Gämse, Gepard oder doch ein Fisch?

Von Torsten Adams
Schleck (l.), Contador (M.) und Armstrong: "Ein historisches Podium", wie es Contador nannte
© Getty
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Die negativen Schlagzeilen der Tour:

A.C.: Gämse, Gepard, oder doch ein Fisch?

Sicher, den Absatz zu A.C. - unter diesem Kürzel firmierte Alberto Contador bei Eufemiano Fuentes - könnte man auch ebenso gut unter den "positiven" Schlagzeilen rubrizieren. Doch für Späße solcher Art ist das Thema zu ernst. Die Nummer 31 in der Kartei des spanischen Doping-Arztes und Blutpanschers hat die Tour also zum zweiten Mal gewonnen. Glückwunsch!

So hat die Große Schleife zum vierten Mal in Folge einen Gesamtsieger aus Spanien. Ein Land, das sich den Ruf der Doping-Drehscheibe in Europa erarbeitet hat. Doch so mancher fragt sich, welches Tier denn nun in A.C. steckt, der an den Anstiegen so leichtfüßig wie eine Gämse im Berg radelt, beim Zeitfahren so schnell wie ein Gepard unterwegs ist und sich bei Fragen zu Doping stumm stellt wie ein Fisch.

Während der Tour zweifelte nicht nur der dreimalige Sieger Greg LeMond an A.C's Leistungen. Der Amerikaner zog dabei ein anerkanntes Leistungsdiagnostik-Modell heran, wonach A.C. für die Leistung bei seinem Etappensieg in Verbier einen VO2max-Wert (misst die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit des Blutes) von 99,5 Milliliter pro Minute pro Kilogramm haben müsste. Ein zweifelhafter Rekord, der vor A.C. von Bjarne Riis und Marco Pantani gehalten wurde. Und deren Geschichte ist ja hinlänglich bekannt...

Heino hui - Hilde pfui

Neben Polizeimeister Martin sorgte "Heino" Haussler mit seinem Etappensieg für das positive Highlight aus deutscher Sicht. So gar nicht positiv setzte sich "Hilde" Klöden in Szene. Sportliche Chancen ließ Klödi genauso ungenutzt wie die Möglichkeit, mit seiner Vergangenheit aufzuräumen.

Die ungeklärten Fragen hinsichtlich der Dopingvorwürfe aus Freiburg beantwortete "Hilde" mit Schweigen. Stattdessen trat er häufig negativ in Erscheinung, als er etwa mit herausgestreckter Zunge an einem deutschen Kamerateam vorbeifuhr und so seinen Medienboykott gegenüber der deutschen Presse unterstrich.

Müde Milchmänner fahren Erwartungen hinterher

Team Milram: einzige deutsche Mannschaft bei der Tour und Vorzeige-Rennstall im Anti-Dopingkampf. So weit so gut. Okay, 13 Top-Ten-Platzierungen fuhren die Milchmänner heraus. Das war es aber auch schon an vorzeigbaren Milram-Schlagzeilen. Kapitän Gerdemann fuhr seinen eigenen Ansprüchen hinterher. "Ich war nicht bei 100 Prozent. Das habe ich zu spüren bekommen. Vielleicht habe ich überzogen", rätselte der 26-Jährige, der mit über 38 Minuten Rückstand Paris erreichte.

Gerald Ciolek erging es nicht besser. Er war zwar im Sprint stets dabei, mehr aber auch nicht. Gegen Sprint-König Cavendish oder den grünen Fuchs Hushovd war kein Kraut gewachsen. "Ich habe bei dieser Tour gemerkt, dass mir nicht viel zu einem Etappensieg fehlt", beteuerte Ciolek. Aber knapp daneben ist halt auch vorbei.

Verzweifelte Herausforderer im Team der Aussichtslosen

Vorjahres-Sieger, Vorjahres-Zweiter und Giro-Gewinner: Carlos Sastre, Cadel Evans und Denis Mentschow gehörten vor der Tour zu den aussichtsreichsten Anwärtern auf den Gesamtsieg - natürlich neben A.C.

Stellvertretend für ein seitenlanges Bashing der sogenannten Mitfavoriten listen wir hier die jämmerlichsten, verzweifeltsten, weinerlichsten und hilferufendsten Zitate der Mitglieder des Teams der Aussichtlosen auf:

"Wenn es zu keiner Zusammenarbeit kommt, können wir die Blumen für das Podest schon jetzt verteilen." (Cadel Evans nach der 10. Etappe)

"Wenn vier Fahrer von einem Team das Gesamtklassement derart dominieren, tötet das den Wettbewerb." (Carlos Sastre nach der 10. Etappe)

"Vielleicht hat es daran gelegen, dass ich seit dem Giro kein Rennen mehr gefahren bin. Ich fühlte mich heute einfach nicht gut und habe nie meinen Rhythmus gefunden." (Denis Mentschow nach der 1. Etappe)

Todesfall und Schüsse bei der Tour

Oscar Freire und Julien Dean müssen sich vorgekommen sein wie Sylvester Stallone beim Dreh von Rambo I. Die beiden Radprofis wurden auf der 13. Etappe von Schüssen aus einer Luftpistole getroffen und leicht verletzt. Freire fetzte es ein Loch in den Oberschenkel, Dean traf ein Geschoss am Zeigefinger der linken Hand. Beide konnten die Tour fortsetzen.

Eine echte Tragödie spielte sich am darauffolgenden Tag ab. Auf der 14. Etappe wurde eine 61-jährige Zuschauerin beim Wechseln der Straßenseite frontal von einem Polizeimotorrad, das mit rund 90 km/h unterwegs war, erfasst und erlag im Krankenhaus ihren Verletzungen.

Die Gesamtwertung der 96. Tour de France