Kein Ende der deutschen Durststrecke

SID
John Degenkolb gewann bei der Spanien-Rundfahrt "Vuelta" fünf Etappen
© spox

Die deutschen Radfahrer müssen weiter auf eine Medaille warten. Die deutsche Trumpfkarte John Degenkolb verpasste die Medaille als starker Vierter hauchdünn. Philippe Gilbert hat sich nach dem Showdown auf dem Cauberg die Krone aufgesetzt.

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Der große Favorit aus Belgien holte sich nach 267 Kilometern bei der WM im niederländischen Valkenburg als Solist den Titel vor dem Norweger Edvald Boasson Hagen und dem Spanier Alejandro Valverde. Die deutsche Trumpfkarte John Degenkolb verpasste die Medaille als starker Vierter hauchdünn.

"Das ist bitter. Man bekommt nicht oft die Chance, Weltmeister zu werden. Dass ich die Attacke von Gilbert nicht mitgehen kann, war klar, aber ich hätte gerne eine Medaille mitgenommen", sagte Degenkolb, der bei aller Enttäuschung vor allem die deutsche Teamarbeit lobte: "Wir haben gezeigt, dass wir keine Luschen sind."

Martin und Arndt mit einzigem Gold

Damit gingen für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) die Titelkämpfe mit zwei Goldmedaillen für Tony Martin (Cottbus) und Judith Arndt (Leipzig) sowie einmal Bronze für Junior Maximilian Schachmann (Berlin) in den Einzelzeitfahren zu Ende. In den Straßenrennen gab es dagegen keine Podestplätze. Auch nicht für Arndt, die am Samstag mit einem achten Platz nach 21 Jahren Abschied von der Radsport-Bühne genommen hatte.

"Ich kann das gar nicht glauben. Die Mannschaft ist sehr gut gefahren und wir haben den Titel verdient", sagte Gilbert, der im Vorjahr das Amstel Gold Race am Cauberg mit einem ähnlichen Antritt gewonnen hatte: "Ich habe eine Lücke gesehen und habe dann voll durchgezogen. Jetzt bin ich Weltmeister, das war mein Traum."

Degenkolb verliert Anschluss am Cauberg

Der sportliche Höhepunkt der WM, die wieder einmal vom Dauerthema Doping mit viel Kritik am Weltverband UCI im Zuge der Causa Lance Armstrong überlagert wurde, war allerdings das Profirennen am Sonntag mit der elfmaligen Überquerung des berüchtigten Caubergs. Und auf dem 1200 Meter langen Anstieg mit durchschnittlich 5,8 Prozent Steigung fiel auch die Entscheidung, als Gilbert attackierte. Der Klassiker-Spezialist tritt damit die Nachfolge des britischen Sprintkönigs Mark Cavendish an, für den die Hügel in der Region Limburg ein wenig zu steil waren und der am Ende der dritten Runde ausstieg.

Nachdem die deutsche Mannschaft im Vorjahr durch Andre Greipel Bronze gewonnen hatte, ruhten die Hoffnungen diesmal auf Degenkolb. Mit der Referenz von fünf Etappensiegen bei der Vuelta war der 23-Jährige angereist. Der Thüringer bot eine starke Vorstellung, verlor bei der letzten Überquerung des Caubergs jedoch kurz den Anschluss und gewann lediglich den Sprint der Verfolgergruppe.

Abschied für Arndt

Für Degenkolb dürfte es nicht der letzte Anlauf auf den WM-Thron gewesen sein, für Judith Arndt dagegen schon. Im Straßenrennen der Frauen, das die niederländische Olympiasiegerin Marianne Vos vor heimischem Publikum überlegen gewann und damit ihre Serie von fünf zweiten Plätzen in Folge beendete, blieb der "Grande Dame" des deutschen Radsports eine elfte WM-Medaille verwehrt. Wehmut kam bei ihr nicht auf. "Ich bin froh, dass es vorbei ist", sagte Arndt.

In Valkenburg hatte sie zuvor noch einmal Gold im Einzel- und Silber im Mannschaftzeitfahren geholt. Es waren die WM-Medaillen Nummer neun und zehn auf der Straße, davon haben drei einen goldenen Anstrich. Auch auf der Bahn stand sie viermal auf dem WM-Podium. Dazu holte sie bei ihren fünf Olympia-Teilnahmen noch zweimal Silber und einmal Bronze. Nicht zu vergessen die 15 deutschen Meistertitel auf Straße und Bahn. "Viele interessante Rennen bleiben hängen", sagte die 36-Jährige.

Am Anfang der Karriere steht dagegen erst Erik Zabels Sohn Rick, der als zweitjüngster Teilnehmer bei den U23-Männern an den Start ging und sich beim Sieg des Kasachen Alexej Luzenko mit Platz 36 achtbar schlug. "Man konnte sehen, dass er mit dem Tempowechsel seine Problemchen hatte. Dann hat er sich wieder gefangen. Zum Schluss war es eine Frage der Kondition", sagte Vater Erik, der mit der Entwicklung seines Sohnes in der Talentschmiede des niederländischen Rabobank-Rennstalls aber zufrieden ist.

McQuaid weist Kritik zurück

Fernab des sportlichen Geschehens stand UCI-Präsident Pat McQuaid im Kreuzfeuer der Kritik. Laut Luxemburgs Verbandspräsident Jean Regenwetter seien die Zustände in der UCI schlimmer als in einer Bananenrepublik. "Es geht zu wie in der Republik Blatter", sagte Regenwetter der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Im Fall Armstrong steht der Vorwurf der Mittäterschaft im Raum, was McQuaid erbost zurückwies. "Die UCI hat niemals positive Dopingkontrollen vertuscht, auch nicht von Armstrong. Wir haben alle Doping-Labore kontaktiert und sind in Besitz der Listen von positiven Proben. Der Name Armstrong steht nicht darauf. Die UCI hat auch niemals Armstrong über bevorstehende Dopingkontrollen informiert", sagte McQuaid auf einer Pressekonferenz in Valkenburg.

Der Radsport-Kalender 2012