Ruf dieser Sportart. Der Brite und sein Sky-Team mussten einen Spießrutenlauf über sich ergehen lassen. Froome wurde mit Urin beschüttet und angespuckt, sein Kollege Richie Porte wurde in die Rippen geboxt und der Teamwagen mit vollen Getränke-Dosen beworfen.

Dazu verirrten sich regelmäßig Fans auf der Strecke, begrabschten die Fahrer und störten den Ablauf. Alleine ein Blick auf die letzte Etappe genügt: Dort umging ein Zuschauer die Absperrung und stellte sich mit ausgestreckten Armen in einen Umhang gekleidet mitten auf die Champs-Elysees.

Contador will zu viel: Mit großen Ambitionen gestartet, wollte sich Alberto Contador an einem Double aus Giro und Tour versuchen, aber der Spanier kam in Frankreich nie so wirklich ins Rollen. Besonders in den Bergen und in den Temposprints zeigte sich seine Unterlegenheit gegenüber der führenden Konkurrenz. "Es ist vielleicht nicht unmöglich, aber es ist kompliziert, sich auf beide Rennen vorzubereiten", gestand er und fügte fast entschuldigend an: "Ich hatte auch keine Erfahrung darin, das Double anzupeilen. Aber ich habe immer gesagt, dass ich es lieber versuchen will als nachher zu bereuen, dass ich es nie versucht habe." Immerhin ließen die Pläne von Contador durchklingen, dass sich der Spanier für 2016 etwas niedrigere Ziele setzen möchte. "Contador hat gesehen, dass es eine große Herausforderung ist, zwei Grand Tours hintereinander auf Sieg zu fahren", erklärte auch Tour-Champions Froome.

Nibali stürzt ab: Im vergangenen Jahr war Nibali schon fast entspannt durch Frankreich geradelt. Mehr als acht Minuten betrug sein Vorsprung damals, nachdem seine beiden Hauptrivalen Contador und Froome durch Stürze früh aus dem Rennen waren. "Ich wusste, dass es diesmal eine schwierigere Tour werden würde mit so vielen großen Mitspielern", sagte Nibali in La Toussuire. Aber dass es so schwierig werden würde, das hatte er nicht geahnt.

Nibali rackerte ordentlich, verlor aber immer wieder Zeit. Schlussendlich kam noch die Posse um seinen Angriff am Col de Croix Fer hinzu. Die Attacke erfolgte genau in jenem Moment, als Froome wegen eines Defekts kurz anhalten musste und dem Italiener somit den einzigen Etappensieg bescherte.

Astana pfeift auf sauberen Radsport: Schon vor der Tour sorgte die kasachische Skandalmannschaft für den ersten Aufreger. Bei Lars Boom war ein zu niedriger Cortisol-Wert gemessen worden. Trotz großer Kritik und der Erinnerung an die Bemühungen für einen sauberen Radsport ließ Astana den Niederländer starten. Wie Nibali enttäuschte das gesamte Team weitestgehend. Einziger Lichtblick war der Däne Jakob Fuglsang, der aber auf der 18. Etappe mit einem unvorsichtigem Motorradfahrer kollidierte und so um einen möglichen Etappensieg gebracht wurde..

Sepulveda lässt sich fahren: Das Team Bretagne Seche musste ab der 14. Etappe auf seinen Kapitän verzichten. Der Argentinier verstieß gegen das Reglement, als er nach einem Kettenriss im Teamfahrzeug von Ag2r eine Strecke von 100 Metern zurücklegte, um schneller zu seinem Betreuer zu gelangen. Teamchef Emmanuel Hubert war anschließend sichtlich bedient: "Anstatt zu Fuß zu gehen, ist er bei Ag2r mitgefahren. Mehr gibt es nicht zu sagen. Das Reglement sieht dann einen Ausschluss vor." Der gute Mann hat aber sicherlich noch die Möglichkeit, um aus seinem Fehler zu lernen. Mit 24 Jahren ist es dafür auf alle Fälle noch nicht zu spät.

Schüsse bei der Tour: Dramatische Szenen spielten sich kurz vor dem triumphalen Einzug der Pedalgladiatoren in Paris ab. Am frühen Morgen war ein Auto im Begriff, die Absperrung der Tour-Strecke zu durchbrechen, wonach die Polizei das Feuer auf das Fahrzeug eröffnete. Nach Zeugenaussagen soll der Fahrer des Autos in einen Unfall verwickelt gewesen sein und dann versucht haben, durch die Absperrung zu fahren. Gerade mit Rückblick auf die Anschläge in Paris im Januar warf diese Meldung kurz vor Ende dieser schönen Tour einen dunklen Schatten über den Zieleinlauf.

Paolini auf Droge: Nach wie vor ist Doping ein großes Thema im Radsport und wurde bei der Frankreich-Rundfahrt immer wieder durch Anschuldigungen von Ehemaligen (Lance Armstrong) oder Experten (Lauren Jalabert) gegen Tour-Sieger Chris Froome in den Mittelpunkt gerückt. Für die einzige positive Dopingkontrolle bei der 102. Tour. sorgte schließlich jemand ganz anderes. Der 38-jährige Italiener Luca Polini wurde nicht etwa mit einem hochtechnisierten Dopingmittel erwischt, sondern positiv auf die Partydroge Kokain getestet, welche noch tagelang nachweisbar ist und sicherlich nicht dafür genutzt wurde, um im Sattel eine bessere Figur abzugeben...

Tops: Sky, die Deutschen und Ivan Bassos Schutzengel

Flops: Die Fans an der Strecke, Vincenzo Niabali und Paolini auf Droge

Die Gesamtwertung der Tour de France 2015

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