Gelb, Grün, Rot sind alle meine Kleider

Von Stefan Petri
Die Gewinner 2011: Pierre Rolland, Samuel Sanchez, Mark Cavendish und Cadel Evans (v.l.n.r.)
© Getty
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Gepunktetes Trikot: Der beste Kletterer

Auch hier schnell zum Mitschreiben: Bei Anstiegen der 4. Kategorie bekommt nur der Erste einen Punkt, bei der 3. Kategorie der Erste zwei und der Zweite einen. Die zweite Kategorie bringt fünf, die erste 10 Punkte ein, die "hors categorie" 20 Zähler für den glücklichen Sieger. Verdoppelt wird das Ganze bei den Bergankünften, derer es insgesamt drei gibt. Welche Fahrer muss man zu den Favoriten auf das weiße Trikot mit den hübschen roten Punkten zählen?

Samuel Sanchez (34, ESP / Euskaltel): Der Titelverteidiger

Der Tour-Sechste des vergangenen Jahres gewann gleichzeitig auch das Berg-Trikot - und ist dieses Jahr Favorit darauf, es zu verteidigen. Wie schon erwähnt, wird Samuel Sanchez auch Ambitionen auf das Gesamtklassement haben, kurioserweise verringern sich seine Chancen auf das Polka-Jersey, wenn er dort gut mithält. Da wir ihm in dieser Hinsicht aber keine großen Chancen einräumen, führt die Bergwertung nur über ihn.

Für Sanchez sprechen seine Sprint-Fähigkeiten, die im Kampf um Punkte äußerst wertvoll sein werden, und sein Ruf als einer der weltbesten Abfahrer, denn wer schnell vom Berg runterkommt, der kommt auch schneller wieder hinauf. Der Olympiasieger von 2008 - mal ehrlich, wer konnte sich daran noch erinnern? - könnte ein zweiter Richard Virenque werden, was die Berge angeht: Nicht gut genug für ganz oben, aber für die Bergwertung reicht es.

SPOX-Prognose: Der Fliegenpilz geht an Samuel Sanchez. In der Gesamtwertung wird er zu früh abgeschlagen sein und sich dann auf seine Wertung konzentrieren. Wenn er das macht, ist er eindeutig der stärkste Mann im Feld. Die größte Konkurrenz könnte mit Egoi Martinez (34) aus dem eigenen Team kommen.

Gesink, Nibali, Schleck,...: Der abgeschlagene Gelb-Anwärter

Für die oben genannten Namen gilt das, was eben auch für Sanchez gilt: Eigentlich ist ja das Maillot Jaune das Maß aller Dinge. Aber man stelle sich nun vor, dass für Vicenzo Nibalo oder Fränk Schleck dieser Zug schon nach dem ersten Zeitfahren, nun ja, abgefahren ist. Es ist ihnen durchaus zuzutrauen, dann über das Gepunktete Trikot in Erscheinung treten zu wollen. Quasi als Trostpreis.

Das würde Samuel Sanchez natürlich gar nicht schmecken. Aber sollte er wider Erwarten länger an Evans und Wiggins dranbleiben, könnte es sein, dass er einen der Ex-Favoriten auf eine lange Solo-Fahrt ziehen lassen muss, auf der dieser dann ordentlich Punkte scheffelt. Und wenn sich ein Fränk Schleck möglicherweise schon sehr früh auf die Bergwertung konzentriert, ist er gegen Sanchez alles andere als chancenlos.

SPOX-Prognose: Fränk Schleck wird am Ende unter den Top 3 der Bergwertung landen. Der Unterschied zwischen ihm und Samuel Sanchez wird aber sein, dass diesem als reinem Bergfahrer das Trikot schlicht und ergreifend ein kleines bisschen wichtiger ist.

Voeckler, Rolland, Roy: Der übliche Franzose

Unseren Nachbarn schmeckt das zwar absolut nicht, aber: Im Gesamtklassement spielen sie bereits seit Jahrzehnten regelmäßig die zweite Geige (sieht man mal von Thomas Voeckler ab, der sich durch Ausreißergruppen das eine oder andere Mal prominent platzieren konnte). Im Sprint sehen sie gegenüber Cavendish und Co. auch nur deren wohlgeformte Waden, während sie im Peloton über den Zielstrich kullern. Was bleibt da übrig: Das Bergtrikot.

Auch dieses Jahr wird es wieder einer aus der Grande Nation schaffen und dank einer frühen Ausreißerfahrt einige Tage in rot-weiß fahren dürfen. Vielleicht Pierre Rolland (Europcar), der im letzten Jahr hinauf nach Alpe d'Huez gewinnen konnte. Vielleicht Jeremy Roy (FDJ), der kämpferischste Fahrer des letzten Jahres, der das Trikot immerhin einmal überstreifen konnte. Oder natürlich der unzerstörbare Thomas Voeckler (Europcar), der Ausreißer schlechthin.

SPOX-Prognose: Die Franzosen werden ihren Fans wieder etwas bieten wollen und deshalb mit Solo-Fahrten punkten. Einer wird am Anfang ins Gepunktete schlüpfen, es aber nicht bis Paris verteidigen können. Gegen sie spricht: Der Nationalfeiertag (14. Juli), traditionell ein Termin für Ausreißer, ist diesmal eine Flachetappe.

Alexander Winokurow (38, KAZ / Astana): Der Beißer

Wir geben es zu: Mit 38 ist Winokurow nicht mehr der Mann, der 2005 auf den Champs-Elysees der Sprint-Elite die Hacken zeigte und sensationell gewann. Nach seinem schweren Sturz im letzten Jahr bei der Tour war er eigentlich schon zurückgetreten, kam dann aber noch einmal zurück. Mit der Gesamtwertung wird er nichts mehr zu tun haben, also warum dann nicht auf die alten Tage noch einmal die Welt schocken und das Bergtrikot gewinnen?

"Wino" ist gerade verrückt genug, um so etwas zu versuchen, oder? Er war immer ein sehr guter Fahrer am Berg und ein sehr guter Ausreißer, der sich im Kampf gegen das Peloton unheimlich quälen konnte. Wenn er zur einen oder anderen, von den Favoriten belächelten Attacke ansetzt und so wie ein fleißiges Bienchen Zähler und Zähler auf der Habenseite verbucht... wer weiß?

SPOX-Prognose: Die Bergwertung für Winokurow wäre eine mindestens so große Überraschung wie ein Erfolg in Paris gegen die besten Sprinter der Welt. Um es in den Worten von Jim Carrey aus "Dumm und Dümmer" zu formulieren: Es gibt also noch eine Chance!

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