Wer schlägt Alberto Contador?

Von Torsten Adams
Der Zweikampf der nächsten Jahre? Andy Schleck (li.) gegen Alberto Contador
© Getty

Nach seinem dritten Platz bei seinem Comeback 2009 will Lance Armstrong in diesem Jahr noch einmal den großen Wurf landen und die Tour de France zum achten Mal gewinnen. Doch hat der 38-Jährige eine realistische Chance auf den Sieg? Oder gibt es wie im letzten Jahr kein Vorbeikommen an Titelverteidiger Alberto Contador?

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Im Favoriten-Ranking nimmt SPOX die aussichtsreichsten Klassementfahrer unter die Lupe und checkt ihre Fähigkeiten:

Alberto Contador (27, ESP / Astana): Der Überflieger

Kletterstärke: Ein Contador in Normalform ist im Hochgebirge nicht zu bezwingen. Das mussten seine Rivalen schon bei der Tour 2009 erfahren. Gewann in den vergangenen Jahren alle großen Rundfahrten, bei denen er startete. Der Mann, den es zu schlagen gilt.

Zeitfahrstärke: In keinem anderen Bereich drehte der Madrilene derart an den Stellschrauben wie im Zeitfahren. Lässt mittlerweile trotz seines geringen Gewichts auch die Spezialisten hinter sich - wie beim abschließenden Chrono der letztjährigen Tour, als er Weltmeister Cancellara auf Rang zwei verwies.

Qualität des Teams: Der vielleicht einzige sportliche Makel von Contador. Hat von den Topfavoriten das schwächste Team an seiner Seite. Zudem mit Winokurow einen Mann als stärksten Helfer, der gerne mal auf eigene Kappe losprescht, statt seinen Kapitän zu unterstützen. Aber: Ist wieder uneingeschränkter Kapitän. Anders als 2009, als ihm die Fehde mit Armstrong doch arg an die Psyche ging.

 

Andy Schleck (25, LUX / Saxo Bank): Der Herausforderer

Kletterstärke: Kann Contador in den steilen Rampen am ehesten in Bedrängnis bringen. Versucht es in Anstiegen häufig mit Angriffen und Tempowechseln. Sagt selbst, dass Contador am Berg nicht besser sei als er und sein Bruder Fränk. Belegte voriges Jahr Platz zwei mit 4:11 Minuten Rückstand auf den Spanier.

Zeitfahrstärke: Sein großes Manko. Verliert im Vergleich zu den Konkurrenten um den Toursieg zuviel an Boden. Muss deshalb mit einem satten Vorsprung aus den Pyrenäen-Etappen kommen, sonst wird es wieder nichts mit dem Toursieg. Denn im langen Zeitfahren auf der vorletzten Etappe (52 km) wird er ordentlich Zeit fressen.

Qualität des Teams: Zugmaschine Cancellara und Oldie Voigt stehen für Tour-Erfahrung pur. Dazu hat Schleck in seinem Bruder den wohl stärksten Helfer aller Tourfavoriten im Rücken. Die beiden unterstützen sich gegenseitig bis zum bitteren Ende und können mit ihren abwechselnden Attacken die Gegner zermürben.

Giant Rennrad TCR Composite 3.0 - Jetzt bei fahrrad.de bestellen!

Ivan Basso (32, ITA / Liquigas): Der Giro-Sieger

Kletterstärke: Wurde bei seinem letzten Tour-Auftritt (2005) Zweiter hinter Armstrong und vor Ullrich. Kehrt nach seiner Dopingsperre nach Frankreich zurück. Und das als frischgebackener Sieger des Giro d'Italia, dessen Bergetappen sich mal wieder ordentlich gewaschen hatten. Kann seine Form problemlos über drei Wochen konservieren.

Zeitfahrstärke: Mittelmäßig. Braucht einen guten Tag, um nicht allzu viel Zeit von seinen Kontrahenten eingeschenkt zu bekommen. Die große Frage ist aber: Hat Basso nach dem dreiwöchigen Giro noch die Kraft für die Qualen der Tour?

