Die Schmach von Barcelona

Von Alexander Mey
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© Imago

München - Beim vorletzten Saisonrennen hat es die DTM geschafft, sie hat in Barcelona Formel-1-Flair versprüht.

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Allerdings ganz anders, als man sich das gewünscht hat. Denn die DTM hat sich selbst eine Farce beschert, die frappierend an die Formel-1-Farce von Indianapolis aus dem Jahr 2005 erinnerte.

Damals hatte Michelin all seine Kundenautos aus dem Rennen genommen, der Rennstart mit sechs Autos war Sinnbild der peinlichen Veranstaltung.

Bei der DTM in Barcelona war am Start noch alles gut, aber als mit Audi einer der ohnehin nur zwei Hersteller zehn Runden vor Schluss alle Autos aus Protest an die Box holte, war auch diese Vorstellung an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten.

Drama in zwei Akten

Was war passiert?

Ausgangslage: Zwei Rennen vor Saisonschluss führte das Audi-Duo Mattias Ekström / Martin Tomczyk die Gesamtwertung mit zehn, beziehungsweise sechs Punkten Vorsprung vor dem Mercedes-Piloten Bruno Spengler an. In Barcelona stand Tomczyk auf der Pole-Position, Spengler war Dritter, Ekström nur Zehnter.

Vorfall 1: Mercedes-Star Mika Häkkinen bremste sich im Kampf um die Führung neben den  Audi des Meisterschafts-Zweiten Tomczyk. Der ehemalige F-1-Weltmeister bremste viel zu spät, rutschte in der Kurve geradeaus und traf Tomczyk. Das Aus für den Mercedes-Piloten, Tomczyk fiel weit zurück. "Für mich war es kein Zusammenstoß. Der Mika war acht Mal zu schnell. Er ist mir volle Breitseite reingefahren", schimpfte Tomczyk. "Ich weiß nicht, wie ein zweimaliger Formel-1-Weltmeister sich so verschätzten kann. Es war kein Rennunfall. Es war eine Unverschämtheit." 24 Runden vor Schluss schied Tomczyk nach einem Kühler-Defekt endgültig aus.

Vorfall 2: Auf seiner starken Aufholjagd quetschte sich Meisterschafts-Leader Ekström in einem harten Manöver an Mercedes-Pilot Daniel la Rosa vorbei und drängte den Hessen dabei in die Wiese. Anstatt vom Gas zu gehen, hielt La Rosa selbst auf der Wiese noch voll dagegen, verlor die Kontrolle und rutschte Ekström in die Seite. Das Aus für beide. Ekström schleppte sich noch an die Box und applaudierte den Mercedes-Verantwortlichen höhnisch. "Eine Entschuldigung reicht nicht", sagte Ekström. Sein Unfallgegner sah die Situation jedoch ganz anders. "Mich so abzudrängen, das muss nicht sein", meinte La Rosa.

Häkkinen und La Rosa bestraft

Im Nachhinein wurden sowohl Häkkinen als auch La Rosa von der Rennleitung bestraft. Beide verlieren beim Saisonfinale in Hockenheim zehn Startplätze. Dazu muss Häkkinen 20.000 Euro Strafe zahlen, La Rosa 10.000. Allerdings laufen gegen die Sanktionen noch Berufungen.

Nach weiteren kleineren Scharmützeln im Rennen zog Audi dann die Reißleine und holte auch die restlichen Autos an die Box. Von all dem unbeeindruckt fuhr Spengler einen sicheren zweiten Platz hinter dem Sieger Jamie Green nach Hause. Durch die acht Punkte und die gleichzeitigen Nullnummern von Ekström und Tomczyk ist Spengler wieder voll im Titelrennen. Ekström 44 Punkte, Spengler 42, Tomczyk 40: Mit dieser Ausgangslage geht es nach Hockenheim.

Angst vor Revanche-Aktionen

Und mit jeder Menge Frust: Die zwei Audi-Fahrer, die um die Meisterschaft fahren, sind aus dem Rennen gekegelt worden", sagte Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich. Den Rückzug aus dem Rennen begründete er wie folgt: "Wir wollten verhindern, dass einer unserer Fahrer etwas macht, was nicht unser Stil ist."

Die Angst vor Revanche-Aktionen war allgegenwärtig, die Messer sind gewetzt und werden sicher bis zum letzten Rennen noch schärfer.

Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug zeigte für die Aufgabe von Audi überhaupt kein Verständnis und wehrte sich entschieden gegen den unterschwelligen Vorwurf, seine Piloten auf das Audi-Duo angesetzt zu haben.

Unmittelbar nach Rennende war Ullrich entrüstet auf Haug zugegangen. Es folgte eine hitzige Diskussion der beiden Chefs, die allerdings zu keinem befriedigenden Ergebnis führte.

Zeit des Schönredens ist vorbei

So viel zum Sport. Aber die Farce von Barcelona hat noch eine viel größere Dimension. Ausgerechnet im Ausland, wo die DTM Werbung in eigener Sache machen will, macht sie sich lächerlich.

Im Vorfeld des Rennens rührten die Fußballstars des FC Barcelona Ronaldinho, Thierry Henry und Lionel Messi die Werbetrommel. Sollten sie gesehen haben, wofür sie geworben haben, werden sie sich das beim nächsten Mal überlegen.

Von einem generellen Aus der DTM, die schon seit Jahren um weitere Hersteller kämpft, wollten weder Ullrich noch Haug im Moment etwas wissen.

Die Zeit des Schönredens der Serie ist allerdings erst einmal vorbei.