Zabel erteilt Greipel den Ritterschlag

SID
Andre Greipel holte den zweiten Tour-Etappensieg hintereinander
© spox

Als Andre Greipel nach einem der längsten Sprints seiner Karriere völlig ausgepumpt, aber überglücklich auf seinem Lenker hing, hatte sein großer Vorgänger Erik Zabel ihm schon verbal den Ritterschlag erteilt. "Andre ist klasse, ein richtig Guter. Er ist unwahrscheinlich gereift und hat nach dem Weggang von Gilbert die alleinige Herrschaft im Lotto-Team übernommen. Er ist an der Herausforderung gewachsen."

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So lobte der frühere Telekom-Star seinen einstigen Zögling, der bei der fünften Etappe 99. Tour de France über 196,5 Kilometer von Rouen nach Saint-Quentin mit aller Urgewalt zu seinem zweiten Etappensieg in Folge gesprintet war.

Drei Kilometer vor dem Ziel schien Greipel bereits aussichtslos ins Hintertreffen geraten zu sein, nachdem Youngster Peter Sagan und weitere Fahrer vor ihm zu Fall gekommen war.

Doch sein Team brachte den WM-Dritten wieder nach vorne, ehe er schließlich wie am Vortag seinen Gegnern nicht den Hauch einer Chance ließ. Und diesmal war der Sieg noch wertvoller, als der am Mittwoch in Rouen. Schließlich hatte sich auch sein großer Rivale Mark Cavendish am Hinterrad von Greipel als Fünfter die Zähne ausgebissen.

"Wir können auch Cavendish schlagen"

"Wir haben gezeigt, dass wir auch gewinnen können, wenn Cavendish dabei ist. Ich weiß nicht, warum jeder denkt, ich könnte ihn nicht schlagen", sagte Greipel, der den Australier Matthew Goss und den Argentinier Juan Jose Haedo auf die Plätze verwiesen hatte, und sprach von "einem der härtesten Sprints" seiner Karriere. "Drei Kilometer vor dem Ziel war ich noch hinter dem Sturz, aber meine Jungs haben mich wieder nach vorn gebracht. Ich hatte wieder die beste Mannschaft hinter mir."

Und genau dieser Zug scheint in diesen Tagen, wo die Berge bei der Tour de France noch nicht in Sichtweite sind, den Unterschied auszumachen. Denn Cavendish, der in den vergangenen Jahren bei HTC-Columbia regelmäßig auf das Siegerpodest getragen worden war, ist bei seinem neuen Team Sky meist nur als Einzelkämpfer unterwegs.

"Cavendish und Greipel sind die stärksten Sprinter des Feldes. Für Cavendish ist es schade, dass er nicht die Unterstützung bekommt, die er als Weltmeister verdient", ergänzte Zabel, der in den vergangenen Jahren noch mit "King Cav" gearbeitet hatte.

Greipel und seinen Helfern wird es egal sein. Für den Rostocker war es nun bereits der dritte Tour-Etappensieg seiner Karriere, im Vorjahr hatte er die Sprintankunft in Carmaux gewonnen. "Wir haben jetzt schon mehr, als wir wollten", sagte Greipels bester Freund Marcel Sieberg.

Das Grüne Trikot sei aber weiterhin kein Thema, wenngleich Greipel auch in der Punktwertung nach dem Sturz von Sagan einen großen Sprung machte. Mit 132 Zählern liegt er als Dritter nur noch 23 Zähler hinter dem jungen Slowaken, der auch schon zwei Etappen gewonnen hatte.

Cancellara weiter in Gelb

Im Gesamtklassement geht es dagegen weniger spektakulär zu. Prologsieger Fabian Cancellara verteidigte zum fünften Mal in Folge sein Gelbes Trikot und eroberte damit schon zum 27. Mal in seiner Karriere das "Maillot jaune", womit er einen kleinen Rekord aufstellte. So oft wie Cancellara hatte noch nie ein Fahrer das begehrte Trikot getragen, ohne die Tour auch nur einmal gewonnen zu haben.

Von derartigen Zielen ist Marcel Kittel noch weit entfernt. Am Donnerstag war für den Debütanten die "Tour der Leiden" vorbei. Der Sprinter gab nach 39 Kilometern auf. Neben seinem Magen-Darm-Virus, der Kittel seit der ersten Etappe geschwächt hatte, bereiteten dem 24-Jährigen zusätzlich Schmerzen im linken Knie Probleme. "Ich bin niedergeschlagen, enttäuscht und traurig. Es tut mir vor allem für das Team leid", sagte Kittel nach seinem Ausstieg.

Daran verschwendet Tony Martin noch keinen Gedanken. Der Zeitfahr-Weltmeister ist mit seiner Nummer 196 weiter stets am Ende des Feldes aufzufinden. Nach seinem am Sonntag erlittenen Kahnbeinbruch quält sich Martin mit einer Spezialmanschette über die Runden.

Vierköpfige Ausreißergruppe bestimmt lange das Geschehen

So wird Martin das tägliche Spielchen mit dem Ausreißversuch einer kleinen Gruppe mitbekommen haben. Die beiden Franzosen Matthieu Ladagnous und Julien Simon sowie der Spanier Pablo Urtasun und der Belgier Jan Ghyselinck ergriffen kurz nach dem Start die Flucht und fuhren mehr als 190 Kilometer an der Spitze des Feldes. Doch auch ein zwischenzeitlicher Vorsprung von mehr als fünf Minuten reichte nicht aus.

Unterdessen sorgte am Rande die Causa Lance Armstrong für Aufregung. Wie die niederländische Tageszeitung "De Telegraaf" am Donnerstag berichtete, haben offenbar Armstrongs frühere Teamkollegen George Hincapie, Levi Leipheimer, Christian Vande Velde und David Zabriskie in einem Geständnis gegen den allmächtigen Texaner ausgesagt und dafür mildernde Umstände in Form einer sechsmonatigen Sperre zum Ende der Saison erhalten.

Auch der heutige Garmin-Teamchef Jonathan Vaughters, der wie die vier Fahrer aktuell bei der Frankreich-Rundfahrt im Einsatz ist, soll Armstrong belastet haben. Die vier Fahrer wollten sich genauso wenig wie das Team Garmin dazu konkret äußern.

Auch am Freitag stehen die Chancen für die schnellsten Männer des Feldes auf einen Massensprint nicht schlecht. Wenn die Tour nach dem Start in Epernay zum 40. Mal in ihrer Geschichte Metz ansteuert, ist auf dem Weg über 207,5 Kilometer nur eine Bergwertung der vierten Kategorie zu bewältigen.

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