"Die DTM braucht nicht unbedingt F1-Fahrer"

Von Interview: Bastian Strobl
Bruno Spengler (l.) holte sich in diesem Jahr seinen ersten DTM-Titel
© dtm media

Bruno Spengler schwebt auch fünf Wochen nach seinem Triumph in Hockenheim auf Wolke sieben. Doch was folgt auf die Meisterschaft? Im Interview spricht der BMW-Pilot über die Zukunft der DTM, sein Vorbild Gilles Villeneuve und die Faszination NASCAR.

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SPOX: Herr Spengler, seit dem DTM-Finale auf dem Hockenheimring ist ein guter Monat vergangen. Haben Sie Ihren Triumph mittlerweile realisiert?

Bruno Spengler: Das dauert wohl noch ein wenig. Es war einfach ein sensationelles Gefühl, als ich die Ziellinie überquert habe. Die Krönung waren die glücklichen Gesichter in der Box. Die Meisterschaft ist das Resultat von einem Jahr harter Arbeit. Dieser Titel gehört nicht nur mir, sondern allen bei BMW.

SPOX: Schwirrt die Meisterschaft immer noch jeden Tag in Ihrem Kopf herum?

Spengler: Sicherlich nicht mehr die ganze Zeit. Aber es passiert eigentlich mindestens einmal am Tag, dass mir eine kleine Stimme im Kopf sagt: "Hey, du bist Meister." Das ist ein geiles Gefühl. Auch beim Aufstehen kommen die Gedanken meistens wieder hoch. Besser kann ein Tag gar nicht beginnen.

SPOX: Ist der Titel auch eine Bestätigung Ihrer harten Arbeit in den letzten Jahren?

Spengler: Ach, ich brauche keine Bestätigung. Ich liebe meinen Beruf und weiß, warum ich Rennfahrer geworden bin. Das Ziel ist immer zu gewinnen. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Außerdem habe ich auch in der Vergangenheit bereits große Erfolge gefeiert.

SPOX: Hat sich in Ihrem privaten Umfeld etwas verändert?

Spengler: Nicht wirklich. Ich habe viele Glückwünsche erhalten, kann aber immer noch ganz entspannt zum Bäcker gehen, ohne von tausenden Leuten verfolgt zu werden. (lacht)

SPOX: Nach dem letzten Rennen stand für Sie viel Pressearbeit auf dem Programm. Freuen Sie sich auf Ihren Urlaub?

Spengler: Das hat mir eigentlich gar nichts ausgemacht. Ich habe noch keine Kinder und liebe es, unterwegs zu sein und neue Leute kennen zu lernen. Aber natürlich freue ich mich auf den Urlaub. Zuerst werde ich in Kanada alte Freunde besuchen und danach geht's nach St. Martin.

SPOX: In die Karibik? Das klingt nach einem entspannten Strandurlaub.

Spengler: Auf gar keinen Fall. Länger als eine Stunde halte ich das kaum aus. Ich brauche immer ein wenig Action. Ich werde wohl viel Golf und Tennis spielen und ab und zu eine Runde Joggen gehen. Gerade Golf ist eine perfekte Vorbereitung auf die neue Saison.

SPOX: Inwiefern?

Spengler: Beim Golf muss man die komplette Konzentration in einen Moment legen. Außerdem darf man nie die Geduld verlieren, auch wenn mal was schiefgeht. Auf der Rennstrecke ist das ja so ähnlich.

SPOX: Sie haben als Hobby auch Tennis erwähnt. Nicht ohne Grund: Sie gelten als großer Roger-Federer-Fan.

Spengler: Auf jeden Fall. Ich bewundere ihn. Einerseits natürlich seine sportlichen Fähigkeiten. Ich kann ihm vier, fünf Stunden zusehen, ohne dass mir langweilig wird. Aber vor allem seine Eleganz, sein Stil und sein Charakter faszinieren mich. Er scheint nie die Kontrolle zu verlieren.

SPOX: Im Motorsport ist Gilles Villeneuve Ihr Vorbild. Niki Lauda bezeichnete Ihren Landsmann einst als "verrückten, aber liebenswürdigen Teufel".

Spengler: Das Zitat kannte ich noch gar nicht. Leider konnte ich ihn nie live sehen, weil er 1982 ums Leben gekommen ist, also ein Jahr vor meiner Geburt. Aber ich habe seine Biographie gelesen und seitdem ist er mein Vorbild. Er war ein brutal guter Rennfahrer, hatte aber eben auch diese verrückte Ader, die man in diesem Geschäft wohl einfach braucht. Aber er ist nicht der einzige Pilot, der mich begeistert hat. Ich war auch ein großer Fan von Michael Schumacher.

