Hesjedal gewinnt und verblüfft die Konkurrenz

SID
Ryder Hesjedal trennten am Ende lediglich 16 Sekunden von Joaquim Rodriguez aus Spanien
© Getty

Ryder Hesjedal küsste immer wieder das Ahornblatt auf der kanadischen Flagge und ließ sich vor der prächtigen Kulisse des Mailänder Doms als Sieger des Giro d'Italia feiern.

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In der viertknappsten Entscheidung der über 100-jährigen Geschichte der Rundfahrt hatte Hesjedal kühlen Kopf bewahrt und den Spanier Joaquim Rodriguez im abschließenden Zeitfahren noch von der Spitze verdrängt.

Die Winzigkeit von 16 Sekunden trennte die Rivalen nach mehr als 3.500 Kilometern und fast 92 Stunden im Sattel. "Das ist unglaublich, ich kann das gar nicht so richtig glauben. Meine Beine waren gut, mein Kopf war klar und ich habe Geschichte geschrieben", stammelte der erste kanadische Giro-Sieger nach seiner Triumphfahrt durch die Straßen Mailands.

Der frühere Mountainbiker war mit 31 Sekunden Rückstand auf Rodriguez in den 28 Kilometer langen Kampf gegen die Uhr gegangen und lag schon nach einem Drittel der letztlich von Marco Pinotti gewonnenen Etappe fast gleichauf mit dem Kletterspezialisten.

Rodriguez am Boden zerstört

Am Ende flimmerte das knappste Ergebnis seit 38 Jahren über die Videowände auf dem Domplatz. Kein Geringerer als Eddy Merckx hatte 1974 den Italiener Gianbattista Baronchelli um zwölf Sekunden distanziert. Sogar nur elf Sekunden lagen 1948 zwischen dem Italiener Fiorenzo Magni und dessen Landsmann Ezio Cecchi.

Jener Magni siegte auch 1955 - mit 13 Sekunden Vorsprung vor "Il Campionissimo" Fausto Coppi. Anno 2012 suchten die Tifosi einen ihrer Helden vergebens auf dem Podium. Der Belgier Thomas de Gendt hatte Vorjahressieger Michele Scarponi noch von Platz drei verdrängt und sich zu Hesjedal und dem traurigen Rodriguez gesellt.

Der kleine Spanier in Diensten des von Hans-Michael Holczer geleiteten Katjuscha-Rennstalls hatte Hesjedal das Rosa Trikot während der Rundfahrt zweimal abgenommen und insgesamt zehn Tage getragen. "Über Funk bekam ich mit, dass es eine Frage von Sekunden werden würde. Ich hatte bis zum letzten Moment die Illusion, ich könnte dieses Rennen gewinnen", sagte Rodriguez. Es war schließlich der Betreuer im Ziel, der ihm die schlechte Nachricht überbrachte: "Das macht die Niederlage nur noch härter."

Hesjedal hatte für die Sorgen des Spaniers, mit dem er sich vor allem auf den letzten beiden Alpenetappen ein Katz-und-Maus-Spiel geliefert hatte, kein Ohr. "Es macht das ganze noch süßer, dass es so knapp und die Schlacht über drei Wochen so erbittert war", sagte der "Mountie in Rosa". Seine Frau Ashley war die erste Gratulantin, sein Vater Leonard und sein bester Freund Seamus McGrath waren ebenfalls von der kanadischen Westküste in die Lombardei gereist.

Auch Lance Armstrong gratuliert

Die Gratulanten standen auch virtuell Schlange. "Glückwunsch an Ryder Hesjedal zu seinem unglaublichen Sieg. Man muss es einfach lieben, wenn der beste gewinnt", twitterte Lance Armstrong. Premierminister Stephen Harper und Freestyle-Olympiasiegerin Jennifer Heil hielten sich mit Lobeshymnen ebenfalls nicht zurück.

Hesjedal hat seinen Platz in der kanadischen Sportgeschichte gefunden. Sein Sieg beim Giro wird auf einer Stufe mit den Wayne Gretzkys 92-Tore-Saison 1982 und dem Masters-Sieg des Golfprofis Mike Weir 2003 stehen.

Während Eishockey-Legende Gretzky im Ruhestand ist und Weir das Niveau seiner Glanzzeit nicht mehr erreicht, will Hesjedal Ende Juli erneut Geschichte schreiben: Als erster kanadischer Straßenrad-Olympiasieger.

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