Italiens Rad-Fest trotzt allen Skandalen

SID
Lance Armstrong freut sich auf seine Premiere bei der Italien-Schleife
© Getty

Der Stargast ist schon angereist, die Kulisse steht und die Stimmung ist allen früheren Skandalen zum Trotz prächtig: Zum 100-jährigen Jubiläum des Giro d'Italia versucht der Radsport heile Welt zu spielen und sich nach Jahren im Doping-Sumpf ausgerechnet mit Superstar Lance Armstrong als Aushängeschild in ein positives Bild zu rücken.

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Wenn am Samstag in Venedig der Start zur 92. Auflage der dreiwöchigen Rundfahrt (9. bis 31. Mai) erfolgt, soll nichts die geplante Jubelfeier stören.

Im Vorfeld der nach der Tour zweitwichtigsten Veranstaltung der Rad-Saison wurde denn auch nicht mit Nettigkeiten gespart.

"Giro ist ein mystisches Rennen"

"Der Giro ist ein mystisches Rennen. Es war ein Versäumnis, ihn nie zu fahren, das ich nun zum Glück beheben kann", sagte Armstrong vor seiner Premiere bei der Italien-Schleife.

Das Kompliment kam prompt zurück: "Wir sind stolz, dass Armstrong nach seinem Comeback bei uns startet. Er verleiht dem Rennen zusätzlichen Glanz", erklärte Giro-Direktor Angelo Zomegnan.

Positive Schlagzeilen kann das Rennen 100 Jahre nach seiner Erstauflage allerdings auch gebrauchen. Allzu oft trat gerade beim Giro in den vergangenen Jahren das Doping-Problem der Branche offen zu Tage.

Doping-Themen belasten Italien-Rundfahrt

In seiner Siegerliste finden sich reichlich überführte oder zumindest höchst verdächtige Fahrer - zum Teil sind sie nach abgesessenen Sperren in diesem Jahr wieder am Start.

So gilt der Italiener Ivan Basso, der als ehemaliger Fuentes-Kunde gerade erst eine zweijährige Sperre hinter sich hat, drei Jahre nach seinem Gesamtsieg 2006 sogar erneut als Topfavorit.

Mit Kontakten zu einem Doping-Arzt ist auch Bassos Nachfolger Danilo Di Luca (Italien/2007) belastet, der sich ebenfalls etwas ausrechnet. Umstritten ist zudem das neue Team Fuji-Servetto, das unter seinem alten Namen Saunier Duval bei der letztjährigen Tour für reichlich Dopingschlagzeilen gesorgt hatte, für den Giro aber dennoch eine Einladung erhielt.

An Armstrong prallen ohnehin alle Verdächtigungen ab. Auch die sogenannte "Showergate"-Affäre konnte dem Ansehen des siebenmaligen Toursiegers in der Szene scheinbar nichts anhaben.

Armstrong mit Narrenfreiheit

Dass er am 17. März einen Verstoß gegen die Anti-Doping-Regeln beging, als er einen Kontrolleur bei einem unangemeldeten Test in Frankreich zunächst an der Tür abwies und erst nach einer Dusche und einem Anruf beim Weltverband seines Amtes walten ließ, spielt der US-Amerikaner herunter: "Das war doch nur eine große Geschichte, weil die Leute die Fakten nicht verstanden haben", meint der Astana-Fahrer, dessen Fehlverhalten ohne Folgen blieb.

Für sein Comeback bei einer großen Rundfahrt vier Jahre nach seinem bislang letzten Toursieg 2005 beansprucht der 37-jährige Texaner sowieso eine Art Narrenfreiheit: "Ich möchte das Rennen vor allem genießen."

Armstrong hofft auf einen Etappensieg

Spätestens seit seinem Schlüsselbeinbruch nach einem Sturz im März habe er alle Ambitionen verworfen, behauptet er.

Fast alle: "Ich wäre schon etwas enttäuscht, wenn ich keine Etappe gewinnen würde. Egal, ob in den Bergen oder beim Zeitfahren."

Derweil hat es das Milram-Team vor allem auf die Sprintetappen der 3454,5 km langen Rundfahrt abgesehen. In Robert Förster setzt der einzig verbliebene deutsche Top-Rennstall dabei auf einen Fahrer, der bereits 2007 - damals noch für das Team Gerolsteiner - zwei Giro-Etappen im Schlussspurt für sich entscheiden konnte.

Mannschaftszeitfahren als Auftakt

Starke Konkurrenz ist dabei vor allem vom Columbia-Rennstall des ehemaligen T-Mobile-Teamchefs Bob Stapleton zu ewarten, der in Mark Cavendish (Großbritannien) den derzeit wohl besten Sprinter an den Start bringt.

Zum Auftakt in der Lagunenstadt Venedig steht für die 198 Fahrer aus 22 Teams derweil ein 20 km langes Mannschaftszeitfahren auf dem Programm.

Danach werden anlässlich des Jubiläums alle Etappenorte des Premieren-Rennens von 1909 angesteuert, darunter Bergamo, Neapel, Florenz und Genua.

Angesichts des dadurch vorgezeichneten Streckenverlaufs endet der Giro nicht wie in den letzten Jahren in Mailand, sondern in der Hauptstadt Rom.

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