UCI will Astana Lizenz entziehen

SID
Das kasachische Team Astana hat immer wieder mit Dopingfällen zu kämpfen
© getty

Überraschende Kehrtwende des Radsport-Weltverbandes UCI im "Fall Astana": Die UCI mit ihrem britischen Präsidenten Brian Cookson an der Spitze sprach sich am Freitag dafür aus, dem von mehreren Dopingskandalen erschütterten kasachischen Rennstall nun doch die Lizenz für die WorldTour 2015 zu entziehen.

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Damit könnte die UCI das Team des ehemaligen Telekom-Profis Alexander Winokurow aus dem Verkehr ziehen - und einen großen Schritt für die Glaubwürdigkeit des Sports leisten. Die Entscheidung liegt nun bei der unabhängigen Lizenz-Kommission des Weltverbandes.

Die UCI hatte Astana erst im Dezember 2014 nach langem Hin und Her die Lizenz für 2015 und damit die Starterlaubnis für alle großen Rundfahrten und Klassiker erteilt. Dies hatte im Radsportlager für einen Sturm der Entrüstung gesorgt, hatte doch Cookson bei seinem Amtsantritt im September 2013 eine neue Ausrichtung in der Dopingpolitik des Weltverbandes angekündigt.

Doch mit neuen Indizien fühlt sich der 63-Jährige Cookson nun juristisch offenbar auf der sicheren Seite. Den Stein erneut ins Rollen brachte die Auswertung eines umfangreichen Berichts des Institute of Sport Sciences of the University of Lausanne (ISSUL), den die Lizenz-Kommission als Auflage für die Lizenzerteilung im Dezember 2014 in Auftrag gegeben hatte.

"Bemerkenswerte Wendung"

Das ISSUL hatte sich dabei in den vergangenen Monaten intensiv mit der Anti-Doping-Kultur, den Policen, sowie den Strukturen und dem Management Astanas beschäftigt.

Dabei seien nach Ansicht der UCI zahlreiche Unklarheiten und Ungereimtheiten zu teaminternen Grundlagen zutage gekommen, die laut Regelwerk einen Lizenzentzug rechtfertigen würden. In der UCI-Mitteilung hieß es dazu: "Nach sorgfältiger Prüfung des umfangreichen ISSUL-Reports ist der UCI der Meinung, dass zwingende Indizien vorliegen, der Lizenz-Kommission den Lizenz-Entzug für Astana zu empfehlen. Die UCI wird sich zu den Vorfällen nicht mehr äußern, ehe der Entscheid der Kommission feststeht."

Astana, Team des Tour-de-France-Siegers Vincenzo Nibali, äußerte sich zu den neuen Erkenntnissen der UCI zunächst nicht. Dagegen sprach sich Jörg Werner, Manager der deutschen Spitzenfahrer John Degenkolb, Tony Martin und Marcel Kittel, für einen Ausschluss Astanas aus: "Wenn die Dinge auf dem Tisch liegen, sollten sie nicht mehr an Rennen teilnehmen", sagte der 43-Jährige dem "SID": "Es ist eine sehr bemerkenswerte Wendung. Sie zeigt, dass die UCI ordentlich überlegt, bevor sie handelt."

Astana-Kontakte zu Michele Ferrari?

Der UCI liegen nun nach eigenen Angaben Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Padua vor, die Anzeichen für systematisches Doping ans Licht gebracht und mehrere Fahrer belastet hatten. Dem Astana-Team wurden in der Vergangenheit unter anderem Kontakte zum lebenslang gesperrten Skandalarzt Michele Ferrari nachgesagt.

Der Italiener, der den geständigen Dopingsünder und siebenmaligen Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong mit Dopingpräparaten versorgt hatte, soll Medienberichten zufolge vor der Saison 2014 Profis des Astana-Teams in deren Trainingslager in der Toskana getroffen haben.

Noch im Dezember hatte die UCI trotz fortgesetzter und nachgewiesener Betrügereien der Astana-Mannschaft keine juristische Handhabe für einen Lizenzentzug oder gar kompletten Ausschluss.

Cookson sprach aber dennoch von einer "überaus ernsten Situation" für die Kasachen und warnte mit Nachdruck: "Astana fährt ganz klar auf Bewährung, wir werden die Situation genau verfolgen." Dieser Ankündigung lässt die UCI nun offenbar Taten folgen.

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