Rad-WM im Doping-Sumpf

Von dpa

München - Die Rad-Weltmeisterschaften in Stuttgart drohen im Doping-Sumpf zu versinken. Nach "ZDF"-Informationen soll Weltmeister Paolo Bettini Lieferant von Dopingmitteln für den ehemaligen T-Mobile-Profi Patrik Sinkewitz gewesen sein.

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Gegen den Start des Doping-verdächtigen Giro-Siegers Danilo Di Luca und eine Teilnahme Bettinis will die Stadt Stuttgart notfalls klagen. Zudem belastet der vom Internationalen Sportgerichtshof CAS sanktionierte Start des unter Dopingverdacht stehenden spanischen Radprofis Alejandro Valverde die Atmosphäre der Titelkämpfe.

Bundeszuschuss eingefroren

Die erhielten durch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble einen weiteren Dämpfer: Der CDU-Politiker fror den Bundeszuschuss für die WM in Höhe von 150.000 Euro vorerst ein.

Schäuble stärkte der Stuttgarter Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann in ihrem Kurs kompromisslos einzuhaltender Start-Bedingungen den Rücken.

Auch DOSB-Präsident Thomas Bach sprach sich für die konsequente Einhaltung der festgelegten Richtlinien aus: "Dies ist eine gute und folgerichtige Entscheidung, weil sie konsequent die Null-Toleranz-Politik im gemeinsamen Anti-Doping-Kampf von Sport und Staat umsetzt."

UCI-Boss bleibt ruhig

UCI-Präsident Pat McQuaid scheint einer möglichen Klage ohne Panik entgegenzusehen: "Ich verstehe nicht, warum die Veranstalter glauben, eine nicht unterschriebene UCI-Erklärung könnte zu einem Fahrer-Ausschluss führen. Wir sind in Verhandlungen mit der Stadt und werden unsere Position verteidigen."

Schäuble fürchtet um die Glaubwürdigkeit der WM: "Im Vorfeld der Radsport-WM war allen beteiligten Partnern klar, dass diese WM ein Neuanfang sein muss. Wenn sich nun ein Fahrer weigert, die Erklärung zu unterzeichnen, und trotzdem vom Weltverband eine Starterlaubnis erhalten sollte, ist die Glaubwürdigkeit des gemeinsamen Kampfes gegen das Doping im Radsport zerstört", sagte Schäuble mit Blick auf Bettini, dessen Unterschrift unter die UCI-Erklärung Rätsel aufgibt.

Wirbel um Bettinis Ehrenerklärung

Um die Ehrenerklärung von Bettini gibt es weiter große Verwirrung: Für den Weltverband UCI sei die Unterschrift ohnehin nicht nötig für die Startberechtigung, argumentierte UCI-Sprecher Enrico Carpani.

Währenddessen drohte Susanne Eisenmann als Chefin des WM- Organisationskomitees der UCI mit Klage, wenn sie Bettini ohne Unterschrift starten lasse.

Inzwischen erklärte dessen Anwalt Guido Marangoni, dass sein Mandant bereits am 10. Juli bei der UCI eine für die WM gültig Ehrenerklärung unterzeichnet habe. Diese wird aber von der UCI nicht anerkannt, weil sie laut Carpani nicht der geforderten Form entspreche.

"Testogel" für Sinkewitz

Das "ZDF" informierte, dass Bettini Sinkewitz mit dem Dopingmittel "Testogel" versorgt habe. Das Testosteron-Präparat hatte der Hesse in der Vorbereitung auf die Tour de France benutzt. Dies gehe aus einer Protokollnotiz hervor, die dem Sender vorliege.

Sinkewitz-Anwalt Michael Lehner erklärte, dass sein Mandant keinerlei Angaben über Bettini gemacht habe. Das bestätigte auch der Pressesprecher des Bettini-Rennstalls Quick Step, Allessandro Tegner, nach einem Telefonat mit dem Weltmeister.

Sinkewitz und Bettini waren gemeinsam Teammitglieder der Profimannschaften Mapei und Quick Step, bevor Sinkewitz 2005 zu T-Mobile wechselte. Die Bonner entließen den während der diesjährigen Tour des Dopings überführten Sinkewitz, nachdem er im August auf die Öffnung der B-Probe verzichtet hatte.

Sinkewitz, der wie der geständige Jörg Jaksche von Rechtsanwalt Lehner vertreten wird, will am 26. Oktober vor der Staatsanwaltschaft Bonn aussagen.

Schaden von einer Million Euro befürchtet

Die Ausrichter-Stadt Stuttgart will per Einstweiliger Verfügung einen Start Bettinis verhindern, sofern er nicht die offizielle Ehrenerklärung für einen sauberen Sport unterzeichnet. Der WM-Veranstalter fürchtet einen Rückzug von Sponsoren und Fernsehsendern und bezifferte den möglichen finanziellen Schaden auf eine Million Euro.

Diese Summe wäre Gegenstand einer eventuellen Schadenersatzklage gegen die UCI.

"ZDF" denkt über WM-Ausstieg nach

Nach all den Negativ-Schlagzeilen wollte das übertragende "ZDF" einen WM-Ausstieg nicht mehr ausschließen.

"Wenn diese zweifelhaften Vorgänge nicht eindeutig geklärt werden, dann halten wir uns alle Optionen offen. Das schließt den Ausstieg aus der Berichterstattung ebenso ein wie die Art und Weise", drohte "ZDF"-Chefredakteur Nikolaus Brender unmissverständlich.

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