SPOX: Wäre es ein Traum, gegen Schumacher in der DTM anzutreten?

Spengler: Das wäre schon interessant. Aber die DTM hat auch so genügend gute Piloten und braucht nicht unbedingt Formel-1-Fahrer, um tollen Rennsport zu bieten.

SPOX: Auch ohne Schumacher könnte die DTM namhaften Zuwachs bekommen. Wie beurteilen Sie ein mögliches Comeback von Alex Zanardi?

Spengler: Mal abgesehen vom Sportlichen beeindruckt er mich einfach. Ich habe ihn vor einiger Zeit kennengelernt. Alex strahlt so viel Lebensfreude aus. Davon können sich einige eine Scheibe abschneiden. Wenn man ihm zuhört, fühlt man sich wie in einer Geschichtsstunde in der Schule. Er hat so viel erlebt in seiner Karriere, nicht nur im Motorsport. Auch vor seiner Goldmedaille bei den Paralympics muss man den Hut ziehen. Er scheint alles zu schaffen, was er sich vornimmt. Alleine deswegen glaube ich, dass er es auch in der DTM packen würde. Aber da spielen natürlich viele Aspekte eine Rolle.

SPOX: Ob mit oder ohne Zanardi: Ist es realistisch, die drei Titel aus diesem Jahr in der neuen Saison zu verteidigen?

Spengler: Das muss das Ziel sein, keine Frage. Aber noch mal eine solche Saison hinzulegen, wird sehr schwer. Die anderen Hersteller schlafen ja auch nicht. Aber wir dürfen uns einfach keinen großen Kopf darum machen.

SPOX: Für das nächste Jahr wurde das Showevent im Münchner Olympiastadion gestrichen. Werden Sie das BMW-Heimrennen vermissen?

Spengler: Ich finde es schade, weil das komplette Wochenende eine nette Abwechslung für die Fahrer war. Ich habe jedes Mal Gänsehaut bekommen, wenn ich ins Stadion gefahren bin. Außerdem kam es in München immer auf das fahrerische Können an. Die Autos haben nie den Unterschied gemacht.

SPOX: Die Veranstalter begründeten die Absage damit, dass der Schritt zu einem normalen Wertungslauf nicht vollzogen werden konnte. Können Sie die Entscheidung nachvollziehen?

Spengler: Das hätte mich gar nicht gestört. Als Rennfahrer willst du immer gewinnen, ganz egal, ob du dafür Punkte bekommst oder nicht. Der Kurs an sich hat schon für genügend Adrenalin gesorgt.

SPOX: Sie sprechen den Kurs an. Die Strecke ähnelte immer auch etwas einem Stadtkurs. Was sind die besonderen Herausforderungen bei solchen Rennen?

Spengler: Wir erleben es ja jedes Jahr auf dem Norisring. Du sitzt im Auto, blickst nach rechts und siehst nur eine Betonmauer. Dann blickst du nach links und siehst ebenfalls nur eine Betonmauer. Das ist eine ganz spezielle Situation, weil du weißt: Jeder Fehler kann das Ende bedeuten. Das ist ein Ritt auf der Rasierklinge.

SPOX: Gibt es denn eine Rennstrecke auf der Welt, auf der Sie gerne mal ein DTM-Rennen bestreiten würden?

Spengler: Montreal wäre schon ein Traum. Nicht nur, weil ich Kanadier bin, sondern auch wegen der Strecke an sich. Außerdem sorgen die amerikanischen Fans für eine ganz besondere Atmosphäre.

SPOX: Nachdem die DTM in der neuen Saison nach Moskau reisen wird, wäre der Schritt nach Nordamerika eigentlich der nächste logische Schritt.

Spengler: Das stimmt, allerdings ist die Konkurrenz dort riesig, vor allem mit der NASCAR-Serie. Ich glaube aber schon, dass wir auch in Amerika bestehen würden.

SPOX: Sie sind ein großer NASCAR-Fan. Europäer können diese Faszination dagegen nur schwer nachvollziehen. Klären Sie uns ein wenig auf.

Spengler: Ich liebe die NASCAR vor allem aus einem Grund: Es sind immer so viele Autos am Start. Dadurch ist immer etwas los. Außerdem ist der Sound der Wagen unfassbar. Das ist wirklich Musik in meinen Ohren.

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