Andy Schleck zwischen Fehde und Formkrise

SID
Andy Schleck hat nachträglich die Tour de France 2010 gewonnen
© Getty

Andy Schleck lächelte seine Sorgen einfach weg, als er das Gelbe Trikot stolz über seinen Pullover streifte. Bei der nachträglichen Ehrung zum Sieger der Tour de France 2010 in der vergangenen Woche wähnte sich der sensible Luxemburger für ein paar Stunden in einer heilen Welt.

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Doch die derzeit bittere Realität holt ihn beim Criterium du Dauphine jeden Tag aufs Neue ein. Schleck fährt der Konkurrenz gut drei Wochen vor Beginn der Tour weit hinterher.

"Ich verstehe, dass die Leute wegen meiner Leistung in Panik verfallen", sagt Schleck und beschwichtigt: "Aber das sollten sie nicht. Am Wochenende wird man Fortschritte sehen." Die sind auch bitter nötig, denn Schleck wird derzeit sogar auf Flachetappen abgehängt, verliert an leichten Anstiegen mehrere Minuten.

Was der 26-Jährige derzeit bei der Tour-Generalprobe im Südosten Frankreichs zeigt, fügt sich nahtlos in seine bisher desaströse Saison ein. Bei Paris-Nizza stieg er vorzeitig aus, bei den Klassikern in den Ardennen ging ihm weit vor dem Finale die Luft aus. Es folgte eine sechswöchige Rennpause. Im Mai musste er sich zudem wegen Knieproblemen behandeln lassen.

Bruyneel brüskiert die Schlecks

Neben der sportlichen Krise knabbert Schleck derzeit auch an einer zwischenmenschlichen. Mit der forschen Art seines neuen Teamchefs Johan Bruyneel kommt der Tour-Zweite des vergangenen Jahres überhaupt nicht zurecht. Dabei wurde der Belgier, der Lance Armstrong und Alberto Contador zu insgesamt neun Siegen bei der Tour führte, Schleck eigens vor die Nase gesetzt, um aus ihm einen Champion zu formen. Dafür fusionierten sogar die beiden Mannschaften RadioShack und Leopard. Der vertraglich gebundene Schleck hatte keine Wahl als Bruyneel als neuen Chef zu akzeptieren.

Doch die vor der Saison ehrfürchtig "Monster-Team" getaufte Equipe zerfleischt sich selbst. Erst verstimmte Bruyneel die Gebrüder Andy und Frank Schleck, als er frühzeitig ankündigte, dass er deren sportlichen Ziehvater Kim Andersen nicht mit zur Tour nehmen werde. Dann kritisierte er den älteren Frank über die ihm nahe stehenden belgische Presse, weil dieser wegen einer, wie Bruyneel meinte, nicht so schwerwiegenden Verletzung beim Giro d'Italia ausgestiegen war.

"Keine Panik"

"Wenn ich der Manager wäre, würde ich meine Probleme nicht über die Presse lösen. Ich würde das intern diskutieren", blaffte Andy Schleck in ungewohnt scharfem Ton zurück. In der Szene wird gemutmaßt, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Beziehung von Bruyneel zu Andy und Frank Schleck endgültig zerbricht.

Spätestens bei der Ende Juni in Lüttich beginnenden Tour müssen die Karten auf den Tisch gelegt werden. Bruyneel wird kaum an sich halten können, sollte Andy Schleck erneut abgehängt werden. Noch gibt sich der ebenso erfolgsverwöhnte wie umstrittene Belgier gelassen: "Andy hat mit wortwörtlich gesagt: 'Keine Panik, ich werde bei der Tour bereit sein'."

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