Tony Martin: "Gibt noch viele Höhepunkte"

SID
Tony Martin hat 20 Tage nach seinem Horrorsturz sein Comeback gefeiert
© Getty

Mutter Bettina meinte es wohl nur gut, doch das geplante Festessen nach dem starken Comeback kam bei Tony Martin gar nicht gut an. "Bohnen? Ein Siegeressen ist das nicht", mäkelte die deutsche Olympia-Hoffnung. Nun ja, gewonnen hatte Martin in seiner alten Heimat auch nicht, und doch besaß der vierte Platz beim deutschen Radklassiker "Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt" für den Zeitfahr-Weltmeister den Stellenwert eines Sieges.

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"Ich bin froh, dass ich so ein Comeback machen konnte. Mit diesem Tag ist der Sturz komplett vergessen. Das motiviert mich sehr. Es gibt noch viele Höhepunkte in dieser Saison", bilanzierte Martin, nachdem er nur 20 Tage nach seinem üblen Trainingsunfall überraschend stark in das Renngeschehen zurückgekehrt war.

Obwohl seine vielen Verletzungen (Brüche des Jochbeins, der Augenhöhle und des Kiefers sowie einer im Schulterblatt) noch längst nicht auskuriert waren, fuhr Martin 43 Kilometer lang an der Spitze und musste am Ende nur wegen seiner fehlenden Sprintqualitäten dem Italiener Moreno Moser den Sieg im Finish einer vierköpfigen Ausreißergruppe vor der Alten Oper überlassen.

Fehlende Siege stören Martin noch nicht

Doch nach dem gelungenen Härtetest ist bei Martin zwei Monate vor dem Startschuss der Tour de France in Lüttich die Zuversicht zurückgekehrt. Die Form sei noch nicht bei 100 Prozent, aber die Saison dadurch nicht gefährdet. Es bleibt bei der Marschroute, die Martin im Januar zu seinem Dienstantritt beim neuen Team Omega Pharma-Quick Step ausgegeben hat.

Zum Tour-Auftakt will er erstmals in seiner Karriere ins Gelbe Trikot fahren und am 1. August soll im olympischen Einzelzeitfahren Gold herausspringen. Dass er in der laufenden Saison noch keinen Saisonsieg - im vergangenen Jahr waren es zum gleichen Zeitpunkt deren fünf - zu Buche stehen hat, stört Martin zwar.

Beunruhigen tut ihn das aber nicht. "Das ist keine schöne Situation. Ich weiß, dass ich an den Erfolgen des Vorjahres gemessen werde. Schade, dass ich mich noch nicht in den Vordergrund fahren konnte. Ich weiß aber auch, woran es liegt. Wenn ich nach der Tour und Olympia immer noch ohne Ergebnis dastehen würde, wäre ich beunruhigter", ergänzte der 27-Jährige.

Martin treibt Boonen an

Eines hat Martin durch seine Anwesenheit im belgischen Team aber geschafft: Er hat dem Klassikerspezialisten Tom Boonen, der sich in den letzten Jahren auf dem Ruhm vergangener Tage ausgeruht hatte, wieder Beine gemacht. So gewann der belgische Volksheld unter anderem die beiden Frühjahrsklassiker Paris-Roubaix und Flandern-Rundfahrt sowie die Prestigerennen Gent-Wevelgem und den E3-Preis von Harelbeke.

"Da war es nicht so entscheidend, ob ich jetzt bei Paris-Nizza eine Etappe gewinne, oder nicht", sagte Martin. Mit seinem Wechsel zum belgischen Rennstall habe er den richtigen Schritt gewählt. "Ich fühle mich sehr wohl und es wurden alle Absprachen, die ich mit Teamchef Patrick Lefevere getroffen habe, zu 100 Prozent umgesetzt", betonte der Zeitfahr-Spezialist, der nun die entscheidende Saisonplanung in Angriff nehmen will.

Sicher ist bislang nur, dass er vor der Tour die Dauphine-Rundfahrt und die deutschen Meisterschaften fahren wird. In den nächsten Tagen soll das genaue Programm erarbeitet werden. Bis dahin sind auch die Bohnen verdaut.

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