Degenkolbs große Liebe

SID
John Degenkolb schätzt die Qual der Kopfsteinpflaster
© getty

Paris-Roubaix ist am Sonntag der Höhepunkt des Radsport-Frühjahrs - die "Königin der Klassiker". Von 253,5 km müssen die Profis 52,7 auf mittelalterlichem Kopfsteinpflaster bewältigen. John Degenkolb liebt diese Qual und zählt zu den Top-Favoriten.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Die Deutschen: Allen voran trägt John Degenkolb die Hoffnungen auf ein Spitzenergebnis. Ein Sieg in der "Hölle des Nordens" wäre für den Thüringer das Größte, selbst der Triumph bei Mailand-Sanremo vor drei Wochen würde da nicht heranreichen. "Es ist schon die große Liebe, ich kann das nicht verhehlen", sagt der 26-Jährige über den gnadenlosen Ritt.

Im Vorjahr lieferte Degenkolb eine Glanzvorstellung ab, wurde nur vom Niederländer Niki Terpstra geschlagen. Rang sieben bei der Flandern-Rundfahrt am Ostersonntag zeigte, dass die Form stimmt. Neben dem Kapitän des Teams Giant-Alpecin könnten André Greipel (Rostock) und Marcus Burghardt (Zschopau) für eine Überraschung sorgen, für beide sind bei Lotto-Soudal und BMC aber eigentlich Helferrollen vorgesehen.

Die Favoriten: Im Mittelpunkt steht der Norweger Alexander Kristoff (Katjuscha), der sich aktuell in einer außergewöhnlichen Verfassung befindet. An Ostern gewann der 27-Jährige überlegen die Flandern-Rundfahrt, bei Mailand-Sanremo überspurtete ihn Degenkolb erst auf den letzten 25 Metern. Insgesamt stehen für Kristoff in dieser Saison bereits elf Siege zu Buche. "Alle gucken auf Kristoff", sagt Degenkolbs Manager Jörg Werner.

Vergessen werden sollte aber nicht das Team Etixx-Quick Step mit dem Tschechen Zdenek Stybar und Vorjahressieger Terpstra, bei der "Ronde" Zweiter hinter Kristoff. Außerdem wollen Lars Boom (Niederlande/Astana), Sep Vanmarcke (Belgien/LottoNL-Jumbo) und auch Peter Sagan (Slowakei/Tinkoff-Saxo) ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Und nicht zuletzt ist da der Brite Bradley Wiggins (Sky), der im letzten Straßenrennen seiner Karriere einen Paukenschlag plant.

Das Kopfsteinpflaster: 27 Pave-Sektoren warten auf die Radprofis, insgesamt 52,7 km auf anachronistischen Straßen, die diesen Namen eigentlich nicht verdienen. Eingeteilt werden die Passagen in Kategorien von eins bis fünf. Die brutalsten Teilstücke erhalten fünf Sterne und beginnen mit dem denkmalgeschützten Wald von Arenberg. Defekte und Stürze sind hier fast unvermeidlich.

"Im Wald von Arenberg ist es, als wäre da ein Kipper hingefahren, hätte die Klappe aufgemacht und alle Kopfsteine einfach rausgeschmissen", erzählt Degenkolb. Ähnlichen Charakter haben die Passage Mons-en-Pévèle und der Carrefour de l'Arbre. Ein Erfolg in Roubaix, für den es eine Pflasterstein-Trophäe gibt, ist sicher auch vom Glück abhängig.

Die Geschichte: Paris-Roubaix findet zum 113. Mal statt, einen deutschen Sieger gab es nur bei der Erstauflage im Jahre 1896. Es war Josef Fischer. Der Name "Hölle des Nordens" stammt aus der Zeit nach Ende des Ersten Weltkrieges, in dem die Region völlig verwüstet worden war.

Die Bezeichnung "Königin der Klassiker" erhielt das Rennen, weil es als das härteste der sogenannten fünf Radsport-Monumente gilt. Manch ein Fahrer kann nach der Tortur tagelang kaum gehen. In Paris fällt der Startschuss allerdings schon seit 1977 nicht mehr, los geht's gut 80 km nördlich vor dem Schloss von Compiègne.

Das Wetter: Richtig heikel wird es bei regnerischen Bedingungen, dann sind die Pavés kaum noch zu beherrschen, glatt wie Schmierseife. "Wenn es regnet, ist das eine Schlammschlacht", sagt Degenkolb. Für den Sonntag ist das Risiko diesbezüglich gering. Aber auch Staub und Dreck sind kein erstrebenswertes Make-up, denn davon dürfte es jede Menge geben.

Artikel und Videos zum Thema