Qualität des Teams: Auch ohne Pellizotti (Gewinner des Bergtrikots der Tour 2009), der wegen zu hohen Blutwerten auffiel, bringen die Italiener eine starke Rundfahrttruppe an den Start. Mit Kreuziger steht ein Fahrer zur Verfügung, der bedenkenlos für Basso in die Bresche springen kann, falls dieser schwächelt.

 

Lance Armstrong (38, USA / RadioShack): Der Altmeister

Kletterstärke: Der einstige "Tourminator" ist mittlerweile 38. Das spricht gegen ihn. Verfügt nicht mehr über die Spritzigkeit vergangener Tage und wird im Hochgebirge Probleme bekommen. Sein Ehrgeiz wird den Abstand zur jungen Garde allerdings in Grenzen halten.

Zeitfahrstärke: Seine einstige Paradedisziplin. Offenbarte im Frühjahr ungeahnte Zeitfahr-Schwächen. Kam erst Anfang Juni in Tritt und beendete das Chrono der Tour de Suisse als Elfter. Verfügt jedoch über eine außerordentliche Routine und kann seinen Schweinehund überwinden wie kein Zweiter.

Qualität des Teams: Hat sich das aktuell beste Rundfahrtteam der Welt zusammengekauft. Mit Leipheimer, Klöden, Horner und Brajkovic hat er gleich vier Edelhelfer an seiner Seite, die alle in die Top 10 fahren könnten - wenn sie denn ihre eigenen Ambitionen nicht hinten anstellen würden. Zusätzlicher positiver Effekt: Schwächte Contadors Team erheblich, da er zu den besagten vier Fahrern auch noch Popowitsch zu RadioShack lotste.

 

Bradley Wiggins (30, GBR / Sky): Der Spätzünder

Kletterstärke: War die Entdeckung der Tour 2009. Landete als eigentlicher Bahnspezialist plötzlich auf Rang vier in Paris. Begründete seine Wandlung zum Rundfahrer mit Bergqualitäten mit speziellem Training und Ernährungsumstellung, die zur Gewichtsreduktion führte. Kommt als unangefochtener Sky-Boss zum Start nach Rotterdam.

Zeitfahrstärke: Bärenstark im Kampf gegen die Uhr. Jüngst unter Beweis gestellt bei seinem siebten Rang im Giro-Einzelzeitfahren. Das kurze Zeitfahren der ersten Etappe gewann er sogar. Ist einer der großen Favoriten für den Tour-Prolog in Rotterdam und könnte schon auf der zweiten Etappe das Maillot Jaune tragen.

Qualität des Teams: Trotz seiner Tour-Premiere ist das neu formierte Team Sky namhaft besetzt. Flecha und Boasson Hagen werden "Wiggo" durch die gefährliche Kopfsteinpflaster-Etappe geleiten. Mit Michael Barry verfügt das Team über einen alten Haudegen, der weiß, wie man seinen Captain unbescholten durch das Gedränge des Pelotons navigiert.

 

Cadel Evans (33, AUS / BMC): Der Kämpfer

Kletterstärke: Der Mann ist nicht kleinzukriegen. Startet nach der verkorksten Tour 2009 (30.) einen erneuten Angriff auf das Podium. Tankte durch den Weltmeister-Titel und den Sieg bei Fleche Wallone ordentlich Selbstbewusstsein. Gilt als zäher Kämpfer am Berg, der sich selten aus der Ruhe bringen lässt. Wird aber die Bergziegen an steilen Rampen ziehen lassen müssen.

Zeitfahrstärke: Seit jeher unter den Besten, wenn es alleine gegen die Uhr geht. Trotz miserabler Zeitfahr-Position schafft er es immer wieder, einen der vorderen Plätze zu belegen.

Qualität des Teams: Wechselte von Silence-Lotto zu BMC und hat sich dadurch hinsichtlich der mannschaftlichen Unterstützung verbessert. Hincapie fungierte seinerzeit schon als Armstrongs Leutnant bei dessen Toursiegen. Mit Burghardt und Morabito hat er zwei Überflieger der Tour de Suisse in seinen Reihen.

Acht Sklaven für Lance Armstrong