Armstrong steigt endgültig vom Rad

SID
Der siebenmalige Toursieger Lance Armstrong wird seine Karriere nun endgültig beenden
© Getty

Lance Armstrong steigt endgültig vom Rad. Der Texaner verzichtet auf eine große Abschiedstournee und setzt endgültig einen Schlussstrich unter eine der schillerndsten Karrieren im Profisport.

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Die Abschieds-Tour fällt aus, Lance Armstrong hat still und heimlich die Radsport-Bühne durch die Hintertür verlassen. "Ich kann nicht sagen, dass ich irgendetwas bereue. Es war eine exzellente Reise", sagte der 39-Jährige in einem Interview in seiner Heimat und setzte einen Schlussstrich unter eine der schillerndsten Karrieren im Profisport.

Der Texaner, der den Krebs besiegte, der sieben Jahre bei der Tour seine Rivalen um Jan Ullrich demütigte, der zuletzt immer mehr ins Fadenkreuz der Doping-Ermittler geriet, steigt vom Rad. Diesmal endgültig, wie der 39-Jährige betont.

Die Abschiedstournee bei der Kalifornien-Rundfahrt spart er sich damit, dort wollte er im Mai vor heimischer Kulisse ganz groß von der Bühne abtreten. Doch eine Jubelfahrt hätte es wohl so oder so nicht gegeben.

Bereits seine letzten Auftritte wie im vergangenen Jahr bei der Tour de France oder im Januar bei der Tour Down Under waren überschattet von ständig neuen Doping-Anschuldigungen, insbesondere durch seinen früheren Teamkollegen Floyd Landis.

Anschuldigungen gegen Armstrong

"Ich kann nicht kontrollieren, was bei den Ermittlungen passiert. Deshalb habe ich Leute engagiert, die mir helfen. Ich versuche, dass es mich nicht beschäftigt", sagte Armstrong hinsichtlich der Ermittlungen von Cheffahnder Jeff Novitzky: "Ich weiß, was ich tue, und ich weiß, was ich getan habe. Es ändert nichts."

Offenbar ist Armstrong müde geworden, immer und immer wieder Fragen zu seiner zweifelhaften Vergangenheit beantworten zu müssen. Landsmann Landis hatte die Ermittlungen durch sein Doping-Geständnis im Mai 2010 ins Rollen gebracht.

Der 34-Jährige hatte dabei schwere Anschuldigungen gegen Armstrong und weitere Mitglieder des Teams erhoben. Ein perfekt durchorganisiertes Dopingsystem habe es einst bei US Postal gegeben.

Nun das Karriereende 2.0 - Armstrong hatte bereits im Jahr 2005 nach seinem siebten Toursieg seine Laufbahn erstmals beendet, ehe er dreieinhalb Jahre später ein Comeback wagte.

"Dachte, ich könnte die Tour nochmal gewinnen"

"Ich dachte, ich könnte die Tour noch einmal gewinnen, aber es hat nicht funktioniert", erklärte Armstrong. Bei der Frankreich-Rundfahrt 2009 erreichte er nochmal einen dritten Gesamtrang, im vergangenen Jahr war er dagegen chancenlos und auf Rang 23 gelandet.

Mit derartigen Plätzen hatte sich Armstrong in seiner Karriere nie anfreunden können. Als der frühere Straßenrad-Weltmeister nach überstandener Hodenkrebserkrankung bei der Tour 1999 an den Start ging, war er stärker als je zuvor.

Der einstmals etwas bullig wirkende Armstrong hatte einige Kilos abgenommen und sich zu einem exzellenten Rundfahrer entwickelt. Armstrong dominierte die Tour wie vorher nur Eddy Merckx, Bernard Hinault oder Miguel Indurain.

Das bekam insbesondere Jan Ullrich schmerzlich zu spüren. An Armstrong kam der einzige deutsche Toursieger nicht mehr vorbei. Dreimal Zweiter, einmal Dritter, einmal Vierter lautete die ernüchternde Ullrich-Bilanz während der Armstrong-Herrschaft in Frankreich.

Seine Auftritte bleiben in Erinnerung

In Erinnerung bleiben große Auftritte Armstrongs wie einst in Alpe d'Huez, als er die ganze Etappe über Schwächen simulierte, um dann im Radsport-Mekka Ullrich davonzufahren.

Oder 2003 beim Aufstieg nach Luz-Ardiden. Armstrong stürzte, kämpfte sich wieder heran und fuhr schließlich Ullrich davon. Am Ende holte er sich mit 61 Sekunden Vorsprung den Toursieg vor Ullrich.

2003 war das Denkmal Armstrong erstmals ins Wanken geraten, als er im Zeitfahren von Cap'Decouverte dehydriert war und eine empfindliche Niederlage durch Ullrich einstecken musste. Danach war wieder alles beim Alten.

Armstrong und sein überragendes US-Postal-Team (später Discovery Channel) beherrschte die Szenerie nach Belieben. Mit dem Belgier Johann Bruyneel als Teamchef bildete Armstrong ein kongeniales Erfolgsduo. Die Wiederbelebung folgte 2009 - allerdings ohne glorreiches Ende.

Schlagzeilen aus dem Privatleben

Armstrong lieferte aber nicht nur auf dem Rad für Schlagzeilen. In seinem Privatleben sorgte die zweieinhalbjährige Partnerschaft mit Sängerin Sheryl Crow für Aufsehen, oder die Liäson mit der US-Schauspielerin Kate Hudson.

Nun hat er offenbar sein Glück mit Lebensgefährtin Anna Hansen gefunden, die kürzlich Tochter Olivia Marie, das zweite gemeinsame Kind des Paares, zur Welt brachte. Zuvor hatte Armstrong schon eine gescheiterte Ehe mit Ehefrau Kristin hinter sich, aus der die Kinder Luke, Isabelle Rose und Grace Elizabeth hervorgingen.

Wie seine Zukunft genau aussehen wird, weiß Armstrong noch nicht. "Wenn ich in zehn Jahren rumsitze und sage '2001 war ich in Alpe d'Huez so stark', dann habe ich ein Problem", sagte der US-Star. Ein politisches Amt strebe er derzeit nicht an. Das hätte einen negativen Einfluss auf seine Krebsstiftung Livestrong, die ihm weiter am Herzen liegt.

Ein Wiedersehen mit der Tour gibt es aber auf jeden Fall. Im Sommer will Armstrong mit seinem ältesten Sohn Luke der Frankreich-Rundfahrt einen Besuch abstatten und vielleicht auch in den Teamwagen seines bisherigen Rennstalls RadioShack steigen.

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