Zukunft bei Giant auf der Kippe

SID
Marcel Kittel wird nicht bei der Tour de France 2015 teilnehmen
© getty

Ein Riss, der nicht mehr zu kitten ist oder doch nur ein einfacher Disput? Die Tour-Ausbootung von Radprofi Marcel Kittel schlägt hohe Wellen und stellt insbesondere die Beziehung zu seinem deutschen Team Giant-Alpecin auf eine ernste Probe. Am Rande der deutschen Meisterschaften im südhessischen Bensheim wollen beide Seiten am Wochenende die gemeinsame Zukunft besprechen - wenn es denn eine gibt.

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Der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin (Etixx-Quick Step), enger Freund von Kittel, hat dazu jedenfalls eine klare Ansicht. "Ich kann es nur aus meiner Perspektive sehen", sagte der 30-Jährige in aller Deutlichkeit: "Wenn mich mein Team aus unverständlichen Gründen zu Hause lässt, dann wäre das Vertrauensverhältnis zerstört, ganz klar. Und ich kann mir gut vorstellen, dass Marcel und sein Team in einer ähnlichen Situation sind."

Mindestens sind unterschiedliche Positionen zu diskutieren und zu klären. Alpecin hatte seinen Vorzeigefahrer wegen grundlegender Fitnessmängel nicht für die 102. Frankreich-Rundfahrt nominiert. Kittel, der noch bis Ende 2016 unter Vertrag steht, hatte zwar eingeräumt, dass auch er Ungewissheit mit sich trägt, aber ebenso deutlich gesagt: "Ich bin fit", es fehle ihm lediglich noch an Stabilität.

Martin findet, einen "Leistungsträger wie Marcel muss man mit zur Tour nehmen. Da gibt es für mich keine Fragezeichen, und wenn er zehnmal krank war. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass er seine Etappen gewonnen hätte", sagte der gebürtige Cottbuser. Alpecin teilt diese Überzeugung nicht. "Man kann nicht nur auf einen Fahrer schauen, sondern muss das Kollektiv sehen. Das Risiko ist zu groß. Es kann sein, dass er irgendwo früh raus muss", sagte Teamchef Iwan Spekenbrink bei Sky Sport News HD über Kittel.

Alpecin nutzt sein prominentestes Gesicht nicht aus

Andererseits hatte die Mannschaft im Vorjahr den Asiaten Cheng Ji nicht zuletzt aus Marketinggründen als ersten Chinesen überhaupt mit zur Tour genommen, diesmal aber nutzt sie den PR-Effekt ihres prominentesten Gesichtes nicht aus. "Das Team hat es auch gerne für sich genutzt", sagte Kittels Manager Jörg Werner, "wenn sich Marcel für die Glaubwürdigkeit des Radsports eingesetzt hat. Es ist nicht zu verstehen, dass ein solcher Fahrer nicht besser geschützt wird".

Kittels acht Tour-Etappensiege, die zwei Tage im Gelbe Trikot und eine Reihe weiterer Erfolge haben nicht nur ihn zu einem internationalen Star gemacht, sondern den Aufstieg seines Teams wesentlich beschleunigt und dem deutschen Radsport zu einer neuen Chance verholfen. "Er ist eine Schlüsselfigur, dass wir wieder dastehen, wo wir sind", sagte Tony Martin.

Der Wahl-Schweizer erwartet früher oder später eine Trotzreaktion Kittels, ob noch in der laufenden oder der nächsten Saison, ob bei Giant-Alpecin oder vielleicht woanders: "Ich hoffe, dass er das verkraftet und noch stärker aus dieser Situation hervorgeht und spätestens im nächsten Jahr allen zeigt, was wir dieses Jahr verpassen werden".

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