Dopingfall Contador erschüttert Radsport-Welt

SID
Alberto Contador gewann in diesem Jahr die Tour de France
© Getty

Die Radsport-Welt wird wieder von einem prominenten Dopingfall erschüttert. Toursieger Alberto Contador ist bei der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt positiv auf die verbotene Substanz Clenbuterol getestet worden.

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Update Als Alberto Contador mit ernster Miene die Bühne im Hotel Las Artes in Pinto betrat, funkelten seine dunklen Augen im Blitzlichtgewitter der Fotografen.

Den Kragen seines weißen Hemdes lässig nach oben geklappt, präsentierte sich der dreimalige Toursieger angriffslustig wie auf einer Bergetappe und war sich nach seinem positiven Dopingtest offenbar keiner Schuld bewusst. "Ich bin das Opfer einer Nahrungsmittelverunreinigung", beteuerte der kleine Spanier und ergänzte: "Das ist ein Sonderfall und hat nichts mit anderen Dopingfällen zu tun."

Contador versuchte, den Fall eindringlich kleinzureden, sagte später sogar in den 20.00-Uhr-Nachrichten von "France 2", er würde sich "beide Hände abschneiden lassen", um die Leute von seiner Unschuld zu überzeugen. Und doch hatte die Nachricht vom positiven Test am zweiten Ruhetag der Tour de France die Radsport-Welt schwer erschüttert.

Anschließend wurde auch noch bekannt, dass der Vuelta-Zweite Ezequiel Mosquera und dessen Xacobea-Teamkollege David Garcia positiv getestet worden sind. Bei beiden Fahrern waren am 16. September während der Spanien-Rundfahrt Spuren des Blutplasma-Expanders Hydroxyethyl festgestellt worden.

"Traurig, dass unser Sport in Mitleidenschaft gezogen wird"

Doch der Dopingfall Contador stellte alles in den Schatten. Sowohl die A- als auch die B-Probe des 27-Jährigen vom 21. Juli bei der Tour in Pau wiesen geringe Spuren der verbotenen Substanz Clenbuterol auf. Der Radsport-Weltverband (UCI) sprach eine vorläufige Sperre gegen den Madrilenen aus, will aber weitere wissenschaftliche Untersuchungen zur Klärung des Falles anstrengen.

Er habe am Ruhetag offenbar kontaminiertes Fleisch gegessen, das er am Vortag aus Spanien mitgebracht habe. "Das ist traurig, dass unser Sport deshalb in Mitleidenschaft gezogen wird", sagte Contador. Aber die medizinische Kommission der UCI habe ihm bereits bestätigt, dass dies ein Fall von verunreinigten Lebensmitteln gewesen sei.

Vorläufige Sperre für den Tour-Sieger

Die UCI scheint der Version Contadors zu folgen. "Die Konzentration lag bei einem Wert von 50 Pikogramm, der damit 400-mal niedriger war als der, den WADA-Labore in Proben entdecken müssen", hieß es in der UCI-Mitteilung fast schon beschwichtigend: "Angesichts der sehr geringen Konzentration und in Absprache mit der WADA hat die UCI umgehehend die Analyse der B-Probe eingeleitet, die das Ergebnis bestätigte. Der Fahrer, der seine Saison bereits beendet hat, wurde vorläufig gesperrt."

Die Probe war einen Tag vor der Königsetappe zum Tourmalet, auf der Contador den Grundstein zu seinem dritten Sieg gelegt hatte, durchgeführt und vom WADA-Labor in Köln analysiert worden. Institutsleiter Prof. Wilhelm Schänzer wollte auf Anfrage zu dem Fall keine Stellung beziehen.

Sollte Contador als Dopingsünder verurteilt werden, würde ihm als zweitem Radprofi nach Floyd Landis 2006 der Toursieg nachträglich aberkannt. Im Sommer hatte er mit 39 Sekunden vor Andy Schleck das wichtigste Radsport-Event gewonnen. Außerdem hatte einst auch Bjarne Riis im Zuge des Telekom-Skandals eingestanden, bei seinem Sieg 1996 gedopt zu haben. Der Titel wurde ihm jedoch nicht aberkannt.

Verbindung zu Dopingarzt Fuentes

Bereits im Zuge der Operacion Puerto war Contador unter Dopingverdacht geraten. Der Madrilene soll Kunde des Dopingarztes Eufemiano Fuentes gewesen sein, ehe sein Name plötzlich wieder von der Liste verschwand. Für die nächste Saison hat er bereits einen Vertrag beim Saxo-Bank-Rennstall von Bjarne Riis unterschrieben. Er soll fünf Millionen Euro pro Jahr verdienen.

"Ich denke, die Wahrheit wird ans Tageslicht kommen", sagte Contador. Das Ganze sei zwar enttäuschend, aber er sehe der Sache erhobenen Hauptes entgegen. Bereits am 24. August hatte Contador Kenntnis von dem Fall erhalten. Daraufhin habe er eine Reihe von Experten hinzugezogen, um seine Unschuld zu beweisen. Alle hätten bestätigt, dass er Opfer einer Verunreinigung von Nahrungsmitteln gewesen sei. Dies könne anhand der hohen Anzahl von Dopingtests nachgewiesen werden.

Clenbuterol zur Behandlung von Asthma

Die UCI will dem offenbar nachgehen. "Der Fall bedarf einer weiteren wissenschaftlichen Untersuchung, bevor eine Schlussfolgerung gezogen werden kann. Die UCI wird mit den Wissenschaftlern der WADA alle Elemente analysieren, die für den Fall relevant sind. Diese eingehende Untersuchung bedarf mehr Zeit", hieß es in dem UCI-Statement.

Clenbuterol ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Sympathomimetika und wird zur Behandlung von Asthma verwendet. Katrin Krabbe hat Clenbuterol einst zu trauriger Berühmtheit verholfen.Die Sprinterin wurde 1992 positiv auf diese Substanz getestet und hatte damit für einen der größten Dopingskandale in Deutschland gesorgt.

In der vergangenen Woche war der deutsche Tischtennis-Nationalspieler Dimitrij Ovtcharov positiv auf Clenbuterol getestet worden. Der 22-Jährige hatte die positive Probe auf den Konsum kontaminierten Fleisches während der China Open zurückgeführt.

Erst am Mittwoch war Contador, der seit dem Ende der Tour kein Rennen mehr bestritten hat, in der Sport Bild mit dem Satz "Dopingfälle sind Vergangenheit" zitiert worden. Einen Tag später erscheint dieses Zitat bereits in einem ganz neuen Licht ...

Nach Contador auch Mosquera positiv getestet