"Es gibt verschiedene Kapitänsansichten"

SID
Lance Armstrong schielt auf das Gelbe Trikot und übt sich in psychologischer Kriegsführung
© Getty

Der Amerikaner ist selbstbewusst und schielt auf Gelb. Am Freitag müsse man reden. Evans und Mentschow hat er schon abgeschrieben und auch Contador kassiert einen Seitenhieb.

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Die Konkurrenz beeindruckt, die Experten verblüfft und Rivale Alberto Contador genervt: Der Showmaster ist zurück und die "Tour de Lance" rollt wie in alten Zeiten über die Landstraßen Frankreichs.

Was beim Start in Monaco noch unmöglich erschien, wird immer mehr zur Realität. Lance Armstrong ist wieder der "Patron der Tour", wie es die französische Zeitung L'Equipe beschreibt, und er greift mit all seiner Besessenheit nach dem Gelben Trikot.

Armstrong schielt auf Gelb

Seit dem Mannschaftszeitfahren vom Dienstag trennt den Texaner nur die Winzigkeit von 22 Hundertstelsekunden noch von der vorläufigen Krönung seines Comebacks.

"Vor dem Teamzeitfahren habe ich zu Contador gesagt: Alberto, wir können heute gewinnen, aber wir brauchen ein perfektes Rennen. Ich war mir sicher, dass die Tour heute für einige vorbei sein wird. Und so war es."

Dass Armstrong die Machtübernahme nach dem vom Astana-Team souverän gewonnenen Mannschaftszeitfahren verpasste, war nur ein kleiner Schönheitsfehler. "Vielleicht ist in den nächsten Tagen noch ein Gelbes Trikot für mich übrig", sagt der 37-Jährige.

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Armstrong: "Am Freitag müssen wir reden"

Ganz so einfach, wie er es sich vorgestellt hat, wird es für den Rekord-Toursieger nach eigener Ansicht aber nicht: "Vor zwölf Monaten war ich der Meinung, dass es einfach sein wird, wieder vorne mitzufahren. Vor sechs Monaten dachte ich: 'Oh Shit'. Und heute bin ich realistisch. Es wird nicht so einfach wie 2001, 2004 oder 2005. Es wird noch ein harter Weg."

Zur Debatte um das Kapitänsamt im kasachischen Team hat Armstrong seine ganz eigene Ansicht: "Es gibt zwei verschiedene Kapitänsansichten. Erstens: der stärkste Fahrer. Zweitens: der Erfahrenste, derjenige, dem die Teamkollegen am meisten vertrauen. Und der bin ich", sagte er gegenüber der italienischen Gazzetta dello Sport.

Dass die Teamführung Contador (noch) als Kapitän bestätigt, interessiert Armstrong herzlich wenig. "Am Freitag entsteht eine neue Situation. Dann müssen wir reden", sagt er mit Blick auf die Bergetappe nach Andorra-Arcalis, wo einst Jan Ullrich den Grundstein für seinen Toursieg legte.

Bruyneel: "Ich alleine entscheide"

Die Ausgangslage entbehrt nicht einer gewissen Brisanz. Der Schweizer Zeitfahr-Olympiasieger Fabian Cancellara wird sich spätestens in den Pyrenäen von der Gesamtführung verabschieden müssen.

Bleibt die Frage, ob Contador attackieren darf, wenn Armstrong in Gelb fährt. "Lance ist auf einem unglaublich hohen Niveau zurückgekommen. Er und Alberto sind die zwei großen Favoriten", sagte Astana-Teamchef Johann Bruyneel und stellt klar: "Es gibt Trümpfe und Bauern. Ich allein entscheide über die Taktik. Ich bin der Anführer."

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Armstrong: "Die Tour ist für einige schon beendet"

Wie sehr der Rummel um Armstrong seinen Rivalen Contador nervt, wurde auf dem Podium in Montpellier deutlich.

Gequält lächelnd suchte der Spanier schnell das Weite. Der 26 Jahre alte Toursieger von 2007 will vor heimischem Publikum in Andorra die Antwort geben. "Die Tour wird in den Bergen entschieden. Viele meiner größten Rivalen haben schon viel Zeit verloren. Sie müssen attackieren", sagt Contador.

Zumindest in diesem Punkt sind die beiden Astana-Fahrer mal einer Meinung. "Ich denke, für einige Fahrer ist die Tour bereits beendet. Das soll nicht respektlos klingen. Es wird aber schwierig sein, diese Zeiten wieder aufzuholen", sagte Armstrong mit Blick auf Titelverteidiger Carlos Sastre (2:44 Minuten zurück), den Vorjahreszweiten Cadel Evans (2:59) und Giro-Sieger Dennis Mentschow (3:52).

Riis skeptisch - Aldag beeindruckt

Die Experten rätseln derweil über die Chancen von Armstrong auf den Toursieg. Armstrongs Dauerkritiker Bernard Hinault rückt nicht von seiner Meinung ab: "Ich glaube nicht, dass er die Tour gewinnt. Mit Attacken in den Bergen hat er Schwierigkeiten."

Auch Bjarne Riis glaubt nicht, "dass er zu den Stärksten in den Bergen gehört". Dagegen ist Rolf Aldag schon beeindruckt: "Er ist mental so stark wie immer, und er hat immer noch seinen Renninstinkt."

So blickt die Tour gespannt auf den ersten Schlagabtausch in den Bergen. "Schreibt eure Geschichte nicht zu Ende, bevor wir nicht auf dem Mont Ventoux waren", prophezeit Armstrong. Der Riese der Provence steht am vorletzten Tag auf dem Programm und wird die Tour 2009 endgültig entscheiden.

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